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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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trotz des Mittagessens, das ich mir appetitlos aufgezwungen hatte. Ein bekanntes Unwohlsein hatte sich wieder bei mir eingeschlichen. Mein Herzschlag erhöhte sich, ich wurde aufgeregt und hatte das Gefühl, mein Körper machte sich für den Kampf oder die Flucht bereit. Ich schob das merkwürdige Gefühl beiseite und fing ohne Umschweife mit meiner Präsentation über die neuen Projekte an. Ich wollte damit wohl mein Unbehagen verdrängen und das Meeting schnell hinter mich bringen. Außerdem konnte ich es mir nicht leisten, in endlosen Meetings Zeit zu vergeuden. Der Schreibtisch lag voll.
    Mitten in meiner Präsentation begannen die anderen, wild auf mich einzureden. Der mir entgegen gebrachte verbale Wind nahm Orkanstärke an. Ich hatte für meine Projekte Anerkennung, Zustimmung und Unterstützung erwartet und erntete genau das Gegenteil. Ich versuchte mich auf den Beinen zu halten, zu argumentieren, mich positiv an den anderen Meinungen zu reiben, aber es war aussichtslos. Es fand ein verbales Gefecht gegen mich statt und in allen Punkten schienen sie geschlossen anderer Meinung zu sein.
    »Das war damals bei mir genauso«, bekräftigte mein Freund meine Erlebnisse. »Es ging nicht um die Sache, sondern nur noch um Eitelkeiten und natürlich um den finanziellen Bonus jedes Einzelnen. Jeder versuchte, dass meiste für sich ganz persönlich herauszuholen.«
    Mittlerweile konnte ich schon distanzierter auf vieles zurückschauen. Es bewegte mich trotzdem immer noch sehr. »Sie wollten mir ein Verhältnis mit einer Mitarbeiterin anhängen«, erzählte ich ihm.
    Mein Freund fiel aus allen Wolken. »Das glaub ich ja wohl nicht.«
    Ich nickte und sagte: »Wörtlich musste ich mir anhören, ›Sie bumsen ihre Mitarbeiterin‹.«
    Ich erinnerte mich daran zurück, wie in dem Vorstandsmeeting die wirtschaftlichen Fakten, Entwicklungsprognosen und Analyseauswertungen einfach beiseite geschoben worden waren. Darüber hatten sie mich nicht angreifen können. Sie fuhren daraufhin andere Geschütze auf und ihr Angriff setzte unter der Gürtellinie an.
    Das unmissverständliche und vulgäre Niveau widerte auch meinen Freund an. »Sie haben nicht wirklich BUMSEN gesagt?«
    »Doch!«
    Das Wort hatte völlig deplatziert im Sitzungszimmer gehangen, dachte ich zurück. Bumsen, ausgesprochen mit einem weichen S. Ein Ausdruck, wie ältere Leute ihn in den Mund nehmen würden, wenn sie es denn überhaupt täten. Ein Wort für den Fußballplatz einer Dorfkickermannschaft wie auch für einen Bundesligisten. Eine Nutte besprach ihre Dienstleistung mit dem Freier in den rot beleuchteten Häusereingängen mit diesem Wort. Pubertierende Jungs benutzen es, rotzten das Wort wie Speichel auf den Fußweg, wenn sie im Dunstkreis ihrer Freunde vom jugendlichen Austausch von Körpersäften sprachen.
    Ich war damals von der vulgären Art schockiert gewesen, denn ich war kein pickliger Pubertierender mehr, stand auch nicht mit einer Bierpulle feiernd herum oder ließ mich von der Seite anpöbeln. Ich war im Job und trug in dieser Gesprächsrunde einen Anzug mit gebügeltem Hemd. Meine Lederschuhe glänzten frisch geputzt unter dem Besprechungstisch und trotzdem hatte ich mich beschmutzt gefühlt. Sie hatten einen mit Dreck gefüllten Eimer über mir ausgekippt. Verleumderisch wurde ich an einem Ort angegriffen, an dem ich darauf nicht vorbereit gewesen war.
    Mein Freund faltete nachdenklich an seiner Serviette herum. »Weiß du, was mich betroffen macht? Ich habe das Gefühl, dass die ungeschriebenen Spielregeln unserer sozialen Spezies keine Bedeutung mehr zu besitzen scheinen. Die unsichtbaren, moralischen Grenzen werden überschritten, obwohl sie doch in unserem natürlichen Empfinden existieren müssten.« Er machte eine Pause und sagte mit Nachdruck: »Man kann sich im Job viel um die Ohren hauen, aber einiges unter keinen Umständen. Niemals!«
    »Ich weiß«, stimmte ich ihm zu. »Außerdem war ich zu der Zeit schon dünnhäutig und kraftlos gewesen. Ich konnte mich kaum wehren, was sie mir sicherlich angesehen hatten. Es war kurz vor meinem Zusammenbruch gewesen, kurz vor der ärztlichen Diagnose Burn-out.«
    Ich erzählte mit welcher Begründung meine Kollegen die sexuelle Unterstellung vorgebracht hatten: Ich hatte für ein Projekt in Südeuropa eine Mitarbeiterin eingebunden, weshalb sie mich selbstverständlich auf die Geschäftsreise dorthin begleitete. Das machte man(n) nicht! Nach Einschätzung meiner Kollegen ging das nicht, ohne

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