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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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doch die Worte unseres Pilgerführers Aimeric Picaud:
    Die Navarreser sind ein barbarisches Volk, das sich von allen Völkern in Gebräuchen und Wesen unterscheidet, voller Bosheit, von schwarzer Farbe, unansehnlich, verrucht, schurkisch, falsch, treulos und korrupt, wollüstig, trunksüchtig, erfahren in Gewalttätigkeiten, unerschrocken und wild, unehrlich und verlogen, gottlos und von rauhen Sitten, grausam und streitsüchtig, kurzum: zu jeglichem Guten unfähig, aber Lastern und der Sündhaftigkeit aufgeschlossen. Es ist dem Volk der Geten und den Sarazenen an Bosheit ebenbürtig, unserem französischen Volk in jeder Beziehung feindlich. Für eine Münze tötet ein Navarreser oder Baske, wenn er kann, einen Franzosen.
    Ich hatte jedoch bisher nur höchst selten so viele Menschen so glücklich vereint erlebt, und auch noch nie eine Stadt gesehen, die sich ausschließlich einem einzigen Ziel verschrieben hatte: der Betreuung und Bewirtung des Pilgers.
    Kaum waren die ersten Häuser von Puente la Reina auszumachen, lenkte ich Jonas' Aufmerksamkeit auf den Kirchturm vor uns: Obwohl er unten quaderförmig begann, lief er an seiner Spitze in einer wunderbaren, zierlichen achteckigen Kuppel aus. Der Junge lächelte mich wissend an. Später erfuhren wir, daß es sich um die Pfarrkirche von Murugarren handelte, Nuestra Señora dels Orzs, die bis zur Auflösung des Ordens den Templern gehört hatte. Offenbar hatte König García VI. diesen östlichen Stadtkern 1142 den Tempelherren geschenkt, unter der Bedingung, daß sie die Pilger propter Amorem Dei aufnahmen. Diese Tradition der Gastfreundlichkeit war dort noch immer tief verwurzelt und lebendig.
    Obwohl alle Pilger, die wie wir die Stadt betraten, zuerst Nuestra Señora dels Orzs aufsuchten, um zu beten, wanderten Jonas und ich zunächst auf der Pilgerstraße weiter. Wir hatten Hunger und wollten uns ausruhen, weshalb wir die Gebete und obligatorischen Kirchenbesuche auf später verschoben und uns zum anderen Ende des Ortes aufmachten, zur Pilgerherberge, die direkt neben einem der beiden Hospitäler der Stadt lag. Wir kamen an der Santiago-Kirche vorbei, die ein reich geschmücktes, von den Mozarabern errichtetes Portal zierte, und gingen dann die Hauptstraße entlang, die von zahlreichen Palästen adliger Familien gesäumt war, deren Wappen die Türstürze krönten. Am Ende der Calle Mayor befand sich die berühmte Brücke, die der Stadt Namen und Ruhm verliehen hatte.
    Nie zuvor hatte ich eine so beachtliche, so anmutige und leichte Brücke gesehen wie die von Puente la Reina. Sie schien wie durch Zauberei von ihren Sockeln emporzustreben, und ihr Bild reflektierte sich so vollkommen im Wasser, daß man nicht unterscheiden konnte, wo die wirkliche Brücke begann und wo ihr Spiegelbild. Sechs weite Bögen über fünf Stützpfeilern mit kleinen Entlastungsbögen ließen den Stein in der Luft schweben und ermöglichten den Jakobspilgern die Überquerung des Río Arga. Königin Doña Mayor, die Gemahlin des Königs von Navarra, Sancho Garcés III. des Großen, hatte die herrliche Brücke errichten lassen. Aber wer war der Brückenbauer gewesen? Selbst wenn ich nie seine wahre Identität erfahren würde, so war er sicherlich ein initiierter Meister gewesen. Und Jonas' großer Scharfsinn enttäuschte mich auch dieses Mal nicht.
    »Was ich nicht verstehe«, sagte er mit gerunzelter Stirn und in unheilvollem Ton, »ist, warum man diese Brücke wie einen steilen Hügel gebaut hat, so daß wir bis zu ihrem höchsten Punkt hinaufgehen müssen, um auch nur das geringste von dem zu sehen, was uns auf der anderen Seite erwartet. Wo wir doch so müde sind!«
    »Diese wunderbare Brücke mit ihren beiden Steigungen ist ein weiteres Symbol der vielen, die wir entlang dem Pilgerweg finden werden. Du solltest ihre Architektur eingehend studieren, um ihre Botschaft zu verstehen.«
    »Wollt Ihr damit sagen, daß man diese schreckliche Rampe mit Absicht errichtete, obwohl man eine bequeme Brücke mit geradem Steg hätte bauen können? Als Strafe für die Wanderer?«
    »Nun ja … dies wird mehr oder weniger ihr Anliegen gewesen sein.«
    »Das kann ich nun wirklich überhaupt nicht nachvollziehen!«
    Ich seufzte. Mein Sohn kannte kein Mittelmaß: Entweder legte er eine erstaunliche Intelligenz und einen unglaublichen Wissensdurst an den Tag, oder aber er verwandelte sich angesichts der unbedeutendsten, körperlichen Unannehmlichkeiten in einen Dummkopf und war dann so schwer von Begriff

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