Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
heftiger und mal ruhiger geführt wird.
Nach dem Duden ist der »Reduktionismus« die »isolierte Betrachtung eines Ganzen als einfacher Summe aus Einzelteilen unter Überbetonung der Einzelteile«. Das war das Leitprinzip der Teilchenphysik – die Atome und Kerne auf ihre Einzelteile zurückzuführen. Wie die eindrucksvollen experimentellen Erfolge beispielsweise des Standardmodells zeigen, das die Eigenschaften Hunderter subatomarer Teilchen erklärt, ist es durchaus sinnvoll, die Grundbausteine der Materie zu betrachten.
Den »Holismus« erklärt der Duden als die »Lehre, die alle Erscheinungen des Lebens aus einem ganzheitlichen Prinzip ableitet«. Danach ist das westliche Bestreben, die Dinge in ihre Einzelteile zu zerlegen, eine ungebührliche Vereinfachung, die das Gesamtbild mit seinen möglicherweise entscheidenden Informationen unterschlägt. Nehmen wir beispielsweise einen Ameisenstaat mit Tausenden von Ameisen, die komplexen, dynamischen Regeln sozialen Verhaltens gehorchen. Die Frage lautet: Wie läßt sich das Verhalten eines Ameisenstaates am besten verstehen? Der Reduktionist würde die Ameisen in ihre Einzelteile zerlegen, die organischen Moleküle. Doch man könnte Jahrhunderte damit zubringen, die Ameisen zu sezieren und ihre Molekülstruktur zu untersuchen, ohne den geringsten Hinweis auf das Verhalten des Ameisenstaates zu finden. Natürlich muß man in diesem Falle das Verhalten des Ameisenstaates als Ganzes analysieren, ohne es zu zerlegen.
Auch auf den Gebieten der Hirnforschung und künstlichen Intelligenz hat diese Frage heftige Debatten ausgelöst. Nach reduktionistischem Ansatz zerlegt man das Gehirn in seine kleinsten Einheiten, die Gehirnzellen, und versucht dann, das Ganze, das Gehirn, wieder aus ihnen zusammenzusetzen. Eine einflußreiche Schule der künstlichen Intelligenzforschung vertrat die Auffassung, wir könnten aus elementaren digitalen Schaltkreisen immer komplexere Schaltungen aufbauen, bis wir in der Lage seien, künstliche Intelligenz zu schaffen. Nach anfänglichen Erfolgen in den fünfziger Jahren, als es gelang, mit diesem Programm »Intelligenz«Modelle zu entwickeln, erwiesen sich die Arbeiten dieser Schule doch als ziemlich enttäuschend, da sie noch nicht einmal die einfachsten Gehirnfunktionen nachahmen konnten, wie etwa die Mustererkennung auf einer Fotografie.
Die zweite Schule hat einen holistischeren Ansatz zur Erforschung des Gehirns gewählt. Sie versucht, die Gehirnfunktionen zu definieren und Modelle zu entwerfen, die das Gehirn als Ganzes erfassen. Obwohl sich dieser Ansatz anfangs als schwieriger erwies, ist er sehr vielversprechend, weil bestimmte Hirnfunktionen, die wir als selbstverständlich hinnehmen (etwa Fehlertoleranz, Einschätzen von Ungewißheit und die Fähigkeit, Assoziationen zwischen verschiedenen Objekten zu knüpfen), von Anfang an im System enthalten sind. Beispielsweise machen sich neurale Netzwerke Aspekte dieses ganzheitlichen Ansatzes zueigen.
In diesem Streit nimmt jede Seite die andere nur verzerrt wahr. Das erbitterte Bemühen, die andere Partei zu entlarven, schadet letztlich nur der eigenen Sache. Häufig reden die Kontrahenten aneinander vorbei und gehen auf die Hauptargumente des anderen Lagers gar nicht ein.
Seit einigen Jahren ist die neueste Wendung in dieser Auseinandersetzung die Behauptung der Reduktionisten, sie hätten den Sieg über den Holismus errungen. Immer häufiger kann man in der Boulevard-Presse die These der Reduktionisten lesen, die Erfolge des Standardmodells und der GUT seien eindeutige Belege dafür, daß man die Natur in immer kleinere und fundamentalere Bestandteile zerlegen müsse. Mit der Entdeckung der elementaren Quarks, Leptonen und Yang-Mills-Felder hätten die Physiker endlich die Grundbestandteile aller Materie isoliert. Beispielsweise versetzt der Physiker James S. Trefil von der University of Virginia dem Holismus einen kräftigen Seitenhieb, wenn er über den »Triumph des Reduktionismus« schreibt:
In den sechziger und siebziger Jahren, als ein Experiment nach dem anderen die Kompliziertheit der Teilchenwelt aufzeigte, verloren einige Physiker ihren Glauben an die reduktionistische Philosophie und suchten außerhalb der westlichen Kultur nach neuen Wegen. In seinem Buch Der kosmische Reigen behauptet zum Beispiel Fritjof Capra, die reduktionistische Philosophie habe versagt und es sei an der Zeit, die Natur ganzheitlicher, mystischer zu sehen … Die
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