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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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einen sexuellen Hintergedanken zu hegen. Das besuchte Land zeichnete sich außerdem durch einen hohen Katholikenanteil aus. Und deshalb hätte ich mit meinem Verhalten auch noch deren Umgangsformen missachtet. Besonders einer meiner Vorstandskollegen war vehement in seinen Anschuldigungen gewesen. Denn er, als weltmännisches und vor allem gläubiges Geschöpf, meinte das richtig beurteilen zu können.
    Ich hatte ihn während seiner Vorwürfe ungläubig mit offenem Mund angestarrt. Sein Sinn für Doppelmoral nahm mir den Atem. Der gewaltige Schritt zurück ins frauenfeindliche Mittelalter war erfolgt und in seinen hitzigen Augen schlugen die Flammen hoch. Nach dieser Vorstellung waren Frauen wie zu Zeiten der Inquisition entweder Huren oder Hexen.
    Meine Schilderungen regten meinen Freund richtig auf. »Das ist ja wirklich unglaublich«, sagte er geladen.
    »Ja besonders, weil wir in dem Meeting wichtige Punkte in Bezug auf die Firmenentwicklung besprechen wollten. Aber dann standen, wie aus der Luft gegriffen, nur noch meine angeblichen moralischen Fehltritte auf der Agenda. Die Reise mit meiner Mitarbeiterin lag zu dem Zeitpunkt bereits Monate zurück, ohne dass die Kollegen jemals zuvor etwas angedeutet hatten.«
    »Eine Affäre mit einer Mitarbeiterin. Auf etwas Geistreicheres sind sie nicht gekommen?« Mein Freund schüttelte ungläubig den Kopf, weil er mich, aber auch Birte kannte. Er konnte mein angedichtetes Verhältnis auch nur als ganz schlechten Scherz verstehen.
    »Heute, mit Abstand betrachtet, klingt es wirklich komisch. Aber zu der Zeit leider überhaupt nicht. Außerdem knallten sie mir dann noch alles vor die Füße, was ich jemals gemacht hatte, frei nach dem Prinzip: Was ich Ihnen schon immer mal sagen wollte. Auf jahrelanger Arbeit sind sie schließlich herumgetrampelt und haben sie innerhalb von zwei Stunden zunichte gemacht. Es war keine Wäsche zu dreckig, als dass sie nicht noch mal durch die Pfütze gezogen werden konnte. Dabei waren es nur persönliche Angriffe, die mit fachlicher Auseinandersetzung nichts mehr zu tun hatten.«
    Ich erinnerte mich, wie ich mich während der Anfeindungen gefühlt hatte: An die unbeschreibliche Hitze, die durch meine Kehle nach oben in den Kopf gekrochen war. Mein Schädel kam mir zum Explodieren heiß vor. Selbst sie hätten aus der Entfernung mein rasendes Herz hören müssen. Es arbeitete, obwohl ich das Gefühl hatte, alles um mich herum würde still stehen.
    Ich war irgendwann mit weichen Knien von meinem Stuhl aufgestanden und hatte meine Unterlagen zusammengerafft, die von Anfang an keine Rolle spielen sollten. Ohne ein weiteres Wort war ich aus dem Raum und den endlosen Gang zu meinem Büro gegangen. Meinen Blick hatte ich auf den Boden geheftet und den entgegenkommenden Menschen nickte ich nur kurz zu. Ich vertröstete andere mit einem »Bitte später«, ohne eine Sekunde anzuhalten. Mein Kopf fühlte sich glühendheiß an, meine Augen waren wässrig und selbst der Anzug war durchgeschwitzt. Auch meiner Assistentin konnte ich nicht in die Augen schauen und hatte mit den Worten »Ich möchte bitte nicht gestört werden« die Bürotür geschlossen.
    Danach war ich wie ferngesteuert zum Fenster gegangen, um es ganz zu öffnen. Die kühle Luft sog ich wie ein Ertrinkender ein. Ich hatte das Gefühl, überhaupt nicht mehr geatmet zu haben. Durch tiefes Ausatmen versuchte ich, die Anspannung und aufgestauten Empfindungen loszuwerden. Dabei rang ich um Fassung, was mich den letzten Rest meiner Energie gekostet hatte.
     
    Der Kellner kam zu uns an den Tisch. Unser Essen wurde serviert und wir unterbrachen unser Gespräch. Mein Freund und ich schauten uns nachdenklich an, während der zuvorkommende Keller alles an die richtige Stelle platzierte. Nachdem er unseren Tisch wieder verlassen hatte, nahm ich mein Glas in die Hand und prostete meinem Freund zu. »Schön, dass wir uns sehen.«
    Er tat es mir nach und trank ebenfalls einen großen Schluck.
    Das Essen schmeckte so hervorragend, wie es duftete, aussah und angerichtet war.
    Nach einer Weile nahm mein Freund den Faden des Gesprächs wieder auf. »Das Schlimme ist, dass man bei solchen unsachlichen Angriffen, die fernab jeglicher Grundlage sind, völlig hilflos ist.«
    »Stimmt. Ich empfand es als schreiend ungerecht, in diesen großen Topf »Männer auf Businessreise« geworfen zu werden. Du weißt schon, welche Klischees ich damit erfüllen sollte, oder?«
    »Ja, die Art von Alphatieren, die sich im

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