Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
unmöglich. Schließlich beruhen diese Symmetrien darauf, daß man Punktteilchen gegeneinander auswechseln kann. Wenn man n Quarks in einem Multiplen die Plätze tauschen läßt, handelt es sich um die Symmetrie SU(n). Solche Symmetrien scheinen ausschließlich dem Holz und nicht dem Marmor anzugehören. Was hatte SU(n) mit Geometrie zu tun?
Aus Holz wird Marmor
Einen ersten versteckten Hinweis fanden die Physiker, als sie zu ihrer großen Freude entdeckten, daß sich Symmetrien auch auf einem anderen Weg in die Physik einführen lassen. Als sie nämlich die alte fünfdimensionale Theorie von Kaluza und Klein auf n Di mensionen erweiterten, stellten sie fest, daß die Möglichkeit besteht, den Hyperraum einer Symmetrie zu unterwerfen. Sie wickelten die fünfte Dimension auf, und siehe da, der Riemannschen Metrik entsprang das Maxwell-Feld. Und als sie n-Dimensionen aufwickelten, ergab sich aus ihren Gleichungen das hochgelobte YangMills-Feld, der Schlüssel zum Standardmodell.
Der Vergleich mit einem gewöhnlichen Ball kann uns zeigen, wie die Symmetrien aus dem Raum erwachsen: Wenn wir den Ball um seinen Mittelpunkt drehen, behält er seine Form. Die Symmetrie eines Balls oder einer Kugel bezeichnet man als O(3) – Drehungen in drei Dimensionen. Entsprechend kann in höheren Dimensionen eine Hyperkugel um ihren Mittelpunkt gedreht werden, ohne daß sie ihre Form verändert. Die Symmetrie der Hyperkugel heißt O(n).
Nehmen wir nun an, wir versetzen den Ball in Schwingungen. Wenn wir dabei sorgfältig und in bestimmter Weise zu Werke gehen, können wir regelmäßige Schwingungen auf ihm erzeugen, die man Resonanzen nennt. Im Unterschied zu normalen Wellen können diese Schwingungen nur mit bestimmten Frequenzen schwingen. Lassen wir den Ball rasch genug schwingen, sind wir sogar in der Lage, Töne von bestimmter Frequenz zu erzeugen. Auch diese Schwingungen lassen sich nach der Symmetrie O(3) einteilen.
Daß eine Membran wie der Ball Resonanzfrequenzen induzieren kann, ist nicht ungewöhnlich. Beispielsweise sind die Stimmbänder in unserem Kehlkopf gespannte Membranen, die in bestimmten Frequenzen oder Resonanzen schwingen und auf diese Weise Töne erzeugen. Ein weiteres Beispiel ist das Hören. Schallwellen verschiedenster Art wirken auf unsere Trommelfelle ein, die dann in bestimmten Frequenzen schwingen. Diese Schwingungen werden anschließend in elektrische Signale verwandelt, die ins Gehirn geschickt werden, wo sie als Laute gedeutet werden. Auch dem Telefon liegt dieses Prinzip zugrunde. Der in jedem Telefon enthaltene Membrandeckel aus Metall wird durch elektrische Signale aus dem Telefonkabel in Schwingungen versetzt. Genauso funktionieren Stereolautsprecher und Trommeln.
Bei einer Hyperkugel ergibt sich der gleiche Effekt. Wie eine Membran kann sie in verschiedenen Frequenzen schwingen, die sich ihrerseits durch die Symmetrie O(n) bestimmen lassen. Mathematiker haben auch über ausgefallenere Flächen in höheren Dimensionen nachgedacht, die durch komplexe Zahlen beschrieben werden. (Komplexe Zahlen sind Vielfache der Quadratwurzel aus -1, ¥-1.) Ohne Schwierigkeiten läßt sich zeigen, daß die einer komplexen Hyperkugel entsprechende Symmetrie SU(n) ist.
Entscheidend ist nun folgendes: Wenn die Wellenfunktion eines Teilchens entlang dieser Fläche schwingt, wird sie die SU(n)-Symmetrie übernehmen. Folglich lassen sich die geheimnisvollen SU(n)-Symmetrien, die in der subatomaren Physik auftreten, als Nebenprodukt des schwingenden Hyperraums verstehen. Mit anderen Worten, wir haben jetzt eine Erklärung für den Ursprung der rätselhaften Holzsymmetrien: Sie sind in Wirklichkeit die verborgenen Symmetrien, die aus der Marmorwelt stammen. Wenn wir nun eine Kaluza-Klein-Theorie betrachten, die in 4+n Dimensionen definiert ist, und dann n Dimensionen aufwickeln, stellen wir fest, daß sich die Gleichungen in zwei Teile aufgliedern. Der erste besteht aus den bekannten Einstein-Gleichungen, was keine Überraschung ist. Doch der zweite Teil erweist sich nicht als die erwartete Maxwellsche Theorie, sondern exakt als die Yang-Mills-Theorie, die die Grundlage der gesamten subatomaren Physik bildet. Das ist die entscheidende Entdeckung, dank derer wir in der Lage sind, die Symmetrien aus Holz in Symmetrien aus Marmor zu verwandeln.
Auf den ersten Blick nimmt es sich fast wie ein Wunder aus, daß sich die Holzsymmetrien, die mühsam durch Versuch und Irrtum entdeckt wurden –
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