I love you, honey
wohl“, sagt Soraya in Französisch zu mir und verlässt mich, damit ich mich etwas von der Reise ausruhen kann. Zuerst gehe ich ins Badezimmer, um zu duschen. Danach fühle ich mich wie neugeboren und strecke mich auf dem Bett aus. Mir müssen für einen Augenblick die Augen zugefallen sein, denn als ich erwache, ist es schon fast dunkel im Zimmer. Ich schaue aus dem Fenster und sehe Kamal mit seinen Verwandten im von Lampen hell erleuchteten Garten sitzen.
Schnell laufe ich die Treppe hinunter und geselle mich zu ihnen. Kamal hat mich schon vermisst und ist froh, dass ich jetzt wieder bei ihm bin. Ich setze mich neben ihn und mehrere seiner Verwandten fangen ein Gespräch auf Englisch mit mir an. Als es dunkel wird, gehen wir ins Haus. Dort platzieren wir uns an einen großen Tisch und die Frauen servieren uns ein reichhaltiges Essen. Zuerst wird uns eine Kräutersuppe und dazu Fladenbrot gereicht. Danach gibt es Huhn mit Datteln. Außerdem steht noch ein großer Teller mit Tomaten-Paprika-Salat auf dem Tisch. Zum Trinken gibt es Wasser und Fruchtsäfte. Zum Glück bin ich schon an die mar okkanischen Tischsitten gewöhnt, so dass beherzt zugreifen kann.
Zum Nachtisch werden Mandelmakronen und kleine Honigkuchen serviert. Auch Obst, Bananen und Wassermelonen liegen zur Auswahl bereit.
Menüs im klassischen Sinne gibt es in Marokko nicht. Die Mahlzeit ist ein geselliges Fest ohne festgelegten ersten, zweiten oder dritten Gang. Es werden großzügige Portionen aufgetischt- vor allem wenn Gäste bewirtet werden.
Als wir unsere Mahlzeit beendet haben, ziehen die Männer sich in den Garten zurück und ich helfe den Frauen, den Tisch abzuräumen, obwohl sie meine Hilfe nicht annehmen wollen. Danach setze ich mich in den Salon und beschäftige mich mit den vielen Kindern, die im Haus herumtollen. Die etwas jüngeren Kinder bringen Papier und Buntstifte und wir malen gemeinsam ein buntes Bild. Die Kinder möchten, dass ich noch mehr Zeit mit ihnen verbringe, aber ich möchte mich in mein Zimmer zurückziehen. Ich laufe in den Garten, um Kamal Bescheid zu sagen. Nachdem wir eine Weile geplaudert haben, kehrt er zu seinen Verwandten zurück. Kurz darauf sehe ich ihn wieder in ein Gespräch vertieft. In meinem Zimmer lege ich mich auf das wunderschöne, weiche Bett und fühle mich wie eine Prinzessin aus 1001 Nacht- und unten im Garten sitzt mein orientalischer Märchenprinz. Bei diesem Gedanken muss ich unwillkürlich lächeln und dann fallen mir schon die Augen.
Am nächsten Tag springe ich fröhlich aus dem Bett. Nachdem ich meine Morgentoilette beendet habe, gehe ich in das Erdgeschoss, wo ich Soraya und ihre Schwestern vorfinde. Sie bieten mir Frühstück an, aber ich lehne dankend ab. Das Mahl gestern Abend war doch zu üppig gewesen.
Sie erzählen mir, dass Kamal gestern mit seinen Verwandten bis spät in die Nacht zusammen gesessen hat und noch schläft. Ich habe mit Kamal besprochen, dass ich alleine Marrakesch erkunden möchte. Er war damit einverstanden, denn so kann er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Ich bin gerne in fremden Städten auf eigene Faust unterwegs und freue mich auf den Tag.
Morgen wird die Hochzeit stattfinden. Sie wird mehrere Tage dauern. Die Feierlichkeiten werden mit dem Henna-Abend eingeleitet, der einen Tag davor stattfindet. Eine Henna-Künstlerin bemalt die Braut mit schönen Mustern aus Henna an Händen und Füßen. Die Verzierung soll Glück bringen.
Ich hole noch schnell den Reiseführer aus meinem Zimmer, den ich mir in Rabat besorgt habe und mache mich auf den Weg. Wenige Schritte vom Haus entfernt gibt es eine Bushaltestelle und der Bus fährt direkt ins Zentrum.
Marrakesch liegt am Fuße der schneebedeckten Gipfel des Hohen Atlas und gehört neben Fès, Meknès und Rabat zu den Königsstädten Marokkos. Die Altstadt wurde 1985 zum Weltkulturerbe erklärt.
Ich steige an der Endstation aus und suche den Weg zu der Hauptattraktion der Stadt, dem Djemma el Fna. Dieser weltberühmte, ehemals mittelalterliche Henkers-und Marktplatz, ist heute ein von Leben erfüllter Ort, wo Gaukler, Trommler, Schlangenbeschwörer, Wahrsager und orientalische Geschichtenerzähler zu finden sind.
Ich frage einen vorübereilenden Passanten nach: ,,La place“ und freundlich erteilt mir der Mann die gewünschte Auskunft. Ich befinde mich schon in der Nähe des Platzes und nach einigen Minuten habe ich ihn erreicht. Sofort höre ich das Dröhnen der Tamburine und Schellen der Musiker. Die
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