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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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unwillig hielt er sich aus unseren regen Vorbereitungen heraus, denn er wagte es nicht, nochmals nachzufragen, aus Angst vor einer weiteren unangenehmen Antwort Bruder Ferrandos, der seine Zunge nicht im Zaum hielt, wenn der Prior von Portomarin versuchte sich einzumischen.
    Mit viel Bier, Schwalbennest, den Wurzeln von Haselnußsträuchern, Ochsengalle und Kamillentee färbten Jonas und ich unsere schwarzen Haare und auch die Augenbrauen blond, was uns etliche Probleme bereitete. Meinen Bart zu färben stellte sich ebenfalls als ein schwieriges Unterfangen heraus, da der nachwachsende, dunkle Schatten die Färbung verriet, weshalb ich ihn wachsen lassen und tagtäglich sorgfältig bleichen mußte. Für Sara hingegen war alles einfacher. Ihr Haar sog das Gebräu aus Lauchzwiebeln sofort auf, was sie in eine wunderschöne braunhaarige Frau verwandelte, deren milchweiße Haut dank eines weißen Pulvers keine einzige Sommersprosse mehr zierte. Sie wurde so zu einer hohen französischen Dame, die nach Santiago de Compostela unterwegs war, um für die Genesung ihres kranken Gatten zu beten. In Begleitung ihres klugen und gewissenhaften Bruders reiste sie in einem prächtigen Fuhrwerk, das von einem buckeligen und zahnlosen Reitknecht kutschiert wurde (zu meiner mißgebildeten Gestalt hatte ich noch das Hinken hinzugefügt und mir einige Zähne schwarz angemalt). Zwei Hospitaliter (ein jüngerer mit energischem Kinn und ausdruckslosem Blick, der zweite mittleren Alters, der ein paar Reihen vorstehende, faule Zähne zur Schau stellte, wenn der ansonsten wortkarge Mann einmal den Mund aufbekam) wurden zu Soldaten in den Diensten der vornehmen Dame, die, so erklärte ich es auch Bruder Ferrando, an allen Gotteshäusern längs des Jakobswegs halten lassen würde, um zu beten – und mir meine Nachforschungen und Beobachtungen zu ermöglichen. Auch würde sie sehr großzügige Almosen an die armen Pilger und Kranken verteilen, so daß die Augen der Tempelherren, die drei bettelnde Flüchtlinge zu entdecken hofften, durch eine fünfköpfige Gruppe geblendet würden, die ausgiebige Spuren großen Reichtums legte.
    Am sechzehnten Oktober ließen wir schließlich die Eichenwälder der Komturei hinter uns und brachen nach Santiago de Compostela auf. Obwohl nur ich es wußte, war Portomarin die letzte Besitzung der Hospitaliter gewesen, die ich in meinem Leben betreten hatte.
    Während wir Sala Regina und Ligonde durchquerten, während wir an der kleinen Kirche von Villar de Donas zum Gebet haltmachten und weiter über Lestredo und Ave Nostre Richtung Palas de Rei reisten, schossen mir wie verrücktgewordene Vögel all die verworrenen Bestandteile durch den Kopf, die unsere schwierige Lage ausmachten. Man soll die Dinge erst angehen, wenn man vorher alle möglichen Schachzüge des Spiels durchdacht hat: Während ich das wahrhaft prächtige Pferdegespann der schwarzen Kutsche lenkte, in deren Innern Sara und Jonas es sich bequem gemacht hatten, überlegte ich deshalb, welche Ereignisse möglicherweise eintreten konnten. Als der ganze Plan sorgfältig vorbereitet war, ließ ich Sara und Jonas das Wann, Wie und Warum dessen wissen, was ihnen als Aufgabe zufallen würde.
    So wie wir uns Santiago de Compostela näherten, was kaum noch zwei Tage dauern konnte, stießen wir auf unzählige Gruppen demütiger Pilger, die eilig in unsere Richtung mit vor Begeisterung überschäumenden Gesichtern ausschritten, als ob sie nach einer so langen Reise – oft Hunderte oder Tausende von Meilen der Wanderschaft – keine Zeit mehr zu verlieren hätten, jetzt, wo sie so kurz vor dem Ziel waren. Selbst vom Kutschbock aus war diese unbändige Sehnsucht in ihren Augen wahrzunehmen, die verehrte Stadt Santiago endlich zu erreichen.
    Obwohl ich wirklich nicht das geringste Interesse daran hatte, auf unserer Reise auf Spuren der Tempelherren zu stoßen, so hätte ich mich doch keines besseren Glücks erfreut, wenn ich sie denn hätte finden müssen: Anscheinend hatten die salomonischen Mönche in diesen galicischen Gefilden wenig oder nichts besessen. Waldstücke wechselten sich mit unzähligen Dörfern entlang dem Pilgerweg ab, der inzwischen schnurgerade verlief und leicht abschüssig geworden war, als hätte er sich entschlossen, den Pilgern freundlicherweise dabei zu helfen, ihr ersehntes Ziel bald zu erreichen, und als ob nichts anderes in jener grünen, feuchten und kalten Gegend von Bedeutung wäre, in welcher der selige Sohn des Zebedäus

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