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Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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nicht mehr gesehen, seit ich mich um die Eisbären kümmere.«
    Er wandte sein Gesicht ab, als studierte er die mitten im Sprudeln erstarrte Fontäne. Sie versuchte, sich vorzustellen, wie oder was er gewesen war, bevor er König der Eisbären wurde. »Du warst nicht immer ein Bär?«
    »Das Kind eines Munaqsri muss sich ganz bewusst dafür entscheiden, diese Macht und Verantwortung anzunehmen«, sagte er. »Er oder sie wird dann von einem höheren Munaqsri einer bestimmten Spezies zugeteilt.«
    »Also hast du dich bewusst entschieden, ein Munaqsri zu werden? Du hattest eine Wahl?« Sie konnte nicht sagen, warum sie diese Frage wichtig fand, aber es war so.
    »Ich wurde gebraucht«, sagte er. »Alles auf der Welt – Bären, Vögel, Insekten, Flüsse, Meere – braucht einen eigenen Munaqsri, um fortbestehen zu können. Die meisten Arten haben sogar mehrere. Menschen, zum Beispiel, brauchen Hunderte. Und Käfer sogar noch viel mehr. Eisbären benötigen nur einen, weil ihre Population klein ist. Trotzdem sind wir zu wenige. Munaqsri haben nur selten Kinder, und die Welt braucht jeden einzelnen von uns, dringend.«
    Das hörte sich nicht so an, als ob er wirklich eine Wahl gehabt hätte.
    Mit leiser Stimme fuhr der Eisbärkönig fort: »Es stimmt, ich habe es meinem Vater tatsächlich übel genommen, dass er mir keine echte Wahl gelassen hat. Ein Munaqsri zu sein bedeutet … Wir halten die Welt am Laufen, aber wir sind nicht wirklich ein Teil von ihr.«
    Das Leben auf einer Forschungsstation war auch nicht gerade ein normales. Cassie schüttelte den Kopf. Kaum zu glauben, aber sie empfand Mitgefühl für ihn. Konnte es wirklich sein, dass sie einige Dinge gemeinsam hatten?
    »Du musst Hunger haben«, warf er abrupt ein, als hätte er zu viel geredet.
    Auf einer anderen Wendeltreppe führte er sie wieder hinunter in den Bankettsaal, und auf sein Zeichen hin brachte die Tafel ein neues Festmahl hervor. Es ging auf wie eine Blume. Blütenknospen gleich entfalteten sich Schalen mit Früchten. Ein Stängel schoss in die Höhe, und an seiner Spitze erblühte ein Korb mit Brot und Gebäck. Er riss sich los und schwebte auf Cassie zu. Wie gebannt starrte sie ihn an und ging ein paar Schritte rückwärts.
    »Hab keine Angst«, sagte der Bär. Er klang amüsiert.
    Der Korb schüttelte sich, als wäre er ungeduldig, und die kleinen Gebäckstücke rollten umher. Cassie versteifte sich. Dann nahm sie ein Croissant. Sie hatte keine Angst. Sie hatte nur noch nie fliegende Speisen gegessen. Der Bär nahm sich mit seiner gewaltigen Pranke einen Muffin.
    Behutsam ließ sich Cassie auf dem Eisthron nieder, der viel zu groß für sie war. Ihre Zehenspitzen berührten gerade so den Fußboden. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie klein und machtlos sie inmitten all dieser makellosen Vollkommenheit war.
    Von den Speisen stieg ein köstlicher Duft auf. Ihr Magen begann zu knurren. Das Wasser lief ihr im Munde zusammen, und sie leckte sich über die Lippen. Noch nie hatte sie so viel Essen auf einmal gesehen. Alles wirkte so köstlich. Im Stillen tadelte sie sich selbst. Das Unmögliche war geschehen, geschah immer noch , und ihre Reaktion darauf war Hunger . Vielleicht gewöhnte sie sich ja langsam an all die Merkwürdigkeiten. Oder zumindest tat ihr Magen das. Sie langte nach einem dampfenden Teller mit Karotten in weißer Soße.
    Stille breitete sich aus, nur unterbrochen vom Klirren und Klimpern der Speisen, die sich selbst servierten und dabei ab und zu aneinanderstießen. Cassie versuchte sich vorzustellen, wie sich ihre Mutter auf der Station an einen Esstisch setzte. Sie sah sie vor sich, in der Hand Cassies Lieblingstasse, während Owen Eierkuchen wendete, und sie sah sich selbst, vier Jahre alt, wie sie neben ihr am Tisch saß. Und wieder fingen ihre Augen an zu brennen.
    Sie versuchte, sich eine Frage auszudenken, eine harmlose Frage, die ihr wenigstens ein klein bisschen Kontrolle zurückgab. Dann fragte sie so fröhlich und leichthin, wie sie nur irgend konnte: »Also. Wie warst du denn so als Bärenjunges?«
    »Sehr menschlich«, sagte er trocken.
    Fast musste sie lächeln. Er hatte wirklich Sinn für Humor.
    »Meine Kindheit …« Er hielt inne und betrachtete sie eingehend, als ob er seine Antwort sorgfältig abwägen müsste. »Meine Kindheit liegt schon viele Jahre zurück«, sagte er schließlich. »Ich bin älter, als ich aussehe. Einige Jahrhunderte älter.«
    Einige Jahrhunderte? Sie versuchte, die Information zu

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