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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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im Grunde genommen nie die Absicht gehabt hatte, mich zu verlassen, selbst wenn es nur aus Furcht vor dem langen Heimweg war. Doch der Strolch war so gewitzt wie ich und lernte gerade von mir, wie man mit hohem Einsatz spielt.
    »Ich wußte, daß irgend etwas dahinter steckt«, bemerkte er nun zufrieden, »Ihr habt mein Wort.«
    »Ja, das stimmt, allerdings werde ich darüber jetzt kein Wort verlieren. Wir befinden uns gerade mitten in der Höhle des Löwen, verstehst du?«
    »Aber natürlich, Sire. Wir tun gerade etwas, das mit dem Geheimnis in Zusammenhang steht.«
    »So ist es, aber nun Vorsicht, der Wirt kommt zurück.«
    Der dicke François näherte sich mit einem großen dampfenden Topf, der nach allen Seiten hin einen wunderbaren Duft verbreitete. Auf seinem Gesicht zeichnete sich sein breitestes Lächeln ab.
    »Sire, hier bekommt Ihr den besten Fisch der ganzen Rhône, auf provenzalische Art mit wohlriechenden Kräutern der Grafschaft Venaissin zubereitet!«
    »Hervorragend, lieber Wirt! Gibt es auch ein wenig Wein dazu? Oder schenkt Ihr etwa keinen aus?«
    »Den besten!« behauptete er und zeigte auf die Fässer am anderen Ende des Schankraums.
    »So leistet uns beim Essen Gesellschaft und trinkt einen Becher mit uns.«
    Ich ließ ihn reden, bis wir den Topfboden sehen konnten. Auch der Fischbrühe sprachen wir gut zu, in die wir das Landbrot tunkten. Jonas schenkte dem Wirt immer wieder Wein nach, sobald dieser sein Glas bis zur Neige geleert hatte, was während unseres Mahls etliche Male der Fall war. Schließlich hatte er mich über sein ganzes Leben, das seiner Frau und seiner Kinder und das eines Großteils der Apostolischen Kurie in Kenntnis gesetzt. Noch immer habe ich keine bessere Methode gefunden, die gewünschte Auskunft zu erhalten, als das Vertrauen des Befragten zu erlangen, indem ich ihn über sich und seine geliebten Anverwandten sowie über jene Dinge reden ließ, auf die er besonders stolz war, während ich ihm aufmerksam zuzuhören schien und seine Erzählungen mit wertschätzenden Gesten unterstrich. Als wir mit Käse und Trauben unsere Mahlzeit beendeten, hatte ich den Wirt in der Hand.
    »So seid Ihr also der Mann, in dessen Haus der Heilige Vater Clemens starb«, bemerkte ich zu guter Letzt, während ich mir die Finger an der Seide meiner feinen Hose abwischte.
    François' speckig glänzendes Gesicht erbleichte plötzlich.
    »Wie? Woher wißt Ihr …?«
    »Laßt es gut sein, François. Wollt Ihr behaupten, daß Euch mein Besuch genau zwei Monate nach dem Tod meines Vetters nicht seltsam anmutet?«
    François öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es kam kein Wort heraus.
    »Hat solch merkwürdiger Zufall tatsächlich keinen Argwohn bei Euch erweckt? … Das kann ich von einem solch intelligenten Mann, wie Ihr es seid, nicht glauben!«
    Wieder machte er seinen Mund auf, doch war nur ein erstickter Laut zu hören.
    »Wer seid Ihr?« brach es schließlich mit einem Stöhnen aus ihm heraus. »Seid Ihr irgendein Spitzel des Königs oder des neuen Papstes?«
    »Aber François, das habe ich Euch doch schon gesagt. Ich bin Galcerán de Born, ein Cousin des verstorbenen Henri de Saint-Valéry, und das ist die ganze Wahrheit. Ich würde Euch nie betrügen, das müßt Ihr mir glauben. Als einziges habe ich bisher nur den Grund meines Besuches verschwiegen. Ich wollte feststellen, was für ein Mensch Ihr seid, und ich bin hochzufrieden. Deshalb werde ich Euch nun erklären, weshalb wir hierhergekommen sind.«
    Zwei Augenpaare betrachteten mich aufmerksam; das von Jonas voll lebhaftem Interesse, das des armen François mit einem kummervollen Schimmer.
    »Mein Cousin Henri sah den Augenblick seines Todes in einem Traum voraus, in dem ihm die Heilige Jungfrau erschien.« Der arme Wirt zitterte unter seiner Schürze, als liefe er nackt durch den Schnee. »Deshalb schrieb er mir einen langen Brief, in dem er mich bat, ihm in seinen letzten Stunden beizustehen … Weil aber die Galeere, mit der ich von Valencia nach Rom reiste, schon ziemlich alt war, kam ich nur noch rechtzeitig, um seine Hand zu halten, bevor er abberufen wurde. Wenige Augenblicke vor seinem Tod zog mich Henri jedoch noch einmal zu sich heran, um mir etwas zu gestehen, was er dann aber nicht mehr zu Ende erzählen konnte … wißt Ihr, wovon ich spreche, François?«
    Der Wirt nickte und verbarg mit einem Klagelaut sein Gesicht in den Händen.
    »Was der Kardinal zu mir sagte, war folgendes: ›Ich werde zur Hölle fahren,

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