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Titel: iBoy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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hochzuhelfen.
    »Okay?«, fragte ich sie.
    »Ja   …«
    »Mir gefällt übrigens deine Mütze.«
    Sie grinste mich an. »Machst du das immer so, wenn du ein Mädchen beeindrucken willst? Sie erst eine Leiter hochsteigen lassen und ihr dann was Nettes über ihre Mütze sagen?«
    »Meistens funktioniert’s.«
    Als sie das Ende der Leiter erreichte, nahm ich ihre Hand und half ihr durch die Luke aufs Dach.
    »Wow«, sagte sie leise, als sie sich aufrichtete und umschaute. »Das ist ja der
Wahnsinn
. Da kann man ja ewig weit gucken   … ich meine, klar hab ich das alles schon gesehen, aber   …«
    »Es ist was anderes hier, nicht?«
    »Ja   …« Sie sah mich an. »Du steckst echt voller Überraschungen, Tom Harvey.«
    »Ich geb mir Mühe«, antwortete ich.
    Sie lächelte mich an.
    »Hast du Hunger?«, fragte ich.
    »Wieso? Gibt’s hier oben ein Restaurant oder so was?«
    »Das ist ein Picknick, erinnerst du dich? Ich hab dich zu |215| einem Picknick eingeladen.« Und ich zeigte zur Mitte des Dachs. »Siehst du?«
    Sie schaute in die Richtung, in die ich zeigte, und als sie sah, was dort stand, leuchteten plötzlich ihre Augen und auf ihrem Gesicht erschien ein wunderbar strahlendes Lächeln. »O Tom«, rief sie. »Das ist ja
fantastisch
… das ist so
schön
.« Immer noch strahlend wie ein Kind am Weihnachtsmorgen drehte sie sich zu mir um. »Hast du das alles für mich gemacht?«
    Ich schaute zu dem Campingtisch, den ich in die Mitte des Dachs gestellt hatte, und obwohl das Ganze eine ziemlich armselige Angelegenheit war – ein alter Klapptisch mit Stühlen, die ich in der Abstellkammer gefunden hatte, eine rot-weiße Tischdecke, eine Kerze auf einer Untertasse, zwei Pappbecher und -teller, Sandwiches, Chips, eine große Flasche Cola, dazu eine halbe Packung Schokokekse und die Reste eines Früchtekuchens, den Gram in der letzten Woche gebacken hatte   –, musste ich zugeben, dass Lucy recht hatte: Es lag eine schäbige Schönheit darin.
    »Ja«, sagte ich und sah wieder Lucy an. »Ja   … hab ich für dich gemacht.« Ich spürte, wie ich auf einmal rot wurde, doch das war mir egal. »Gefällt’s dir wirklich?«
    Sie legte mir ihre Hand auf die Schulter, beugte sich zu mir und küsste mich leicht auf die Wange. »Ich bin
begeistert
«, sagte sie und schaute mir in die Augen. »Wirklich   … das ist
wunderbar
. Danke, Tom.«
    Sie küsste mich noch einmal, wieder so ein schneller, flüchtiger Kuss auf die Wange, danach standen wir eine Weile da   … nur wir beide, hoch über dem Rest der Welt, gemeinsam allein in dem vergehenden Licht eines purpurnen Sonnenuntergangs   …
    Es war das, was ich mir immer gewünscht hatte.
    |216| Und in diesem Moment zählte nichts anderes.
    Nur wir beide   … nur Lucy und ich.
    So wie es früher gewesen war.
    Lucy lächelte und sagte: »Sollen wir dann mal was essen?«
    Ich verbeugte mich. »Wenn Madame es wünschen. Ein Tisch für zwei, nicht wahr?«
    »Bitte.«
    »Folgen Sie mir, meine Dame.«
    Ich führte sie hinüber zu dem Campingtisch und zog den Stuhl zurück, damit sie sich setzen konnte.
    »Danke, sehr aufmerksam.«
    »Gern geschehen.«
    Ich setzte mich und griff nach der Colaflasche. »Coca-Cola?«
    »Sehr gern.«
    Ich goss einen kleinen Schluck in den Pappbecher und reichte ihn ihr zum Probieren. Sie nahm den Becher, sog den Colageruch in die Nase, schwenkte die Flüssigkeit eine Weile im Becher und nahm dann einen winzigen Schluck.
    »Mmmh   …«, sagte sie. »Köstlich, vielen Dank.«
    Sie hielt mir den Becher entgegen und ich füllte ihn auf. Dann goss ich mir selber ein und danach reichte ich ihr den Teller mit Sandwiches. »Es gibt Käse«, erklärte ich, »oder   … Streichkäse. Oder, wenn Sie das vorziehen, kann ich Ihnen auch unser Sandwich des Tages anbieten.«
    Lucy grinste. »Und was ist da drauf?«
    »Käse.«
    Sie lachte und nahm sich zwei Sandwiches. »Hast du die selbst gemacht?«
    Ich nickte. »Käse ist meine Spezialität. Außerdem war es das Einzige, was ich im Kühlschrank finden konnte.«
    |217| Ich öffnete für sie eine Packung Chips.
    »Käse mit Zwiebeln?«, fragte sie.
    »Yep.«
    »Wunderbar.«
    Die nächsten paar Minuten aßen wir nur. Es war richtig schön   … einfach in der zunehmenden Dunkelheit zu sitzen, zu essen und zu trinken, nicht viel reden zu müssen – und dazu dieses unentwegte alberne Grinsen auf unseren Gesichtern. Langsam wurde die Luft jetzt kühler, ein frischer Wind wehte über das Dach, aber wir

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