Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
Vom Netzwerk:
blickte mich der Junge an.
    »Ja, sie war es. Der Franzose hat es mir bestätigt.«
    »Und was führt sie nach Spanien?«
    »Mit Bestimmtheit kann ich das nicht sagen«, erwiderte ich und nahm einen großen Schluck Wein, da meine Kehle sich jetzt staubtrocken anfühlte. »Aber sie ist nur wenige Meilen von hier entfernt. Zwei oder drei Tagesritte, höchstens.«
    »Wollt Ihr sie einholen?« fragte Niemand in neugierigem Tonfall.
    »Wir sind mittellose Pilger und können uns keine Reittiere leisten«, erläuterte ich ihm übelgelaunt.
    »Das läßt sich leicht bewerkstelligen. Ich pilgere nicht mit einem Armutsgelübde, weshalb ich für uns drei Pferde kaufen könnte.«
    »Ihr seid sehr liebenswürdig, aber ich bezweifle, daß Ihr über ausreichende Mittel verfügt«, brachte ich hervor, bestrebt, ihn zu beleidigen. Doch Niemand war kein Ritter, der seine Ehre verteidigen mußte, er hatte noch nicht einmal das Aussehen eines Adeligen oder Edelmanns; er ähnelte vielmehr einem wenig bemittelten Kaufmann.
    »Die Mittel, über die ich verfüge, sind meine Sache, Sire. Es obliegt Euch nicht, darüber zu urteilen. Ich biete Euch die Gelegenheit, Eure Freundin einzuholen. Nehmt Ihr an oder nicht?«
    »Nein. Wir können Eure Großzügigkeit nicht annehmen.«
    »Können wir nicht?« stutzte Jonas.
    »Nein, wir können nicht«, wiederholte ich und sah ihm dabei fest in die Augen, damit er ein für allemal den Mund hielt.
    »Nun, ich wüßte nicht, warum nicht.« Der Alte blieb hartnäckig. »Hinter dem Hospiz von San Pedro gibt es einen ausgezeichneten Reitstall mit hervorragenden Pferden, und ich kenne den Besitzer gut. Er wird uns die gewünschten Tiere zu einem vernünftigen Preis verkaufen.«
    »Seid Ihr sicher, Vater, daß wir wirklich nicht können?« hakte der Junge nach und legte auf das Wort ›Vater‹ solchen Nachdruck, daß es wie ein Messerstich wirkte.
    Ich warf ihm einen mörderischen Blick zu, der jedoch wie ein Pfeil am Wappenschild abprallte. Diesen dummen Novizen würde eine kräftige Abreibung erwarten, wenn wir erst wieder im Hospiz wären.
    »Überlegt es Euch gut, Don Galcerán. Ihr würdet Santiago wesentlich früher erreichen, ohne Euer Armutsgelübde zu brechen.«
    Ich wußte, daß ich es nicht tun sollte; ich wußte, daß ich einen Auftrag zu erfüllen hatte und eine Wallfahrt zu Pferd bedeuten würde, wichtige Spuren zu übersehen; ich wußte, daß Graf Joffroi uns auf den Fersen war und jeden einzelnen unserer Schritte überwachte; und ich wußte, daß ich mich obendrein – was bewegte mich eigentlich dazu, hinter der Jüdin herzulaufen? – noch nie zuvor einem Befehl widersetzt hatte.
    »Nun gut, Niemand, ich nehme Euer Angebot an.«
    Auf Jonas' Gesicht machte sich große Zufriedenheit breit, während der Alte sich mit einem Lächeln vom Tisch erhob.
    »Also, gehen wir. Wir haben gerade noch Zeit, die Tiere zu erstehen und nach Estella aufzubrechen. Dort werden wir die Nacht verbringen.«
    Mir drängte sich der Gedanke auf, daß Niemand zu jenen Menschen zählte, die sich mittels Geschenken und Gefälligkeiten Freunde kaufen, da sie unfähig waren, sie auf andere Art und Weise für sich zu gewinnen. Sobald sie sie aber einmal ›erworben‹ haben (oder dies zumindest glauben), bemächtigen sie sich ihrer Opfer ganz und gar, ja selbst ihres Hab und Guts, bis diese sie schmählich im Stich lassen, da es keine andere Art gibt, sich dieser ermüdenden Beziehungen zu entledigen. Danach dachte ich, daß wir uns in eine tödliche Falle begeben hatten, in der Niemand die Spinne war und Jonas und ich die kleinen, wehrlosen Insekten, die sie zu verspeisen gedachte. Und schließlich kam mir in den Sinn, daß wir keine Zeit hätten, die ehemalige Kirche der Templer Nuestra Señora dels Orzs aufzusuchen, falls wir ihn beim Kauf der Pferde begleiten müßten.
    »Vor unserem Aufbruch müssen wir noch etwas erledigen, Jonas.«
    Der Junge nickte.
    »Was denn?« fragte Niemand ungeduldig.
    »Ein Besuch der Pfarrkirche von Murugarren. Wir können Puente la Reina nicht verlassen, ohne zu Unserer Lieben Frau gebetet zu haben.«
    Im Gesicht des Alten spiegelte sich Verdruß.
    »Ich halte dies nicht für unerläßlich. Es ist nur eine Kirche, eine von vielen. Ihr werdet noch an vielen anderen Orten zur Heiligen Jungfrau beten können.«
    »Es wundert mich, daß ein so alter Pilger wie Ihr so etwas sagt.«
    »Nun, es sollte Euch nicht erstaunen«, erwiderte er unwirsch, doch gleich darauf wurde der Ton seiner Stimme

Weitere Kostenlose Bücher