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iBoy

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Titel: iBoy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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alle Mamasöhnchen. Ben war da nicht anders.
    »Und?«, fragte ich. »Sagst du mir jetzt, was passiert ist? Oder willst du, dass ich mit deiner Mum rede?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich verrat dir keine Namen   –«
    »Nach Namen hab ich auch nicht gefragt. Ich will nur wissen, was passiert ist.«
    »Okay «
, zischte er. »Aber sei leise.«
    Ich starrte ihn an. »Ich warte   …«
    »Hör zu«, flüsterte er. »Mit dem iPhone hatte das nichts zu tun, klar? Nicht so richtig jedenfalls   … ich meine, ich war mit ein paar von den FGH zusammen, als ich’s geklaut hab, aber   –«
    »Den FGH? Was hast du mit denen zu schaffen?«
    »Nichts. Hab nur ein bisschen mit ihnen rumgehangen   …«
    »Ich dachte, du gehörst zu den Crows?«
    »Ja, schon   … aber in letzter Zeit war’s mir zu heftig mit denen, verstehst du   …?«
    »Was meinst du damit?«
    |66| Er zögerte.
    »Was du damit
meinst
, Ben!«, sagte ich.
    Er seufzte. »Sie wollten, dass ich diesen Typen mit dem Messer angreife, verstehst du, zusteche   … keine Ahnung, wieso. Er war weder ein FGH noch sonst was, nur einfach ein Junge   … ich glaub, er hat mal einen von den Crows blöd angemacht, einen Typen namens   …« Er zögerte. »Ach, keine Ahnung   … ich weiß nicht mehr, wen. Auf jeden Fall haben sie mir ein Messer gegeben und gesagt, ich soll ihn mir vorknöpfen. Nicht gleich abstechen oder so, ihm nur einen kleinen Stich ins Bein verpassen   …«
    »Und du hast dich geweigert?«
    »Ja   … weißt du, ich wollte nicht
zustechen
, verdammte Scheiße.« Er sah mich an und auf einmal war er nicht mehr der kalte, harte und gerissene Junge, den er so gern markierte, sondern einfach nur Ben, wie er früher gewesen war. Er schniefte und putzte sich die Nase. »Ich hab ihnen gesagt, ich mach das nicht«, fuhr er fort.
    »Und darum sind sie vorbeigekommen?«, fragte ich ihn. »Weil du gesagt hast, du machst es nicht?«
    Er nickte.
    Ich sah jetzt Tränen in seinen Augen. »Dann sind sie also nach der Schule hergekommen und du hast ihnen die Tür aufgemacht   …?«
    »Ja«, murmelte er und fuhr sich über die Augen. »Ich hatte keine Ahnung   … ich meine, ich hatte überhaupt keine Zeit mehr zum Nachdenken. In dem Moment, als ich die Tür aufmachte, hat mir einer voll ins Gesicht geschlagen und danach haben sie alle bloß noch auf mich eingeprügelt und mir die Scheiße aus dem Leib getreten   … eine ganze Horde. Ich konnte nichts machen   … ich lag nur auf dem Boden und diese Arschlöcher |67| haben mir gegen meinen verdammten Kopf getreten   … An das meiste erinnere ich mich gar nicht mehr. Muss wohl k.o. gegangen sein. Ich hab nicht mal mitgekriegt, was sie mit Lucy gemacht haben, erst später   …« Er schüttelte den Kopf. »Ich
wusste
das nicht, Tom   … ich konnte sie nicht aufhalten.«
    »Ja«, sagte ich. »Ja, ich weiß   … ist nicht deine Schuld.«
    Er schnaubte verächtlich.
    »Du hast es ja nicht getan«, versicherte ich ihm. »
Sie
waren das. Sie sind verantwortlich.«
    »Ja, aber wenn ich nicht   …«
    »So darfst du nicht denken.«
    »Ich tu’s aber andauernd.«
    »Was war mit dem iPhone?«, fragte ich.
    Er schniefte wieder heftig, zog Rotz und Tränen hoch. »Keine Ahnung   … ich glaube, einer von denen hat’s mir aus der Tasche gezogen, nachdem sie mich zusammengeschlagen hatten   … ich weiß nicht genau.« Er zuckte die Schultern. »Ich glaube, sie haben das Ding einfach nur so zum Spaß aus dem Fenster geworfen   …« Zum ersten Mal schaute er jetzt auf meine Kopfwunde. »Ich weiß nicht, wer’s geworfen hat, Tom.«
    »Würdest du’s mir sonst sagen?«
    »Wahrscheinlich nicht, ich meine, du weißt doch, wie das läuft   …«
    »Ja.«
    »Es würde nichts bringen.«
    »Was würde nichts bringen?«
    »Wenn du rauszufinden versuchst, wer es war. Ändert ja doch nichts.«
    »Das sagen alle.«
    »Ja, gut   … aber stimmt doch.«
    Ich sah ihn an, hin- und hergerissen zwischen Mitleid und |68| etwas, das an Verachtung grenzte. Trotz seiner Dämlichkeit, sich überhaupt mit den Crows und den FGH einzulassen, war es nicht
seine
Schuld, dass sie ihn fertiggemacht und seine Schwester vergewaltigt hatten. Und ich konnte nur zu gut verstehen, wieso er keine Namen nennen wollte und fest davon ausging, dass die Typen, die Lucy und ihn überfallen hatten, nicht bestraft würden. Doch er irrte sich, wenn er sagte, dass das sowieso nichts ändern würde. Natürlich würde es das, was ihm und Lucy

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