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iBoy

iBoy

Titel: iBoy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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hatten ja beide unsere Jacken an, deshalb kümmerte es uns nicht weiter.
    Nach einer Weile hörte Lucy auf zu kauen und sagte: »Und   … was hast du in der letzten Zeit so gemacht? Ich hab dich ja schon länger nicht mehr gesehen.«
    »Ja, ich weiß   … tut mir leid, ich wollte immer mal zu dir hoch, aber dauernd ist mir irgendwelcher Kram dazwischengekommen.«
    »Kram?«
    Ich fasste mir an den Kopf und zuckte vage die Schultern   … was natürlich ziemlich mies von mir war. Aber ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte, ich wollte sie schließlich nicht anlügen   … und irgendwie war ja wirklich der ganze Kram in meinem Kopf daran schuld, dass ich Lucy nicht besucht hatte.
    »Okay   …«, sagte sie, nickte mir mit einem unsicheren Blick zu und steckte sich langsam einen Chip in den Mund. »Okay   … verstehe.«
    Sie kaute eine Zeit lang leise auf dem Chip herum   … was mich völlig verblüffte. Ich meine, wie kann jemand
leise
auf einem Chip herumkauen? Dann sah sie mich an und sagte ganz sanft: »Ist wirklich still hier oben, nicht?«
    |218| »Ja«, stimmte ich zu. »Die ganze Siedlung scheint im Moment ziemlich ruhig.«
    Sie nickte. Für einen kurzen Moment schwieg sie wieder und konzentrierte sich darauf, die letzten Chipskrümel aus der Packung zu fischen. Sie leckte sich den Finger und fuhr mit ihm an den Wänden der Packung entlang, leckte dann die Krümel vom Finger und hielt sich schließlich auch noch die Packung verkehrt herum über den Mund.
    »Fertig?«, fragte ich lächelnd.
    Sie grinste. »Ich vergeude ungern etwas.«
    Ich beobachtete sie, wie sie die leere Chipspackung zusammenfaltete und unter der Colaflasche feststeckte, damit der Wind sie nicht fortwehen konnte. Ein paar Sekunden starrte sie auf die Tischfläche und dachte über etwas nach, dann sah sie zu mir auf.
    »Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?«, fragte sie.
    »Ja   …«
    »Gut   … du weißt doch von dem Ganzen, was in der Siedlung gerade läuft, den Verhaftungen und so weiter?«
    »Ja.«
    »Und du weißt doch auch, dass es jede Menge Gerüchte gibt, da draußen würde so eine Art Rächer rumlaufen   … ein Typ in einem Kostüm.«
    »Ja.«
    Sie sah mich an. »Also   … ich glaube, das ist der Typ, von dem ich dir erzählt hab, der, der sich iBoy nennt. Erinnerst du dich?«
    »Der versucht hat, Eugene O’Neil aus dem Fenster zu werfen?«
    »Ja   …«
    »Der MySpace-Typ?«
    |219| »Ja. Ich glaub, der ist es.«
    »Der ist was?«
    »Der Rächer«, sagte sie ungeduldig. »Der, der die ganzen Sachen hier in der Siedlung gemacht hat. Diese Selbstjustiz-Geschichten. Ich glaub, das ist iBoy.«
    »Echt?«
    »Ja   … ich meine, wir unterhalten uns ziemlich oft auf MySpace, und auch wenn er nicht wirklich
zugegeben
hat, dass er es ist – er hat es auch nicht geleugnet.«
    »Und was willst du damit sagen? Dass du glaubst, dieser iBoy-Typ ist so eine Art Superheld?«
    »Nein, Quatsch. Aber er existiert wirklich. Ich hab ihn
gesehen
. Ich war da, als er O’Neil und die andern per Elektroschock erledigt hat   …« Sie schüttelte bei der Erinnerung ungläubig den Kopf. »Der hat denen so richtig eine gewischt, Tom. Ihnen echte Stromschläge verpasst. Und er hatte
wirklich
eine Art Maske auf   … im Ernst.«
    »Glaub ich dir ja.« Ich schnitt zwei Scheiben von dem Früchtekuchen ab, reichte Lucy die eine und begann, die andere selbst zu essen. »Und was ist er also deiner Meinung nach?«
    »Keine Ahnung   –«
    »Und was glaubst du, wieso er das macht? Denkst du, er tut es für dich, wie eine Art Schutzengel oder so?«
    Sie war gerade dabei, in den Kuchen zu beißen, als sie plötzlich innehielt, den Kuchen sein ließ und mich anstarrte. »Was?«
    »Was?«, echote ich. »Was hab ich denn gesagt?«
    Ihre Stimme war leise. »Wieso glaubst du, er würde das für
mich
tun?«
    »Na ja   … also   … immerhin hat er doch O’Neil, Firman und Craig fertiggemacht, oder?«
    |220| »Ja und?«
    Plötzlich wurde mir klar, dass ich gar nicht wissen durfte, wer Lucy vergewaltigt hatte oder wer dabei gewesen war, als es passierte. Sie hatte es mir nicht erzählt. Ich sah sie an und versuchte, mein Zögern zu verbergen. »Ich wollte nur sagen   … also   … immerhin hat er dir geholfen, als O’Neil und die andern bei dir vor der Tür waren. iBoy meine ich. Er hat dir doch geholfen, oder?«
    »Schon, aber   –«
    »Also, das wollte ich damit nur sagen. Er hat
dir
geholfen und er ist auf MySpace mit
dir
in

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