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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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es erraten habt, will ich Euch nichts vormachen: Es würde mich nicht wundern, wenn er nicht nur uns um Nachforschungen gebeten hätte.«
    In jener Nacht drehte sich das Herz der ehemaligen Geliebten Nogarets wohl mehrmals im Leib herum. Seit etwa einer Stunde unterhielten wir uns nun schon in ihrer Kutsche, und so groß Paris auch sein mochte, die Wachtposten an der Stadtmauer würden letztlich Verdacht schöpfen, wenn sie uns weiterhin ein ums andere Mal vorbeifahren sähen.
    »Laßt uns einen Pakt schließen, Sire Galcerán de Born. Wenn ich Euch die nötige Auskunft verschaffe, damit Ihr diesen Bericht erfolgreich abschließen könnt, vermögt Ihr dann beim Namen unseres Herrn Jesus Christus zu schwören, daß Ihr mich von aller Verantwortung enthebt und meinen Namen für alle Zeit von jeglichen Verdächtigungen befreit?«
    »Ihr habt ihn umgebracht, Madame Beatrice!« rief ich übertrieben überrascht aus, wohlwissend, daß es nicht stimmte.
    »Nein, ich habe ihn nicht umgebracht! Das kann ich vor Gott beschwören! Doch hege ich begründeten Argwohn, daß man mich dazu benutzte, ihn zu töten, und Eure Gegenwart und alles was Ihr mir erzählt habt, läßt mich glauben, daß die wahren Mörder mich vor dem König schuldig scheinen lassen wollen.«
    »Ich schwöre bei Gott, der Heiligen Jungfrau Maria und meinem eigenen Leben«, sagte ich und legte meine Hand auf die Brust, falls sie es merken sollte, »daß mein Bericht Euch auf alle Ewigkeit von jeglichem Verdacht befreit, wenn Ihr ihn wirklich nicht getötet habt.«
    »Möge Jesus Christus Euch bestrafen, wenn Ihr Euren Schwur brecht«, flüsterte sie mit ernster Stimme zurück.
    »Ich willige ein, Madame. Und nun erzählt, denn Ihr werdet nicht mehr viel Zeit haben, und ich will Euch nicht verlassen, ohne die Wahrheit zu kennen.«
    Beatrice d'Hirson räusperte sich und schob den Vorhang der Tür etwas beiseite, um einen Blick auf die Straße zu werfen, die so dunkel wie das Kutscheninnere vor uns lag.
    »Mein lieber Medikus, Ihr habt keine Ahnung von den Dingen, die am Hof vor sich gehen, von den Verbrechen, den Machenschaften und den Machtkämpfen, die sich jeden Tag innerhalb der Mauern des Schlosses zutragen … Guillaume war ein sehr intelligenter Mann; er und der königliche Berater Enguerrand de Marigny besaßen das volle Vertrauen Philipps IV., man könnte sagen, daß die beiden de facto das Land regierten. Guillaume und ich waren seit der Zeit der Auseinandersetzungen des Königs mit Bonifaz VIII. ein Liebespaar, seit Guillaume nach der Befreiung des Papstes durch die Volkserhebung von Anagni zurückgekehrt war. Was waren das noch für Zeiten! … Ich war damals frisch verwitwet, und er war der mächtigste Mann am Hof.« Sie seufzte melancholisch. »Dann begannen die Schwierigkeiten mit den Templern. Guillaume sagte, man müsse ihnen ein Ende setzen, denn sie würden einen ›verfaulten Staat innerhalb eines gesunden‹ bilden. Er führte den ganzen Feldzug gegen den Orden durch, setzte Molay fest, und er war es auch, der ihn wirklich auf den Scheiterhaufen brachte. An jenem Tag …«, sie hielt einen Augenblick nachdenklich inne, »… an jenem Tag, als Molay starb, schäumte Guillaume vor Wut. ›Sie werden mich umbringen, Beatrice‹, sagte er zu mir vollkommen überzeugt, ›diese Bastarde werden mich umbringen. Ihr Großmeister hat es vor seinem Tod vom Scheiterhaufen herunter angeordnet, und du kannst dir dessen gewiß sein, daß ich nicht mehr länger als ein Jahr zu leben habe.‹ Als dann der Papst starb, verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, das heißt sein mentaler Zustand, erheblich.«
    »Was fehlte ihm?«
    »Er schlief fast nicht mehr. Er tat die ganze Nacht kein Auge zu, weil er arbeitete, und da er nicht zur Ruhe kam, war er immer schlechtgelaunt. Wegen jeder Kleinigkeit brüllte er los. Er ließ in seiner Gegenwart einen Diener Speis und Trank vorkosten, um zu vermeiden, daß man ihn vergiftete, und ohne seine zwölfköpfige Leibgarde ging er nicht auf die Straße. Darüber hinaus war das Reich zu jener Zeit in ernsthaften Schwierigkeiten, am Hof gab es etliche Skandale wegen der Veruntreuung des Staatsvermögens. Adel, Bürgertum und Klerus widersetzten sich der Steuerpolitik des Königs, und es kam zu gefährlichen Allianzen zwischen Burgund, der Normandie und dem Languedoc. Doch nicht genug damit, Machtkämpfe zwischen den Mitgliedern der Königsfamilie waren an der Tagesordnung, und zu allem Unglück war König Philipp

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