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Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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bitten?«
    Cassie grinste. »Aber mit dem größten Vergnügen, Eure Königliche Bärenhoheit.« Sie legte ihre Hand in seine riesige Pfote, wo sie kaum zu sehen war. »Fall bloß nicht auf mich drauf«, ordnete sie an. Seine Schulter konnte sie mit der anderen Hand nicht erreichen, also entschied sie sich dafür, sie ihm auf den Unterarm zu legen. Tief versanken ihre Finger in dem cremig weißen Fell.
    Bär führte sie in Kreisen behutsam durch den Ballsaal. Seine Tatze bedeckte ihren halben Rücken. Sie tanzten in völliger Stille. Drüben hinter dem Garten der Eisskulpturen glühte der Horizont in einem satten Bernsteingelb. Warmes Orange ergoss sich über das Eis. Es war … Das Wort, das ihr von einer Sekunde zur anderen in den Sinn kam, lautete ›romantisch‹. Er drehte sie, und ihr wurde leicht schwindlig, obwohl sie fest auf sein Fell blickte.
    Ich bin glücklich hier , wurde ihr plötzlich klar, und sie hatte mit einem Mal das Gefühl, am Rand einer Klippe zu stehen, hoch über dem Meer. »Wir brauchen Musik«, sagte sie, um diese Stimmung zu durchbrechen.
    »Ich könnte für dich singen.«
    »Du singst?«
    »Nein.«
    Sie lächelte breit. Er bog sie nach hinten. Ich bin glücklich hier wegen Bär , dachte sie. Sie erblickte das goldene Licht, und ihr kamen die Tränen. Er zog sie wieder nach oben. »Die Sonne«, sagte sie schnell, um das feuchte Schimmern in ihren Augen zu erklären.
    »Es ist ihr letztes Licht«, sagte Bär.
    Bestürzt stolperte Cassie über die eigenen Füße. Er gab ihr Halt. Wie hatte sie nur so lange hierbleiben können? Dachte ihr Vater womöglich, es sei ihr etwas zugestoßen? Und Gram? Und ihre Mutter? Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte jetzt nicht an ihre Mutter denken, nicht, während das Licht verschwand. Sie hatte das schon immer geliebt: die letzten Strahlen der Sonne vor der langen Polarnacht.
    »Komm mit mir«, sagte Bär. Er ließ sich auf alle viere nieder und trottete aus dem Ballsaal.
    »Willst du es dir denn nicht ansehen?«, rief sie ihm nach.
    »Willst du denn keine bessere Aussicht haben?«, rief er zurück.
    Grinsend lief Cassie ihm nach. Sie war erst ein paarmal oben auf den Türmen gewesen. Bär mochte die engen, steilen Treppen nicht besonders. Einer seiner Vorgänger hatte sie für Menschen angelegt, nicht für Bären. Er fand es unangenehm, sich dort hinaufzuzwängen. Tagelang hatte sie ihn damit aufgezogen, aber heute spottete sie nicht darüber. Heute fühlte sich alles anders an. Vielleicht lag es daran, dass das Licht verschwand. Vielleicht lag es am Tanzen.
    Bär quetschte sich in die enge Spirale und arbeitete sich Stück für Stück hinauf. Schließlich traten sie auf einen Balkon hinaus, und Cassie ging ganz nach vorn, an die kunstvoll geschwungene Brüstung. »Sei vorsichtig!«, warnte Bär.
    Doch statt auf ihn zu hören, beugte sie sich über die Schranke aus Eis, soweit sie konnte. »Sieh doch nur«, meinte sie atemlos.
    Vor ihr breitete sich die Arktis aus. Ganz in Gold und Silber getaucht, wirkte sie wie ein unermesslich großer Schatz. Darüber erstreckte sich, endlos weit und in einem leuchtenden Tiefblau, der Himmel. Längliche Fetzen rosafarbener Wolken verblassten nach und nach, schmolzen hinein in das dunkler und dunkler werdende Blau, sprenkelten das eisige Azur mit einem leicht helleren Ton.
    »Dreh dich nicht um«, sagte er – und es war eine menschliche Stimme, die sprach. Weicher und dünner. Cassie hatte sie nur ein einziges Mal gehört, und doch erkannte sie sie sofort. Sie versteifte sich, ein kleiner Schauer lief ihr über den Rücken. Er legte seine Arme um ihre Taille. Sie legte ihre Hände auf seine, und es fühlte sich vollkommen natürlich an. Sie tat es, ohne überhaupt darüber nachzudenken. So standen sie, beide dem Horizont zugewandt, und sahen zu, wie der letzte Tropfen Gold in der Bläue verschwand. Dann gab er sie frei. Als sie sich umdrehte, war er wieder Bär.
    »Bär … «, begann sie. Ihr Rücken fühlte sich auf einmal ganz kalt an. Wind blies ihr die Haare ins Gesicht. Sie strich sich die Strähnen aus den Augen.
    »Ich freue mich auf morgen«, sagte er. Es war derselbe Satz, den er jede Nacht zu ihr sagte, bevor er sie allein ließ.
    Wo schlief er denn eigentlich? Sie hatte ihn nie danach gefragt. Vielleicht ging er ja hinaus aufs Eis oder in den Garten oder in einen der anderen glitzernden Räume. Er hatte einmal erwähnt, sie schliefe in seinem Zimmer. »Bleib!«, sagte sie.
    Er schaute sie an. Cassie sah,

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