Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
Weltkugel gesegelt, auf den neuen Inseln an Land gegangen sind und einfach niedergeschrieben haben, was sie gesehen haben. Die theoretischen Physiker sind die Kollegen, die zu Hause in Madrid geblieben und Kolumbus vorausgesagt haben, daß er in Indien landen wird. 1
Wenn sich aber die Gesetze der Physik in zehn Dimensionen nur bei Energien vereinigen lassen, die weit jenseits unserer heutigen technischen Möglichkeiten liegen, dann ist die Zukunft der Experimentalphysik in Gefahr. In der Vergangenheit hat jede neue Generation von Atomzertrümmerern eine neue Generation von Theorien hervorgebracht. Diese Zeit geht möglicherweise zu Ende.
Obwohl alle Welt neue Überraschungen für die Inbetriebnahme des SSC im Jahr 2000 erwartete, wetteten doch einige Wissenschaftler, er werde einfach die Richtigkeit unseres heutigen Standardmodells belegen. Höchstwahrscheinlich werden sich die Experimente, die die zehndimensionale Theorie bestätigen, nicht in naher Zukunft durchführen lassen. Vielleicht liegt eine lange Durststrecke vor uns, auf der die Erforschung der zehndimensionalen Theorie eine rein mathematische Übung bleiben wird. Alle Theorien gewinnen ihre Kraft und Stärke aus dem Experiment, denn das ist wie der fruchtbare Boden, der ein Feld blühender Pflanzen nährt und am Leben erhält, sobald sie Wurzeln geschlagen haben. Wird der Boden ausgelaugt und trocken, verdorren die Pflanzen.
David Gross, der zu den Vätern der heterotischen .Stringtheorie gehört, hat die Entwicklung der Physik einmal mit der Beziehung zwischen zwei Bergsteigern verglichen:
Bisher war es bei unserer Besteigung des Berges Natur so, daß die Experimentalphysiker vorankletterten. Wir faulen Theoretiker hinkten hinterher. Von Zeit zu Zeit traten sie einen Experimentalstein los, der uns auf den Kopf fiel. Dann kam uns irgendwann die Idee, wir könnten dem Pfad folgen, den uns die Experimentatoren vorgezeichnet hatten… Doch nun müssen wir Theoretiker die Führung übernehmen. Das ist ein sehr viel einsameres Geschäft. In der Vergangenheit wußten wir stets, wo die Experimentalphysiker waren und welche Richtung wir einzuschlagen hatten. Jetzt haben wir keine Vorstellung mehr, wie groß der Berg ist und wo sich sein Gipfel befindet.
Wahrscheinlich hätte der SSC neue Teilchen entdeckt. Unter Umständen hätte man die Higgs-Teilchen gefunden, vielleicht hätten sich die »Super«Partner der Quarks gezeigt, oder unterhalb der Quarks hätte sich noch eine fundamentalere Ebene erschlossen. Trotzdem werden sich, wenn die Theorie denn stimmt, die Grundkräfte, die für die Bindung dieser Teilchen sorgen, nicht verändern. Wir hätten im SSC vielleicht komplexere Yang-Mills-Felder und Gluonen entdeckt, doch vermutlich hätte es sich bei diesen Feldern nur um immer umfassendere Symmetriegruppen gehandelt – Fragmente der noch allgemeineren E(8) x E(8)-Symmetrie, die sich aus der Stringtheorie ergibt.
In gewissem Sinne ist die mißliche Beziehung zwischen Theorie und Experiment auf den Umstand zurückzuführen, daß diese Theorie, wie Witten sagt, »eine Physik des 21. Jahrhunderts ist, die durch einen Zufall in das 20. Jahrhundert geraten ist«. Da die natürliche Dialektik zwischen Theorie und Experiment durch die höchst zufällige Entdeckung der Stringtheorie im Jahre 1968 aufgehoben wurde, müssen wir uns vielleicht bis zum 21. Jahrhundert gedulden, denn dann gibt es wahrscheinlich neue Technologien, die uns hoffentlich neue Generationen von Atomzertrümmerern, kosmischen Strahlenzählern und Raumsonden bescheren. Vielleicht ist das der Preis, den wir für den »unerlaubten« Blick in die Physik des nächsten Jahrhunderts bezahlen müssen. Möglicherweise können wir dann mit indirekten Methoden einen Abglanz der zehnten Dimension in unsere Laboratorien zaubern.
Zehn Dimensionen und Philosophie: Reduktionismus kontra Holismus Jede große Theorie hat entsprechend nachhaltige Auswirkungen auf die Technik und die Grundlagen der Philosophie. Die Entwicklung der allgemeinen Relativitätstheorie hat der Astronomie neue Forschungsbereiche erschlossen und die wissenschaftliche Disziplin der Kosmologie praktisch aus der Taufe gehoben. Die philosophischen Konsequenzen des Urknalls sind nicht ohne Einfluß auf philosophische und theologische Kreise geblieben. Vor ein paar Jahren hat das sogar dazu geführt, daß namhafte Kosmologen eine Audienz beim Papst erhielten und im Vatikan die Auswirkungen des Urknalls auf Bibel und
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