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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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Kulturen begeistern, auch in Peru, in das wir nach Ecuador gereist waren.
     
    Birte und ich hatten uns in Peru entschlossen eine Wanderung in der »Cordillera Blanca«, der höchsten Gebirgskette des Kontinents zu unternehmen. Sie lag fünfhundert Kilometer nördlich von Lima. Zufällig lernten wir dort einen Peruaner kennen, der beruflich Touristenführer war und die Wanderung auf dem Santa-Cruz-Trail mit zwei Freunden plante. Dieser Gruppe schlossen wir uns für vier Tage an. Die Ausrüstung, wie Lebensmittel und ein Küchenzelt, war auf treu aussehende Packesel geschnallt worden und wirkte auf den Arbeitstieren natürlich. Unsere großen Rucksäcke trugen Birte und ich selbst.
    Bei unserer Fußreise in der Cordillera Blanca im Huascarán-Nationalpark tauchten wir auf schmalen Trampelpfaden in eine fantastische Gebirgswelt ein. Die Luft der Anden war diamantenklar und die Farben brillant, wie bei einem gestochen scharfen Foto. Alles musste langsam geschehen, denn sauerstoffgeschwängert war die Andenluft nicht. Aber im langsamen »Ochsengang« ließ sich sowieso alles besser entdecken: Wir sahen Berggipfel, die von Eis gepanzert in der Sonne glitzerten. Dicke Eisschichten überzogen das graue Felsmassiv. Die feuchten Luftmassen der Tropen, die den Weg über die hohen Berge nicht schafften, legten sich als Schneeflocken auf ihnen nieder. Sie waren die Ursache für die besonderen Eis- und Schneeformationen, die dem weißen, heruntergelaufenen Zuckerguss eines Lebkuchenhauses glichen. Mehrere tausend Meter hohe, vergletscherte Felsriesen mit dicken Schneewechten bildeten die Kulisse unserer Wanderung. Wunderschöne Wolkenformationen versuchten an den hohen Bergen vorbei zu ziehen und schleppten ihre Schatten geisterhaft über den Schnee hinter sich her. Einige klebten regelrecht am Zuckerguss der Berge fest.
    Die Cordillera Blanca gehörte in unseren Augen zu den schönsten Flecken auf unserer Reise. Ein Dauergrinsen hatte sich mit jedem Schritt der Wanderung tiefer in unser Gesicht gemeißelt. Dies war einer der Momente, in dem wir wieder einige der wesentlichen Dinge für unser Leben spürten: körperliche Bewegung und die Nähe zur Natur.
     
    Es hatte unterwegs leicht zu nieseln begonnen. Aus der Ferne kam uns eine andere Gruppe entgegen, die von einem jungen Touristen angeführt wurde. Als er in unserer unmittelbaren Nähe war, verrieten seine Augen gelangweiltes Desinteresse und Nullbock auf gar nichts. Ihn schien der Anblick der Landschaft ziemlich unbeeindruckt zu lassen. In einer Hand trug er einen schwarzen Regenschirm. Einen, der per Druck ruckartig aufsprang und diese Bewegung vor einigen Minuten vollbracht hatte. Sein trockenes Haar schwang wie in der Drei-Wetter-Taft-Werbung unter seinem Schirm. Ansonsten trug er nichts bei sich. Er merkte wohl selbst, dass sein Erscheinungsbild als Wanderer reichlich komisch wirkte.
    »Birte, ich träume, oder?«, blieb ich fragend auf dem Pfad stehen.
    Sie blieb ebenfalls stehen. »Eine lustige Fata Morgana.«
    Ich erwachte aus meiner Schreckstarre und hielt auch schon den kleinen Fotoapparat in den Händen. »Das ist doch ein Foto wert. Was um Himmelswillen hat denn den in die Berge verschlagen?«, staunte ich lachend. Ich drückte auf den Auslöser meines Fotoapparates und nahm einen mürrisch guckenden Briten um die Zwanzig auf. Er sah nun so genervt aus, als würde er am liebsten den digitalen Beweis löschen wollen. Ich stellte mir in Gedanken vor, wie er seinen Kumpels zuhause von der angeblich lebensgefährlichen, halsbrecherischen und abenteuerlichen Wanderung durch die Anden berichtete. Alles total dramatisch und körperlich so anstrengend. Es erfreute ihn nicht, dass seine coole Wanderung durch die Anden doch nur als nasser Spaziergang ohne Gepäck enttarnt wurde.
    Seine restliche Gruppe folgte ihm auf den Fuß und sah ebenso gepäcklos genervt aus. Negative Stimmung war wohl ansteckend.
    Mit einem freundlichen »Hola« und einem noch verständlicherem »Hi« ließen wir sie alle passieren, wobei sie sich über unseren glücklichen Gesichtsausdruck zu wundern schienen.
    Sie selbst sahen wie kleine, genervte Kinder aus, deren Eltern sie gerade in den Schulferien über bayerische Wanderwege scheuchten. Sie suhlten sich in ihrem selbst gemachten Elend aus Selbstüberschätzung, indem sie laut stöhnten, eine Flappe zogen, unmotiviert einen Schritt vor den nächsten setzten, die Schulter hängen ließen und einen abwesenden Blick aufsetzten. Sie kämpften

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