Iacobus
gewunden, die seinen Körper peinigten. Jenen Dokumenten war ein Schreiben beigefügt, dessen Siegel sogar unsere bedeutendsten Lehrmeister beeindruckten und in dem man uns bat, den Verfasser vertraulich darüber in Kenntnis zu setzen, welche Krankheit es sein könnte, die de Nogaret umgebracht hatte, und falls es sich nicht um eine Krankheit handele, was für ein Gift der Mörder verwendet haben könnte.« An dieser Stelle bewegten sich die Stoffe ein zweites Mal, und auch Beatrices Körperhaltung änderte sich. »Fragt nicht, Madame, wem die Siegel des Schreibens gehörten, denn aufgrund Eurer Nähe zu besagter Persönlichkeit ist es für Euch nicht ratsam, es zu wissen, noch steht es mir zu, ihre Identität zu lüften, einerseits aus Umsicht und andererseits um meinen Schwur zu halten. Aber seht, weder wir noch die Medizi anderer herausragender Schulen, die wir diskret zu Rate gezogen haben, konnten ein Leiden benennen, das diese Symptome hervorruft und bezüglich des Gifts … nicht einmal unsere Kräuterkundler vermochten die tödliche Substanz zu bestimmen – und ich versichere Euch, daß Toledo nicht nur über die besten Ärzte verfügt, sondern auch über die besten pharmacopole . Aus all diesen Gründen hat sich meine Schule entschlossen, mich nach Paris zu entsenden, damit ich hier vielleicht irgendeine Auskunft bekäme, die uns dazu dienen könnte, angemessen auf das Ersuchen dieser fürstlichen Person zu antworten, die ich vorhin erwähnte.«
Nach diesem Vortrag wußte ich zweierlei: erstens – wie ich schon zuvor angenommen hatte –, daß Nogarets Geliebte darüber unterrichtet war, daß man beim Tod des Siegelbewahrers etwas verschleiert hatte, und zweitens, daß dies mit Gift in Zusammenhang stand; folglich wußte Beatrice d'Hirson etwas über das Gift, das Nogaret getötet hatte.
»Gut, edler Ritter De Born«, entgegnete Madame mit gleichgültiger Stimme, »und wie kann ich Euch jetzt behilflich sein? Alles, was Ihr mir erzählt habt, überrascht und bekümmert mich zutiefst. Ich hatte keine Ahnung, daß er möglicherweise vergiftet wurde, und wußte noch viel weniger, daß – daß irgendeine mächtige, namhafte Persönlichkeit des französischen Hofes Interesse daran bekunden könnte, dies aufzudecken.«
Hier lag also ihr Schwachpunkt, das war ihre Achillesferse!
»O ja, Madame! Und wie ich Euch schon sagte, handelt es sich um jemanden von großer Bedeutung!«
»Jemanden wie den König?« fragte sie mit unsicherer Stimme.
»Um Gottes willen, Madame Beatrice, ich habe einen Schwur geleistet!«
»Schon gut, ich werde Euch nicht zwingen, Euer Wort zu brechen!« rief sie ohne große Überzeugung aus. »Aber nehmen wir einmal an, es ist der König …« Ihre Stimme zitterte erneut. »Wozu sollte er so etwas nach drei Jahren noch wissen wollen?«
»Mir fällt keine Erklärung dazu ein. Möglicherweise wißt Ihr das besser als ich.«
Einige Augenblicke schwieg sie, ganz in Gedanken versunken.
»Mal sehen …«, sagte sie schließlich. »Wer ermutigte Euch, mich zu befragen? Wer nannte Euch meinen Namen?«
»In einem der Dokumente, die wir in Toledo erhielten, wurde behauptet, daß Ihr die erste Person wart, die in die Gemächer des Siegelbewahrers eilte, als er zu schreien begann, und daß Ihr in der Stunde des Todes nicht von seiner Seite gewichen seid. Deshalb dachte ich, daß Ihr mir vielleicht irgendeine Einzelheit offenbaren könntet, etwas, das, selbst wenn es Euch unbedeutend erscheint, für meine Arbeit von höchster Bedeutung sein könnte.«
»Mir ist zu Ohren gekommen«, begann sie, die sich noch immer damit quälte, die Identität jener ›fürstlichen Persönlichkeit‹ zu entschlüsseln, »daß gewisse Gerüchte dem König Kummer bereiten, gemäß denen sowohl sein Vater als auch Guillaume von Rittern des Templerordens getötet wurden. Kennt Ihr die Geschichte?«
»Alle Welt kennt sie, Madame. Der Großmeister der Templer, Jacques de Molay, verfluchte den König, Papst Clemens und Euren Freund auf dem Scheiterhaufen. Vielleicht möchte Philipp der Lange die Wahrheit über den Tod seines Vaters herausfinden«, sagte ich und bestätigte damit indirekt die Identität der geheimnisvollen Persönlichkeit, welche die Dame so sehr bekümmerte.
»Und er will es wohl liebend gern wissen, sonst hätte er nicht heimlich Schreiben und Dokumente bis zu den Schulen von Toledo gesandt.«
»So ist es«, stimmte ich zu und jagte ihr damit absichtlich noch mehr Angst ein, »und da Ihr
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