Hypnose
war noch so angenehm, dass frische Luft ins Schlafzimmer kam.
Stolz präsentierte Peter ihr das hübsch angerichtete Tablett: zwei frische Brötchen, Honig, ihren Lieblings-Camembert, ein gekochtes Ei, Orangensaft und eine große Tasse Kaffee, nach der sie sofort griff.
»Du bist mir wegen meines Alleingangs nicht mehr böse?«, fragte sie.
Peter schüttelte mit einem nachsichtigen Lächeln den Kopf und ließ sich neben ihr auf der Kante des weißen Holzbettes nieder. »Wie könnte ich dir wirklich böse sein?«
»Danke«, sagte sie und setzte sich mühsam auf, weil sie sich wie vom Lastwagen überrollt fühlte. Meine Güte, was war das für eine unruhige Nacht gewesen! Mehrmals hatte sie Jannis vor sich gesehen und war daraufhin hochgeschreckt, nur um nach einigen Sekunden festzustellen, dass sie geträumt hatte. Nur was war gestern in der Rechtsmedizin gewesen?
Sie trank einen Schluck Kaffee. Die Muskeln in ihrem gesamten Kieferbereich waren verspannt, wahrscheinlich hatte sie in der Nacht wieder zu fest auf die Zähne gebissen. Vom Zahnarzt hatte sie gegen das Zähneknirschen eine Aufbissschiene in Form einer durchsichtigen Zahnspange verpasst bekommen, doch im Badezimmerschrank vergessen, half das Ding nun wirklich nicht. Nach dem ersten Schluck schnürte sich ihr Magen zu, und sie stellte die Tasse mit einem gequälten Lächeln zurück aufs Tablett.
»Ist dir nicht gut?«, fragte Peter.
»Mir ist etwas flau«, räumte sie ein. »Seit ich die Rigatoni gegessen habe und mich übergeben musste, geht’s meinem Magen nicht mehr so gut.«
»Wahrscheinlich war das in der Aufregung zu viel Fett auf einmal für dich. Nachdem du die Tage davor kaum etwas gegessen hast, wollte ich unbedingt, dass du mal wieder was Richtiges zu dir nimmst. Es tut mir leid, ich habe es nur gut gemeint.«
Ihr kam ein Gedanke, auch wenn er absurd war. Sie wehrte sich zwar dagegen, Peter auch nur einen Funken zu misstrauen – eigentlich völlig widersinnig, überhaupt in Betracht zu ziehen, er könnte ihr etwas ins Essen getan haben –, aber es waren in den letzten Tagen viele Dinge passiert, die sie im Leben nicht für möglich gehalten hätte.
Peter nahm das Frühstückstablett wieder an sich. »Soll ich dir vielleicht eine heiße Brühe machen? Oder sonst irgendetwas anderes?«, fragte er.
»Nein, schon gut«, sagte Inka. »Wirklich nicht.«
»Aber schwanger bist du nicht?«
»Nein. Definitiv nicht.« Sie stand auf und ging im blauen Trägernachthemdchen an Peter vorbei ins Bad.
Er folgte ihr. Während des Zähneputzens schaute sie Peter über den großen Spiegelschrank an, wie er im Türrahmen lehnte und sie seinerseits beobachtete. Er trug Jeans und ein weißes Hemd, das den natürlich braunen Teint seines Gesichts hervorhob. In seinem Blick versuchte Inka zu lesen, ob er ihr mit seinen Bemühungen etwas vorspielen wollte. Herrgott, sie kannte ihn jetzt seit dreizehn Jahren, es war immer eine vertrauensvolle Beziehung gewesen, und jetzt wusste sie nicht mehr, was sie denken sollte, weil da dieses merkwürdige Bauchgefühl war. Doch wie kam sie überhaupt dazu, dieses Gefühl gelten zu lassen? Waren nicht vielmehr ihre krankhaften Angstzustände schuld an diesem Misstrauen?
Sie spülte den Schaum aus, drehte das kalte Wasser auf und wusch sich das Gesicht. »Wie spät ist es, Peter? Musst du nicht arbeiten gehen?«, fragte sie ihn beim Abtrocknen.
»Halb zehn. Ich war schon kurz im Büro, die Ergebnisse von der letzten Tatortbegehung besprechen.«
»Halb zehn schon! Ich habe dich gar nicht gehört, obwohl ich so unruhig geschlafen habe. Weder heute Morgen noch letzte Nacht.«
»Ich bin auch erst gegen zwei Uhr nach Hause gekommen und habe unten im Wohnzimmer geschlafen, um dich nicht zu wecken. Heute Morgen um halb acht war schon wieder Dienstantritt.«
»Und was kam bei der letzten Tatortbegehung heraus?«
»Nichts Neues. Nichts, was uns einen Anhaltspunkt für eine mögliche Unschuld von Annabel liefern würde. Um elf Uhr ist große Dienstbesprechung. Ich muss noch dringend tanken, aber ein halbes Stündchen hätten wir noch Zeit für andere Dinge …«
Sein Blick wanderte auf das Saumende ihres Nachthemdchens knapp unterhalb des Pos, und Inka wusste, wo seine Gedanken hingingen, allerdings blockierte ihr Kopf sämtliche Lustgefühle.
Peter kam näher und umfasste von hinten ihre schmalen Schultern. Er lächelte sie über den Spiegel an, sein Blick war ganz versonnen, und er senkte seine Lippen hinunter zu ihrem
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