Hypnose
ich!«
»Was?« Abrupt richtete sie sich auf.
»Ich stehe hier in unserem Bad und wollte gerade unter die Dusche.«
Natürlich, daher auch das Rauschen in der Leitung!
»Wie kommst du bloß auf den Gedanken, jemand könnte dich umbringen wollen?«
Inka legte ohne ein weiteres Wort auf. Was sollte das denn? Warum hatte Peter sie nicht begrüßt, als er heimgekommen war? Noch mehr ärgerte sie sich jedoch darüber, dass sie sich von Brunners krankhaftem Wahn hatte beeinflussen lassen und um ihr Leben gefürchtet hatte.
Peter kam im Bademantel an die Haustür. Sie trat aus ihrem Versteck auf ihn zu.
»Warum schleichst du dich neuerdings an mir vorbei ins Haus?«, fragte sie ihn angriffslustiger als beabsichtigt.
»Ich habe Hallo gesagt. Der Eiscrusher war wahrscheinlich zu laut. Tut mir leid.«
Aber Inka war zu aufgewühlt, als dass sie die Sache hätte auf sich beruhen lassen. »Über einen kurzen Blick in die Küche oder gar einen Kuss als Trost für deine späte Heimkehr hast du aber nicht nachgedacht?«
»Ich sagte doch, es tut mir leid. Ich stand schon auf dem Treppenabsatz und wollte dir noch zurufen, dass ich nach der Hitze heute schnell noch mal duschen will, da hörte ich die Haustür. Ich dachte, du wolltest Sprudel aus der Garage holen.«
Er zog sie sanft an sich. Inka gab sich zuerst noch schmollend, dann aber doch versöhnlich seiner Umarmung hin. Es tat so gut, von ihm gehalten zu werden. Sie legte ihre Wange auf seine Haut, an der Stelle, wo der Ausschnitt des Bademantels seine Brust freigab, und horchte auf seinen Herzschlag. Der Schreck der letzten Minuten ließ langsam nach, dafür bekam sie jetzt weiche Knie. Sie versuchte sich weiter nichts anmerken zu lassen. Es war zwar nichts passiert, doch irgendetwas stimmte nicht mit ihr. In dem Maße, in dem ihre Anspannung nachließ, kroch Angst in ihr hoch. Es fühlte sich so an, als würde sie unfreiwillig in einen kalten See steigen. Mit jedem Schritt wurde das Wasser tiefer, es wurde eisiger, eine unsichtbare Macht zwang sie hinein. Der nächste Schritt, und sie würde gleich keine Luft mehr bekommen. Sie klammerte sich an Peter. Plötzlich hatte sie keinen Boden mehr unter den Füßen, sie krallte sich an den Ärmeln von seinem Bademantel fest, dann wurde ihr schwarz vor Augen.
»Igelchen!«, hörte sie Peter wie aus weiter Ferne sagen.
Inka spürte etwas Weiches unter sich und schlug die Augen auf. Zuerst sah sie die sattgrüne Palme am Fenster, dann den Korbstuhl in der Ecke, bedeckt mit Kleidung. Sie versuchte sich zu erinnern.
»Geht es dir besser? Schau mich an!« Peter kniete im Bademantel neben ihr auf dem Bett und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. Noch unfähig, nach ihrer Ohnmacht einen klaren Gedanken zu fassen, verlor sich Inka in seinen sorgenvollen Augen.
»Soll ich einen Arzt rufen?«, fragte er, als sie keine Antwort gab und ihn nur ansah. Er rückte ein Stück von ihr ab, so als sei er bereits auf dem Sprung zum Telefon.
Vor ihrem geistigen Auge verwandelte sich das Bett zum Sofa inmitten ihres Wohnzimmers. Draußen fiel Schnee, und sie hatte Wehen, unglaubliche Schmerzen peinigten sie. Sanitäter kamen herein, und der Notarzt näherte sich ihr.
»Nein!«, schrie Inka, und das Bild verschwand, so schnell, wie es gekommen war. Sie riss Peter förmlich an sich. »Keinen Arzt … keinen Arzt …«, wiederholte sie und ihre Bitte ging in leises Weinen über.
Peter legte sich neben sie auf die blauweiß gestreifte Tagesdecke. »Was ist nur los mit dir? Ich möchte nicht, dass du weiter zu dieser Hypnose gehst, hörst du? Da kommen zu viele Erinnerungen hoch. Das tut dir nicht gut.«
»Das hat nichts mit der Hypnose zu tun, glaub mir! Der Tag heute war einfach entsetzlich … Ich hätte auch nicht mit Evelyn zu ihrem Vater in die Psychiatrie gehen sollen. Oh Peter, wenn du nur wüsstest … Er hat mir eine Warnung auf einen Zettel geschrieben, dass mich jemand töten will. Zuerst habe ich es nicht ernst genommen und den Zettel weggeworfen, aber dann habe ich es doch mit der Angst zu tun bekommen … Zum Glück ist das ja jetzt vorbei.«
»Hm«, machte Peter und stützte sich auf den Unterarm. »Vielleicht dürfen wir seine Worte wirklich nicht auf die leichte Schulter nehmen.«
»Der Mann ist psychisch krank«, entgegnete sie und starrte auf die hellblaue Wand, wo sie vor ihrem geistigen Auge die gelben Zettel kleben sah. Sie blinzelte.
»Ja, aber Menschen wie er verlieren oft deshalb den Verstand, weil sie die Wahrheit
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