Iacobus
bekommen.«
»Und was geschah dann?«
»Seine Heiligkeit wollte nichts essen, er meinte, er habe ein flaues Gefühl im Magen, er wolle nur etwas Wein. Der Kämmerer, Euer Vetter, wandte jedoch ein, daß dies vielleicht nicht angebracht wäre, da sonst das Fieber steigen würde, man solle lieber nach Avignon zurückkehren, damit ihn sein Leibarzt untersuchen könne. Doch der Papst weigerte sich. Er schnellte hoch, wißt Ihr, so als ob ihn die Wut dazu treiben würde, obwohl er sehr schwach war, und schrie Euren Vetter an, daß er so bald wie möglich Wilaudraut erreichen müsse, daß sein Arzt ein Dummkopf sei, der es nicht verstanden hätte, ihn zu heilen, und daß er sehr bald sterben würde, wenn man ihn nicht schleunigst nach Hause in die Gascogne brächte. Kurzum, ich fühlte mich sehr befangen, weshalb ich mich entschuldigte und hinausging; kaum war ich jedoch draußen auf dem Flur, kam Euer Vetter hinterher und hielt mich auf. Er meinte, er sei sich wohl bewußt, wie unwahrscheinlich es wäre, in Roquemaure einen Medikus zu finden, doch wolle er wissen, ob möglicherweise einer in den umliegenden Dörfern aufzutreiben wäre. Er müsse nicht gut sein, sagte er, wenn er einen guten Eindruck mache, reiche es schon. ›Ich wünsche jemanden, der die Nerven Seiner Heiligkeit mit schönen Worten beruhigt, jemanden, der ihn davon überzeugt, daß es ihm gutgeht und er die Reise fortsetzen kann.‹«
»Dies hat Henri wortwörtlich gesagt …?«
»Ja, Sire, genau dies. Und hier stellte sich das Problem ein, denn einige Tage zuvor waren zwei arabische Ärzte in meine Schenke gekommen, die mich um Unterkunft für vier bis fünf Nächte baten. In dieser Gegend sind normalerweise keine Mauren unterwegs, es ist aber auch nicht ungewöhnlich, daß reiche Händler, ja sogar Abgesandte auf dem Weg nach Spanien oder Italien durch Roquemaure reisen, und sie zahlen gut, Sire, mit guten Goldunzen. Die Medizi schlossen sich vom ersten Tag an in ihre Kammer ein und verließen sie nur zum Essen oder um am frühen Abend einen Spaziergang zu machen. Einer meiner Söhne sah sie einmal ihre Teppiche am Flußufer ausbreiten und sich niederwerfen und verbeugen, wie sie das eben bei ihren Gebetszeremonien so machen.«
»Deshalb sagtet Ihr also meinem Vetter, daß sich zufälligerweise zwei arabische Ärzte in einer der Gästekammern befänden und wenn er wolle, könntet Ihr sie benachrichtigen und um Hilfe bitten.«
»So war es, edler Ritter … Zunächst wagte es Kardinal Henri nicht, dem Papst vorzuschlagen, sich von zwei Mauren untersuchen zu lassen; weil er allerdings keine andere Möglichkeit sah, fragte er nach, und der Papst gestattete es. Allem Anschein nach war Clemens V. bereits früher einmal von arabischen Ärzten geheilt worden und darüber sehr erfreut gewesen. So klopfte ich also bei den beiden an und erzählte ihnen, was vorgefallen war. Sie zeigten sich durchaus willens, ihm zu helfen, und berieten sich zunächst lange mit Eurem Vetter, bevor sie die Kammer des Papstes betraten. Ich weiß nicht, worüber sie sprachen, doch Euer Vetter muß ihnen wohl viele Anweisungen gegeben haben, denen sie höflichst zustimmten. Dann gingen sie hinein, und ich folgte ihnen, falls sie etwas benötigen sollten. Ich muß hinzufügen, daß von all dem die unten Gebliebenen nichts erfuhren, da sogar der junge Priester, der Eurem Vetter bei dessen Pflichten zur Hand ging, das päpstliche Gemach verlassen hatte, um unten mit den Kardinälen für die Genesung des Heiligen Vaters zu beten, daß also alle hier in diesem Schankraum saßen, während sich oben das zutrug, was ich Euch berichte … Nun gut«, fuhr er nach einem kräftigen Schluck Wein fort, »die arabischen Ärzte untersuchten Seine Heiligkeit mit größter Sorgfalt: Sie blickten in seine Pupillen und den Mund, sie fühlten den Puls und tasteten seinen Bauch ab, und schließlich verordneten sie ihm zu Pulver zerriebene und in Wein aufgelöste Smaragde, einen Trank, der in wenigen Minuten seine Magenbeschwerden lindern und das Fieber senken sollte. Es schien ein gutes Heilmittel zu sein, und der Heilige Vater zeigte sich durchaus geneigt, drei wundervolle Smaragde aus seinem Besitz zerstoßen zu lassen. Er war überzeugt, dadurch zu genesen. Die Medizi baten mich um einen Mörser und etwas Wein, zerstießen dann gewissenhaft die Edelsteine und vermischten das Pulver schließlich langsam mit dem Getränk. Es waren wunderschöne, funkelnde, riesige Juwelen … von einem
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