Iacobus
wollen, so wollen doch wir die Reichtümer bergen, die uns rechtlich zustehen. Deshalb ist jede Auskunft, die Ihr, Bruder Galcerán, während Eurer päpstlichen Mission über den Verbleib des Goldes erhalten könnt, von größter Bedeutung für unseren Orden. Denkt daran, wie viele Spitäler man von diesem Geld errichten könnte, wie viele barmherzige Taten vollbracht werden, wie viele Waisenhäuser wir bauen könnten …«
»… und wie mächtig und einflußreich wir wieder werden könnten«, fügte ich kritisch hinzu, »fast so wie die Templer vor ihrem Untergang.«
»Ja … auch das, natürlich. Doch auf dieses heikle Thema sollten wir lieber nicht näher eingehen.«
»Sicher«, brummte ich, »lieber nicht.«
»Noch ein Letztes, Bruder Galcerán. Ihr wißt, daß unser Orden und der der Tempelherren aus Gründen des Renommees verfeindet gewesen waren. Da bei dieser Untersuchung so viele Interessen auf dem Spiel stehen, hat man deshalb auf Rhodos gedacht, daß es besser wäre, Ihr würdet Euch währenddessen nicht als Hospitaliter zu erkennen geben.«
»Und als was, wenn ich fragen darf, soll ich dann diese Nachforschungen anstellen?«
»Seid einfach nur Ihr selbst, Bruder. Wenn es jedoch irgendwann vonnöten sein sollte, Eure Identität preiszugeben, so behauptet, Ihr gehört dem Ritterorden Santa Maria de Montesa an, der erst kürzlich von Jaime II. de Aragón gegründet wurde, um seine Ehre zu retten, die durch die Anschuldigung befleckt worden war, er habe sich wie ein Geier auf das Eigentum des Templerordens gestürzt. Aus diesem Grund hat er wohl die weniger appetitlichen Überreste dieser Besitztümer im Reich von Valencia dem neuen kleinen Orden gestiftet, dessen Ritter, die Monteser, sich selbst als geistige und ideologische Erben der Tempelherren betrachten, obgleich sich in ihren Reihen kaum eine Handvoll ehemaliger valencianischer fratres milites befinden, die sich nicht zur Flucht entschließen konnten.«
»So bin ich also ein Monteser aus Valencia.«
»Vor allem seid Ihr ein gelehrter und bedachtsamer Mann, Bruder Perquisitore, und als solcher wißt Ihr sehr wohl, daß wenn ihr als Hospitaliter auftretet, dies zweifellos Eure Arbeit behindern würde, während ein Monteser an den Orten, die Ihr auf jeden Fall aufsuchen müßt, immer herzlich empfangen wird.« Der Großkomtur band sorgfältig die Kordel auf, die sein falsches Franziskanerhabit umgürtete, und zog dann zwischen den Falten einige versiegelte Schreiben hervor, die er mir reichte. »Dies sind die Geleitschreiben, Genehmigungen und Affidavits, die der Papst erwähnte, ausgestellt vom Orden der Monteser. Ihr erscheint darin als Medikus; wir dachten, dies würde sich als sehr nützlich erweisen, falls Ihr in Gefahr geratet.«
Micer Robert erhob sich schwerfällig aus seinem Sessel und lockerte mit schmerzverzerrten Gesten seine Muskeln. Auch meine Knochen knirschten, als ich aufstand.
»Es ist spät, Bruder, die Sonne ist bereits aufgegangen. Ihr solltet Euch zur Ruhe begeben und etwas schlafen. Ihr habt einen langen Weg vor Euch. Womit wollt Ihr beginnen?«
»Mit den Dokumenten, die ich hier in dieser Mappe habe«, erwiderte ich und klopfte leicht auf das Bündel Urkunden, welches mir Johannes XXII. überreicht hatte. »Es ist nie gut, etwas in Angriff zu nehmen, ohne zuvor sämtliche Spielzüge genau überdacht zu haben.«
A nfang Juni, wenige Tage nach der Audienz im Palais des Papstes, machten Jonas und ich uns bei Anbruch einer eiskalten und wolkenverhangenen Morgendämmerung auf den Weg nach Norden, Richtung Paris. Unsere Pferde sahen nach jenen Tagen hinreichenden Futters und der Rast in den Stallungen der Komturei prächtig aus und schienen darüber hinaus auch sehr zufrieden zu sein mit ihrem neuen und luxuriösen Geschirr. Ich hingegen konnte von mir nicht gerade dasselbe behaupten: Ich war nicht nur müde, sondern fühlte mich auch reichlich unbehaglich und fremd in diesen engen Kleidern des Hofes, eingezwängt in Seide, feine Pelze und einen vornehmen Brokatmantel. In den schrecklichen Schnürstiefeln mit ihren gebogenen, in Rot und Gold bestickten Schuhspitzen kam ich mir ziemlich lächerlich vor.
Jonas war noch immer böse auf mich, fühlte sich nahezu als Opfer einer beschämenden Entführung; seit der ersten Nacht hatte er kaum den Mund aufgemacht und nur die nötigsten Worte mit mir gewechselt. Da ich allerdings keine Zeit für solche Dummheiten vergeuden konnte, so vertieft wie ich in das Studium der
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