Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
das heißt durch pedantische und langwierige Sichtung der Fragmente in Atomzertrümmerem –, in höheren Dimensionen fast von selbst ergeben. Die Symmetrien, die man entdeckt hat, als man Quarks und Leptonen hinund herschob und die Plätze tauschen ließ, entstehen im Superraum – das mutet wahrlich geheimnisvoll an. Vielleicht kann ein Vergleich unserem Verständnis auf die Sprünge helfen. Materie ist wie Ton: formlos und klumpig. Dem Ton fehlen die schönen Symmetrien, die den geometrischen Figuren eigen sind. Allerdings läßt sich der Ton in Formen pressen, die manchmal Symmetrien aufweisen. Beispielsweise kann die Form ihre Gestalt bewahren, wenn sie um einen bestimmten Winkel gedreht wird. Dann übernimmt der Ton die Symmetrie der Form. Der Ton gewinnt seine Symmetrie aus dem gleichen Grund wie die Materie: weil die Form wie die Raumzeit eine Symmetrie besitzt.
In diesem Falle könnten die merkwürdigen Symmetrien, die wir bei Quarks und Leptonen beobachten und die über Jahrzehnte hin weitgehend durch Zufall entdeckt worden sind, heute als Nebeneffekte von Schwingungen im Hyperraum angesehen werden. Haben beispielsweise die unsichtbaren Dimensionen die Symmetrie SU(5), dann können wir die SU(5)-GUT als Kaluza-Klein-Theorie schreiben.
Das geht auch aus Riemanns Maßtensor hervor. Wie gezeigt, ähnelt er Faradays Feld, nur daß er viel mehr Komponenten hat. Er läßt sich wie die Quadrate eines Schachbretts anordnen. Wenn wir die fünfte Spalte und Zeile des Schachbretts ausgrenzen, können wir das Maxwellsche vom Einsteinschen Feld absondern. Den gleichen Trick wollen wir nun auf die Kaluza-Klein-Theorie im (4+n)-dimensionalen Raum anwenden. Trennen wir die n Spalten und Zeilen von den vier ersten Spalten und Zeilen, so erhalten wir einen Maßtensor, der sowohl Einsteins als auch Yangs und Mills’ Theorie beschreibt. In Abbildung 6.2 habe ich den Maßtensor einer
Abbildung 6.2. In der n. Dimension besteht der Maßtensor aus n Zahlen, die sich in einem nxn-Block anordnen lassen. Durch Abtrennen derfiinfien und höheren Spalten und Zeilen können wir Maxwells elektromagnetisches Feld und das Yang- Mills-Feld ausgliedern. So erlaubt uns die Hyperraumtheorie, mit einem Schlage das Einstein-Feld (das die Gravitation beschreibt), das Maxwell-Feld (zuständig für die elektromagnetische Kraft) und das Yang-Mills-Feld (das die schwache und starke Kernkraft beschreibt) zu vereinigen. Mit der Genauigkeit von Puzzleteilen fiigen sich die fundamentalen Kräfte ineinander.
(4+n)-dimensionalen Kaluza-Klein-Theorie aufgeteilt, indem ich das Einsteinsche Feld vom Yang-Mills-Feld abgesondert habe.
Als erster hat diese Umformung offenbar der Physiker Bryce deWitt von der University of Texas vorgenommen, der sich viele Jahre lang mit der Quantengravitation beschäftigt hat. Sobald man den Trick mit der Zerlegung des Maßtensors entdeckt hatte, erwies sich das rechnerische Verfahren zur Ausgliederung des Yang-Mills-Feldes als einfach. Nach de Witts Auffassung war die Gewinnung des Yang-Mills-Feldes aus einer »-dimensionalen Gravitationstheorie mathematisch so leicht, daß er sie 1963 beim physikalischen Sommerkurs in Les Houches, Frankreich, als Hausaufgabe stellte. (Unlängst hat Peter Freund berichtet, daß Oskar Klein das YangMills-Feld schon 1938 entdeckt hatte und damit den Arbeiten von Yang, Mills und anderen um mehrere Jahrzehnte zurvorkam. Auf einer Konferenz in Warschau, die unter dem Motto »Neue physikalische Theorien« stand, erklärte Klein, er könne Maxwells Arbeit so verallgemeinern, daß sie die höhere Symmetrie 0(3) einschließe. Leider geriet diese Arbeit in Vergessenheit; schuld daran hatten das Chaos des Zweiten Weltkriegs und die Aufregung über die Quantentheorie, die die Kaluza-Klein-Theorie zu einem Schattendasein verurteilte. Es liegt schon eine gewisse Ironie darin, daß die Kaluza-Klein-Theorie von der Quantentheorie verdrängt wurde, die heute auf dem Yang-Mills-Feld beruht, welches seinerseits durch eine Analyse der Kaluza-Klein-Theorie entdeckt wurde. In ihrer Begeisterung über die Entwicklung der Quantentheorie hatten die Physiker eine entscheidende Spur übersehen, die sich aus der Kaluza-Klein-Theorie ergab.)
Die Ableitung des Yang-Mills-Feldes aus der Kaluza-Klein-Theorie war nur der erste Schritt. Zwar konnte man jetzt davon ausgehen, daß die Symmetrien des Holzes aus den verborgenen Symmetrien unsichtbarer Dimensionen hervorgingen, doch der nächste Schritt
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