Iacobus
mit geneigtem und unbedecktem Haupt in frommer Haltung davor niederzuknien, während der Pilgerstab (Begleiter von so vielen Tagen!) nun achtlos auf dem Pflaster lag. Es war unmöglich, mit unserem Gespann durch jene Menschenmenge zu dringen, weshalb wir umdrehten, um über andere Gassen unsere Unterkunft, den Palacio de Ramirans, zu erreichen. Im Palast wollten Sara, Jonas und die Leibwächter übernachten, und ich würde wie erhofft meine Knochen in einer Ecke der fürstlichen Stallungen zwischen Sattel, Geschirr, Riemenwerk und Zaumzeug ausstrecken. Es stellte dies ein wichtiges Detail meiner geheimen Pläne dar, denn wenn auch tagsüber Bruder Ferrando und seine Männer uns nicht aus den Augen ließen, so würde doch ein einzelner Mann, ein namenloser Diener, des Nachts nach gewissen Vorkehrungen den Palast unbemerkt und leise verlassen können.
Am Abend unserer Ankunft gingen Sara und Jonas in die Stadt, um Besorgungen zu machen, während ich in den Ställen blieb und die Pferde putzte und striegelte. Die Hospitaliterbrüder unseres Gefolges mußten sich folglich ebenfalls aufteilen, wobei der jüngere von beiden an meiner Seite blieb. Zunächst sprach er kein Wort, dann aber, nach ein paar Partien Dame, begann er mir eifrig von den landwirtschaftlichen Erträgen und den jährlichen Einnahmen unserer Komtureien zu erzählen. Ich hörte ihm mit größter Aufmerksamkeit zu, als ob das, was er mir da berichtete (und was mich eigentlich unendlich langweilte), das Interessanteste wäre, was ich je in meinem Leben gehört hatte. Viele kluge Fragen stellte ich ihm, bohrte bei den Dingen nach, die ihm wichtig schienen, und stimmte ihm schließlich zu, daß unser Orden eine bessere Verwaltung der Getreideernte und Weinlese anstreben sollte, um die Erträge zu erhöhen. Dafür, daß ich eine derartige Leier so geduldig ertrug, wurde mir seine Hochachtung zuteil und damit auch seine nachlassende Wachsamkeit.
Als in dieser Nacht im Palast endlich Ruhe einkehrte und ich in der Sattelkammer allein war, entledigte ich mich meiner Verkleidung eines hinkenden, buckeligen und zahnlosen Kutschers und zog mir das Gewand eines Pferdehändlers über, das Sara und Jonas laut meinen Anweisungen für mich erstanden hatten und mir verborgen in einem Bündel gebrauchter Kleider zukommen ließen. Ich stülpte mir einen Filzhut auf den Kopf, um mein blondes Haar darunter zu verbergen, und verließ den Palast zwischen all den Knechten und Mägden, die nach getaner Arbeit nach Hause gingen. Bevor die Gruppe gefährlich klein wurde, lenkte ich meine Schritte zur erstbesten Schenke, die ich längs des Weges fand, setzte mich dort in eine dunkle Ecke, und während ich große Schlucke von jenem heißen und süßlichen Trank zu mir nahm, den die Galicier aus Äpfeln brauen, verfaßte ich das waghalsige Schreiben, daß uns für alle Zeiten (zumindest erhoffte ich mir dies) aus jener mißlichen Lage befreien sollte. Ich war nicht dazu bereit, von Sara getrennt zu werden, die ich mehr als mein Leben liebte, und ich wollte auch nicht meinen Sohn verlassen, den ich zu einem Mann heranwachsen sehen wollte, während ich alt wurde und meine Aufgaben als Medikus auf Rhodos unter der strengen Wachsamkeit meiner Vorgesetzten erfüllte. Dies im besten aller Fälle. Im schlimmsten (das heißt, wenn wir fliehen müßten) würden wir von der Kirche und dem Hospitaliterorden, besessen von ihrer Gier nach Reichtum und Macht, unermüdlich verfolgt werden und ebenso von den Templern, die danach strebten, das Geheimnis ihrer wertvollen Verstecke zu bewahren und vor allem die Existenz der Bundeslade zu verheimlichen. Es gab keinen Ort auf der Welt, wo wir vor ihnen sicher waren, und da ich dies wußte, da ich in Frieden und ohne Angst leben wollte, um jede Nacht den warmen Körper Saras umarmen zu können und meinen Sohn heranwachsen zu sehen, mußte ich jene riskante Mitteilung schreiben, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern.
Nach dem Tod Don Rodrigo de Padróns im Jahr zuvor war Don Berenguel de Landoira zum Erzbischof von Santiago ernannt worden. Es war dies ein Mann mit offensichtlichen Sympathien für den Templerorden, und er hatte, wie man munkelte, heimlich mehr als einen ehemaligen Mönchsritter in seiner Gefolgschaft, bei den Beratern und Bediensteten seines Palastes untergebracht. An ihn war mein Schreiben gerichtet, weshalb ich mich auf den Weg zu seiner Residenz machte, welche unmittelbar neben der Kathedrale lag, und diskret mit den Fingern an das
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