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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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und dem Jungen zu trennen, die nun meinen einzigen Orden bildeten, mein Los und meine Familie, mein ein und alles, war die zeitgleiche Flucht vor den Hospitalitern, den Templern und der Kirche jedoch zuviel für einen einzigen abtrünnigen Mönch. Ich konnte nicht im entferntesten daran denken, meinem alten Vater die Last aufzubürden, auf seiner Burg oder seinen Ländereien einen ehrlosen Sohn in Begleitung seines unehelichen Sprößlings und einer jüdischen Zauberin zu verstecken. Das war ausgeschlossen. Deshalb blieben mir nicht viele Möglichkeiten: Die Welt war viel zu klein, und ich mußte in Ruhe die wenigen Alternativen überdenken, die sich mir boten.
    »Ihr braucht Euch nicht zu sorgen, Bruder«, fügte Bruder Ferrando jetzt hinzu. »Ihr werdet stets eine aus Rittern des Ordens zusammengesetzte Eskorte hinter Euch wissen, so wie Ihr zuvor über eine aus Soldaten des Papstes verfügt habt. Ich selbst werde diese Truppe anführen, und Ihr werdet mit mir reden können wie vorher mit dem verschwundenen Grafen Le Mans. Wir werden Euch vor den Templern gut beschützen.«
    »Ohne die Jüdin und den Jungen werde ich nirgendwohin gehen.«
    »Wie?« tobte er. »Was habt Ihr da gerade gesagt?«
    »Sire, ich sagte, daß ich ohne die Frau und den Jungen nichts tun und nirgendwohin gehen werde.«
    »Seid Ihr Euch bewußt, daß Ihr für diesen Ungehorsam schwer bestraft werdet, Bruder?«
    »Ich wollte Euch nicht beleidigen, Sire, und ebensowenig Euch, Bruder Valerio, aber ohne ihre Hilfe kann ich das Gold nicht finden. Ich bin außerstande, die Suche allein fortzusetzen, weshalb ich Euch um die Erlaubnis bitte, daß sie mich begleiten.«
    »Ihr habt es nicht erbeten, Bruder, Ihr habt es gefordert! Seid Euch dessen gewiß, daß Ihr von Eurem Vorgesetzten und dem Kapitel dafür bestraft werdet, wenn Ihr nach Rhodos zurückkehrt.«
    »Ihr müßt sie nicht sonderlich schätzen, wenn Ihr es Euch so sehr wünscht, sie in Gefahr zu bringen«, zischte Valerio de Villares wütend.
    Nein, ich wollte sie keineswegs in Gefahr bringen, ich wollte sie nur nicht in der Komturei von Portomarin zurücklassen, wo sie zweifelsohne gewaltsam festgehalten werden würden, bis ich die Aufgabe erledigt hätte, und wonach man sie sicher an einen entfernten Ort brächte, wo ich sie nicht finden könnte. Ihr Unvermögen, die Templerschätze ohne meine Mithilfe zu finden, zeigte ganz deutlich, daß sie mich nicht so leicht entkommen ließen, selbst wenn ich mit tausend Frauen schlafen und alle Gelübde und Vorschriften der Hospitaliter brechen würde.
    »Ohne sie geht es nicht«, wiederholte ich beharrlich.
    Bruder Valerio und sein Statthalter wechselten wiederum verständnisvolle Blicke, auch wenn dieses Mal so etwas wie Verzweiflung darin lag. Womöglich standen sie so unter Druck, wie ich es wenige Minuten zuvor gewesen war.
    »In Ordnung«, räumte der Komtur ein. Wie wollt Ihr fortfahren? Wollt Ihr nach Castrojeriz zurückkehren, um von dort aus die Suche wieder aufzunehmen?«
    »Das scheint mir nicht angebracht«, meinte ich nachdenklich. »Das ist genau das, was die Templer von uns erwarten. Ich glaube, wir sollten weiter bis nach Santiago ziehen, wo man uns den Ablaß gewähren wird, und danach den gleichen Weg, den wir gekommen sind, wie friedliche Concheiros zurückreisen, die mit den wohlverdienten Jakobsmuscheln auf den Hüten und dem Pilgergewand wieder nach Hause wandern. Die Frau, der Junge und ich müssen uns dazu allerdings wahrhaft gute Verkleidungen zulegen, die sich von den bisherigen deutlich unterscheiden, was einige Zeit der Vorbereitung in Anspruch nehmen wird.«
    »Zeit ist genau das, was wir nicht haben, Bruder. Was benötigt Ihr?«
    »Wenn ich es weiß, Sire, werde ich es Euch mitteilen.«
    Man trennte uns. Während der Woche, die wir benötigten, um unser Erscheinungsbild zu ändern, durfte ich nicht bei Sara schlafen; man zwang mich, im Innern der Festung zu übernachten. Ich vermißte sie schrecklich, indessen sagte ich mir, daß ich mich mit scheinbarer Fügsamkeit dem Diktat meiner Vorgesetzten beugen mußte, wenn ich für uns beide eine lange, gemeinsame Zukunft erstrebte. Bruder Valerio verschwand zwar am Tag nach unserer Unterhaltung, Bruder Ferrando de Çohinos hingegen folgte mir wie ein Schatten. Don Pero war beleidigt, man sah es ihm an; es gefiel ihm ganz und gar nicht, sich von einer wichtigen Angelegenheit ausgeschlossen zu sehen, die sich in seinen eigenen Besitzungen zusammenbraute, und nur höchst

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