Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
iBoy

iBoy

Titel: iBoy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
oder lässt anrufen. Meistens einen von den Jungs.«
    »Welchen Jungs?«
    Er zuckte die Schultern. »Den Jungs eben   … den kleinen Arschgesichtern, die Crows werden wollen.« O’Neil sah mich jetzt wieder ein bisschen zuversichtlicher an. »Den findest du nie, kapierst du? Es sei denn, er will es. Und dann wirst du dir wünschen, du hättest ihn nie gefunden.«
    »Meinst du?«
    Er grinste. »Fuck, du hast echt keine Ahnung, mit wem du dich einlässt. Wenn der rausfindet, was du heute Nacht gemacht hast   –«
    »Wie findet er das raus?«
    O’Neil zögerte einen Moment, dann schüttelte er bloß den Kopf und zuckte wieder die Schultern. Ich hob den Arm und fuhr mit der Handfläche auf sein Gesicht zu. Ich ließ die Energie in meine Haut strömen, spürte, wie sie pulsierte und brannte, sah meine Hand glühen vor Hitze, als ich sie immer näher an O’Neils Gesicht heranführte. Seine Haut rötete sich jetzt, von der Stirn tropfte Schweiß, er brach in Panik aus – spannte den Rücken nach hinten, beugte den Hals und versuchte, von der Hitze wegzukommen.
    »Nein!«, schrie er. »Nein! Bitte nicht   …
bitte
…«
    Ich unterbrach die Bewegung, meine Hand war nur noch Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. »Wie findet Ellman heraus, dass ich hier war?«
    »Er findet’s nicht raus   … ich werd nichts sagen«, stotterte O’Neil. »Ich
versprech’s
… ich werd ihm nichts   –«
    »Doch, wirst du. Denn ich
will
, dass du’s ihm sagst.«
    Dann hörte ich die Sirene. Zuerst leise, doch sehr schnell lauter werdend. Ich stand auf, ging zum Fenster und schaute |167| hinaus. Hinter dem brennenden Golf sah ich die zuckenden Blaulichter zweier Polizeiwagen, die die Crow Lane entlanggerast kamen. Ich war mir sicher, dass niemand aus der Crow Town sie gerufen hatte, schon gar nicht wegen so etwas Belanglosem wie einem brennenden Auto, also nahm ich an, dass sie woandershin unterwegs waren. Doch um auf Nummer sicher zu gehen, schaltete ich mich in die Polizeifunk-Frequenz ein und hackte mich gleichzeitig in das Kommunikationssystem der Polizeistation Southwark Borough. Und ich brauchte weniger als eine Sekunde, um festzustellen, dass ich mich irrte – sie waren
nicht
irgendwo anders hin unterwegs. Sie reagierten auf den Anruf eines Autofahrers, der vor dem Baldwin House ein brennendes Fahrzeug gesehen hatte.
    »Scheiße«, murmelte ich, als die zwei Streifenwagen von der Crow Lane abbogen und mit heulenden Sirenen und zuckenden Blaulichtern auf den Platz zurasten.
    Ich wusste, dass ich da, wo ich steckte, wohl in Sicherheit war. Die Polizei würde wahrscheinlich nur den Golf überprüfen und sich vergewissern, dass nichts Ernsteres vorlag als mal wieder ein brennender Wagen   … danach würden sie bloß warten, bis die Feuerwehr kam und deren Männern den Rest überlassen. Das Letzte, worauf die Polizei morgens um vier Uhr Lust hatte, war, ins Baldwin House einzudringen, an Türen zu klopfen und Leute zu wecken.
    Ja,
wahrscheinlich
war ich dort, wo ich steckte, sicher   …
    In dieser stinkenden Wohnung.
    Umgeben von Drogen und Waffen   …
    Und Drogendealern   …
    Durch Stromschläge mattgesetzte Drogendealer.
    Einer von ihnen an einen Stuhl gefesselt.
    Nein, wurde mir klar,
wahrscheinlich
reichte nicht. Wenn |168| mich die Polizei aus irgendeinem Zufall doch hier fand, würde ich eine Menge zu erklären haben.
    Ich musste weg.
    Ich verließ das Fenster und ging rasch zu dem Tisch in der Mitte des Zimmers. Dort lagen, hoch übereinandergetürmt, durchsichtige Kunststofftütchen – gefüllt mit etwas, das ich für Heroin und Kokain hielt. Ich schnappte mir zwei von jeder Sorte und steckte sie in meine Taschen.
    »Hey!«, rief O’Neil. »Verdammte Scheiße, was machst du?«
    Ich ignorierte ihn, streckte die Hand nach einer kleinen schwarzen Automatik-Pistole aus, nahm sie und schob sie zu den Drogen in meine Tasche.
    Draußen war jetzt das Schlagen von Autotüren zu hören.
    Polizeifunkgeräte quäkten.
    Es war Zeit, zu gehen.
    Ich drehte mich zu O’Neil um und meinte: »Sag Ellman, ich bin hinter ihm her.« Und bevor er antworten konnte, verließ ich das Zimmer, ging über den Flur, öffnete die Wohnungstür und verschwand.
     
    Während ich draußen Richtung Notausgang lief, wählte ich von meinem iHirn aus die 999.
    Sofort ging jemand dran. »Notruf. Was kann ich für Sie tun?«
    »Es hat einen Mord gegeben«, antwortete ich und stieß die Feuertür auf. »In der Wohnung Nummer 6, Baldwin House, Crow

Weitere Kostenlose Bücher