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Titel: iBoy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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– verzweifelt versuchte, sich aus der Welt zurückzuziehen. Und selbst in dem gedämpften Licht erkannte ich den tiefen Schmerz in ihren Augen, die verblassten Blutergüsse im Gesicht und – mehr als alles andere –
sah
ich, dass sie das Schlimmste durchgemacht hatte, was man sich vorstellen kann.
    Sie war vergewaltigt worden.
    Sie lächelte mir leicht entgegen. »Hey, Tom   … macht’s dir etwas aus, die Tür zu schließen?«
    Ich schloss sie.
    »Entschuldige die Unordnung«, sagte sie und schaute im Zimmer herum. Dann deutete sie auf einen Sessel neben dem Bett. »Setz dich   …«
    Ich ging zu dem Sessel.
    »Entschuldige«, sagte sie wieder, als sie merkte, dass sich |57| Anziehsachen und Bücher auf dem Sessel stapelten. »Ich leg sie   –«
    »Kein Problem«, antwortete ich und nahm ihre Klamotten und Bücher vom Sessel.
    »Entschuldige«, wiederholte sie noch einmal. Sie lächelte ängstlich. »Ich weiß gar nicht, wieso ich mich dauernd entschuldige   …«
    »Wieso entschuldige?«, sagte ich grinsend.
    Sie lächelte nur schwach zurück.
    Ich setzte mich in den Sessel und sah sie an. Ich hatte immer gemocht, wie sie aussah – ihre unordentlichen blonden Haare, ihre schönen blauen Augen, ihren leicht schiefen Mund   … gerade das Schiefe gefiel mir. Es hatte mich immer zum Schmunzeln gebracht. Und was mir noch gefallen hatte, wenn ich mit Lucy zusammen war: Wir hatten uns immer anschauen können, ohne uns dabei unwohl zu fühlen   … wir konnten ganz einfach zusammen sein, uns anschauen, ohne verlegen zu werden. Doch jetzt   … ich merkte, dass Lucy sich dauernd an die Haare fasste und so tat, als wollte sie ihren Pony richten. Wahrscheinlich versuchte sie aber nur, den hässlichen gelben Bluterguss um ihr rechtes Auge zu verdecken. Ich wollte ihr sagen, dass sie es meinetwegen nicht tun müsste, hatte aber Bedenken, ob es richtig war, das zu sagen. Ich meine, wenn sie ihn kaschieren
wollte
, wenn sie sich dadurch besser fühlte, welches Recht hatte ich dann, ihr das auszureden?
    Ehrlich gesagt wusste ich überhaupt nicht,
was
ich ihr sagen sollte.
    Was sagt man einem Mädchen, das vergewaltigt wurde?
    Was
kann
man da sagen?
    »Schon gut«, sagte Lucy leise. »Ich meine   … du weißt ja   …«
    |58| »Ja«, murmelte ich.
    »Was macht dein Kopf?«, fragte sie.
    Instinktiv berührte ich die Wunde. »Ja, alles okay   … tut nicht mal mehr weh.« Ich sah sie an und wollte sie fragen, wie es
ihr
ging   … doch ich wusste nicht, wie. Stattdessen sagte ich, was ziemlich bescheuert war: »Das ist doch nicht dein Zimmer, oder? Ich meine, früher war das immer das Zimmer von deiner Mum   …«
    »Ja«, antwortete sie und schaute sich abwesend um. »Also, eigentlich gehört es auch immer noch Mum. Ich konnte nur   … na ja, weißt du, ich konnte in meinem nicht mehr schlafen.« Sie senkte den Blick. »Da ist es passiert, verstehst du   … da haben   … in meinem Zimmer   …«
    »Ja, klar   …«
    »Ich kann da nicht rein   … jedenfalls noch nicht. Es ist, als wenn   … verstehst du   …« Sie zuckte die Schultern. »Deshalb bin ich jetzt hier.«
    »Es muss schlimm gewesen sein«, sagte ich, ohne nachzudenken. »Ich meine, das, was passiert ist   …«
    »Ja   …«, murmelte sie. »Ja, das war schlimm   …«
    »Entschuldige«, sagte ich schnell. »Ich wollte dich nicht   –«
    »Nein, nein   …«, sagte Lucy. »Ist schon in Ordnung   … ehrlich. Es ist passiert   … und es hat keinen Sinn, so zu tun, als ob es anders wäre.« Sie sah mich an. »Es ist
passiert
, Tom.«
    »Ich weiß   … und es tut mir so leid. Es tut mir so leid, dass es passiert ist, Luce.«
    »Mir auch«, sagte sie traurig.
    »Kannst du   …? Ich meine, willst du   …?«
    »Was? Drüber reden?«
    »Ja.«
    |59| »Wozu? Was nützt das? Ich meine, darüber zu reden ändert doch nichts.«
    »Nein, wohl nicht   …«
    Sie sah mich an und ihre Augen waren jetzt feucht von Tränen. »Ich kann nicht, Tom. Ich kann’s einfach nicht. Ich weiß, ich sollte, aber ich kann’s nicht.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich kann nichts sagen   … du weißt schon, zur Polizei. Ich kann niemandem was sagen. Ich kann’s einfach nicht   …«
    »Ja, ich weiß.«
    Ich stimmte ihr nicht bloß zu, weil es das Einfachste war, sondern weil sie recht hatte. Wenn sie wusste, wer ihre Vergewaltiger waren – und ich war mir ganz sicher, dass sie es wusste   –, wäre ihr Leben nichts mehr wert, sobald sie die Namen

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