Iacobus
nachts reisen oder vor den fratres milites fliehen; wir mußten nur noch ruhig dort sitzen bleiben und die Freiheit auskosten.
»So seid Ihr also endlich zu Hause …«, entschlüpfte es Sara verdrossen.
»Ich sagte Euch, daß ich ein Hospitalitermönch bin, erinnert Ihr Euch?«
»Ein Monteser! Das habt Ihr behauptet zu sein!«
»Ich wollte Euch mit jener Lüge nicht verletzen, Sara, aber ich hatte Anweisung, mich nicht als Hospitaliter erkennen zu geben.«
Ihr Gesicht verzog sich zu einer verächtlichen Grimasse.
»Letzten Endes, was soll's? Ihr seid ein Waffenbruder, Ritter des derzeit mächtigsten Ordens, und darüber hinaus seid Ihr pflichtbewußt, Eurem Gelübde und den Aufgaben, die man Euch übertragen hat, treu ergeben. Mit Sicherheit seid Ihr auch ein großer Medikus.«
»Leider bin ich eher für seltsame Missionen bekannt als für meine Fähigkeiten als Medikus. Alle Welt kennt mich unter dem Namen Perquisitore, der Spurensucher.«
»Nun, es ist jammerschade, Perquisitore«, sagte sie betrübt, »daß Ihr kein einfacher Ritter oder Bader seid.«
Eine Zeitlang sprachen wir beide kein Wort, waren nur unendlich traurig über das, was ich nie sein könnte, was wir beide nie sein könnten. Saras Worte offenbarten mir eine Sehnsucht, die ich ebenfalls wie Dolchstöße in meinem Innern verspürte, ich konnte ihre Gefühle indes nicht erwidern, denn es wäre wie ein Versprechen gewesen, das ich nicht einzulösen vermochte. Und dennoch liebte ich sie.
»Ihr seid ein Feigling, Perquisitore«, raunte sie, »alle Arbeit überlaßt Ihr mir.«
Die Vorstellung, daß ich mich bald für immer von ihr trennen müßte, zerriß mir das Herz.
»Ich kann Euch nicht helfen, Sara. Ich schwöre Euch, wenn es eine Tür gäbe, durch die ich fliehen könnte, um mich mit Euch zu vereinen, so würde ich sie durchschreiten, ohne auch nur eine einzige Sekunde zu zögern.«
»Aber diese Tür gibt es, Sire!« wandte sie ein.
Mein Körper brannte vor Begierde, sie zu umarmen, sie raubte mir den Atem. Ich fühlte Sara so nah, so warm, daß mir die Schläfen hämmerten und mein Herz wie verrückt schlug.
»Diese Tür gibt es …«, wiederholte sie und näherte ihre Lippen den meinen.
Dort, im Schein der untergehenden Sonne, konnte ich den Geschmack ihres Mundes kosten und ihren süßen und heißen Atem spüren. Ihre Küsse, zu Beginn noch trocken und scheu, verwandelten sich in einen Sturzbach, der mich zu längst vergessenen Orten fortriß. Ich liebte sie, ich liebte sie mehr als mein Leben, ich begehrte sie so sehr, daß mein ganzer Körper schmerzte, ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, sie wegen meiner absurden Gelübde zu verlieren. Verzweifelt nahm ich sie in meine Arme, erdrückte sie fast, und wir wälzten uns im Gras.
Stundenlang existierte ich nur in Saras Körper. Die Nacht brach herein, es wurde kalt, aber ich merkte es nicht. Von jenen Augenblicken kann ich mich noch an den Glanz ihrer gesprenkelten und verschwitzten Haut im Mondlicht erinnern, an die Kurve ihrer Hüften, ihre spitzen kleinen Brüste und die Straffheit ihres Rückens, ihres Bauchs, ihrer Schenkel, die meine Hände ohne Unterlaß streichelten. Sie leitete mich, lehrte mich und wir vereinten uns unzählige Male, ich entsinne mich nicht mehr, wie oft, wir küßten uns, bis uns die Lippen wehtaten, bis wir nicht mehr konnten, und trotzdem war die Leidenschaft, die Sehnsucht, das Begehren noch nicht gestillt, dieses armselige und unnütze Sehnen, dort auf ewig ineinanderverschlungen zu verweilen.
Alles hatte inmitten der Traurigkeit seinen Anfang genommen und endete jetzt unter Lachen und Liebesgeflüster. Unermüdlich wiederholte ich ihr, wie sehr ich sie liebte, daß ich sie immer lieben würde, und Sara, die darüber vor Freude seufzte, knabberte an meinem Ohr und an meinem Hals mit einem Lächeln voller Glückseligkeit. Erschöpft schliefen wir auf der Wiese in den Armen des anderen ein. Erst die feuchte Kälte der Morgendämmerung weckte uns, und nachdem wir unsere Kleider aufgesammelt und übergezogen hatten, betraten wir strahlend die verfallene alte Mühle, ließen uns auf einem der Strohsäcke nieder und deckten uns mit den Fellen zu. Schnell fanden unsere Körper wieder die Haltung, um gemeinsam einzuschlafen, sie paßten sich aneinander ganz natürlich an, als ob sie dies seit jeher gewohnt wären, als ob jede Erhebung sich vollkommen in die Vertiefungen des anderen einfügte. Und so schliefen wir bis zum folgenden Tag. Falls Jonas
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