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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

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Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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    Ingo schaute mich an und wedelte wild mit der Hand vor meinen Augen. »Hast du mir überhaupt zugehört? Erde an Birte.« Er funkelte mich an, weil er wusste, dass ich es nicht getan hatte.
    »Entschuldigung, ich war wohl mit meinen Gedanken woanders.« Ich gab meine Unaufmerksamkeit ehrlich zu, dieses Mal konnte ich mich nicht herausreden.
    »Ich habe dir gerade von meinem heutigen Fahrradausflug erzählt.« Er zog die Unterlippe nach vorn und gab vor zu schmollen.
    Was er aber nicht wirklich tat, ich kannte ihn besser. »Ich weiß, wie schön das Fahrradfahren für dich war. Ich sehe es dir doch an.«
    Dabei schaute ich in Ingos strahlendes Gesicht. Auch ohne seine Erzählung, wusste ich, dass er etwas sehr Wichtiges wiederentdeckt hatte.
     
     
    Birte Gesundheit Altiplano Minenstadt Potosí Silber Staub Dunkelheit Koka Alkohol Explosionen Schmerzen Lungen Krankheit Tod | freigelassen Bolivien Frühling auf der Südhalbkugel
    W ir waren in Bolivien. Mittlerweile hatten wir uns durch die langen Aufenthalte in den Andenregionen in Höhen zwischen dreitausend und über fünftausend Meter akklimatisiert. Aber wir konnten uns noch immer nicht daran gewöhnen, dass in der Höhe Wasser nicht erst bei hundert Grad Celsius zu kochen begann und Eier im sprudelnden Wasser nach zehn Minuten noch immer flüssig zerliefen. Auch die gegen den Uhrzeigersinn verlaufende Sonne auf der Südhalbkugel konnten wir nicht verinnerlichen. Die Sonne stand immer da, wo wir sie gerade nicht erwarteten.
    Uns faszinierte besonders die zwischen zwei Gebirgsketten und oberhalb von dreitausendsechshundert Meter liegende Hochebene – der raue Altiplano. Hier in der unendlichen, fast menschenleeren Weite Boliviens spürten wir die vollkommene Ruhe. Sie kroch in jede Zelle des Körpers. Den gelesenen Ausspruch: Nur wer Stille liebt, kann hören lernen, verstanden wir hier.
    Häufig versanken wir sprachlos in der unbeschreiblichen Schönheit des Landes. Es gab viele Momente in Bolivien, in denen wir vor Glück platzen konnten, vor Ehrfurcht regelrecht verstummten oder uns Tränen der Rührung aus den Augen wischen mussten: Der »Salar de Uyuni«, der größten Salzsee der Welt zählte dazu, wie auch der wunderschöne Titicacasee auf dem Altiplano oder der »Eduardo Alvaroa Nationalpark« mit der »Laguna Colorada«. Es waren unvergleichbare Farbenspiele in einer glasklaren Luft mit stahlblauem Himmel, blutroter Lagune, maigrüner Moose, kakaobrauner Felsen, schneeweißem Salz und kitschig pinken Flamingos.
    Und nach dem Sonnenuntergang wurde die Schönheit des Tages von der Einzigartigkeit der Nacht abgelöst. Millionenfache Sterne funkelten in der absoluten Dunkelheit. Der gesamte Himmel war von ihnen überzogen, bis runter zum Horizont. Sie hingen so dicht über unseren Köpfen, als wären sie zum Greifen nah.
     
    Wir freuten uns, die Einwohner der bolivianischen Hochebene mit ihrer andinen Kultur kennenzulernen. Auf unserem Weg durch ihre Heimat nahmen sie uns mehr als einmal in ihre feiernde Mitte. Wir Blondhaarigen stachen mit unserer Größe unübersehbar aus der Menge heraus und wurden häufig lachend umringt und neugierig beäugt. Umgekehrte Rollenverteilung, denn in den abgelegenen Orten waren nicht nur sie für uns etwas Besonderes, sondern wir auch für sie.
    In diesen unbeschwerten Momenten konnte man fast die Realität des harten Alltags der Einheimischen vergessen. Die Frage »Habt ihr etwas gegen Schmerzen« holte uns jedoch schnell wieder aus unserer romantisierten Schwärmerei in das Entwicklungsland zurück.
    Für die Mehrzahl der Bolivianer gab es das Rundrum-Sorglos-Paket einer Krankenversicherung nicht. Sie besaßen auch kein Geld für medizinische Behandlungen. Alltägliche Gesundheit fing dort an, wo die Mägen nicht leer schmerzten, sie ein Dach über dem Kopf ihr Eigen nennen konnten und sauberes Trinkwasser half, gesund zu bleiben.
    In Gesprächen mit Einheimischen nannten sie uns stolz die hohe Anzahl ihrer geborenen Kinder und schoben im Nebensatz ein, wie viele davon noch lebten.
    Viele Bolivianer waren von der medizinischen Versorgung abgeschnitten. Im Notfall waren die Wege weit und beschwerlich. Bereits leichte Gebrechen oder geringfügige Krankheiten führten oft zum Tod oder verschlimmerten sich rapide, weil sie gar nicht oder nicht rechtzeitig behandelt werden konnten. Es gab geringe Chancen der Heilung, wenn das Leben erst einmal von schwerer Krankheit befallen war. Die eigenen

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