Hypnose
grundsätzlich kein Verbrechen sei, und nur in einigen Ländern wie Deutschland wegen moralischer Gesichtspunkte unter Strafe stand. Inka würde nicht einmal Geld haben wollen, sie war topfit und wie geschaffen für eine Schwangerschaft, und auch ihr Ehemann Peter zeigte sich nach ein paar Gesprächen einverstanden.«
… Allerdings hast du plötzlich doch eine Bedingung gestellt: Du wolltest zwar kein Geld, dafür jedoch mit dem Thema Leihmutterschaft journalistisch offen umgehen, einen gr o ß en Artikel darüber schreiben und Aufklärung betreiben. Natürlich ohne Namen von Beteiligten zu nennen oder dich selbst als Leihmutter zu bezeichnen. Doch was hast du gedacht, wie lange es dauern würde, bis sich irgendein windiger Kollege die Frage stellt, ob du nicht aus eigener Betroffenheit an diesem Thema arbeitest und er sich an deine Fersen heftet? Dann wäre es ein Kinderspiel, den Zusammenhängen auf die Spur zu kommen. Im Zweifelsfall für dich und mich rechtlich ohne Folgen, auch wenn wir die Titelstorys in den Zeitungen sicher hätten. Meine Schwester riskierte damit jedoch ihre Zulassung. Ich war so verzweifelt, weil du nicht von deiner Bedingung abrücken wolltest und Evelyn sich unter dieser Voraussetzung erst recht weigerte. Ich fiel ins Bodenlose …
»Ich fühlte mich zerrissen, weil ich Annabel ihren sehnlichsten Wunsch erfüllen wollte, damit aber das Gesetz übertreten und meine Approbation als Ärztin riskieren würde. Vater hatte jedoch einen Plan, in den ich schließ lich meiner Schwester und meinem Vater zuliebe ein willigte.«
… Ohne meinen Vater wäre der gr o ß e Tag nicht gekommen. Evelyn war einverstanden, dass er dich in ihrer Praxis in Hypnose versetzt, unter dem Vorwand, dass du dich besser entspannen könntest, während sie dir die befruchtete Eizelle in deine Gebärmutter einsetzt. Vater suggerierte dir allerdings, die künstliche Befruchtung zu vergessen und die Praxis unter dem Eindruck zu verlassen, du hättest eine routinem ä ß ige gynäkologische Untersuchung hinter dich gebracht.
»Wie gut der Plan meines Vaters funktionierte, erlebten wir beim nächsten Termin, als Inka über ihre – für sie nunmehr ganz unerwartete – Schwangerschaft aus dem Häuschen geriet, und Vater, der sicherheitshalber gekommen war, musste nicht durch eine zweite Hypnose eingreifen. Das würde erst wieder zur Geburt der Fall sein, damit Inka suggeriert werden konnte, dass sie eine schlechte Mutter sei und nicht in der Lage wäre, für ihr Baby zu sorgen und es nur überleben würde, wenn es bei Annabel aufwachsen könnte. Solche Suggestionen sind wie selbst erfüllende Prophezeiungen, und am Ende hätte Inka sich zwar als Versagerin gefühlt, ihr Baby aber freiwillig abgegeben.«
Inka blieb der Mund offen stehen. Am liebsten hätte sie Evelyn an den Schultern gepackt und sie angeschrien, sie gefragt, was sie sich nur dabei gedacht hatte. Es fiel ihr unendlich schwer, ihre angestauten Gefühle zu unterdrücken, doch genau das musste sie tun, wenn sie noch mehr erfahren wollte. Und sie wollte alles wissen. Alles, was die Menschen, denen sie vertraut hatte, mit ihr gemacht hatten.
»Ich war mir die ganze Zeit über des Risikos bewusst«, sagte Evelyn. »Falls Inka vorzeitig in eine Klinik gemusst hätte, wäre es nicht möglich gewesen, dass ich die Geburt begleite und eine falsche Geburtsbescheinigung auf Annabel und Jannis als Eltern ausstellen könnte. Ich habe all dem zugestimmt, weil ich nie gelernt hatte, mich meinem Vater zu widersetzen. Und noch schlimmer: Ich wäre meines Lebens nicht mehr froh geworden, wenn Annabel doch schwanger geworden wäre und ihr bei der Geburt des Kindes etwas zugestoßen wäre. Ich hielt es für Fügung, dass sich bei Annabel selbst durch künstliche Methoden kein Erfolg einstellte. Und unser Plan mit der Hypnose schien ja zunächst aufzugehen.«
… Du hast eine so unbeschwerte Schwangerschaft erlebt, und ich war, so oft es nur ging, bei dir und konnte die Freude mit dir teilen. We i ß t du noch, wie wir eine ganze Nacht lang das Vornamenbuch gewälzt haben? Ich wollte dich ja da schon gerne dazu bewegen, einen griechisch klingenden Namen auszuwählen. Mit Bleistift habe ich dir meine Favoriten vorne ins Buch geschrieben, aber du konntest dich einfach nicht mit den Namen Elena oder Leander anfreunden. Doch ganz gleich, wie es später he i ß en sollte. Hauptsache, ich hatte bald ein Baby. Es war ein so zauberhafter Moment, als ich zum ersten Mal gefühlt habe,
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