Ice Ship - Tödliche Fracht
du darfst dir von Zeit zu Zeit mein Gesteinshämmerchen ausleihen.« Ihre Lippen trafen sich zu einem leidenschaftlichen Kuss. Sie beide nahmen kaum wahr, dass die Rolvaag schlingerte, in ein Wellental geschleudert wurde und sich steil wieder aufrichtete. Bis McFarlane sich plötzlich aus der Umarmung löste und zurücklehnte. In die ungestüme Melodie des Sturms und das Ächzen und Knacken aus dem Tankraum mischte sich ein anderes, sehr eigenartiges Geräusch. Es hörte sich wie ein helles Singen an, schrill und laut wie ein Schuss. Und dann wieder. Rachel und er sahen sich an. Die Geräusche hörten auf, doch sie hallten ihnen noch in den Ohren wider. Erschrocken hielten sie den Atem an und lauschten. Und da war es wieder – es kam eindeutig von unten, von der Halterung des Meteoriten. Bei jeder Welle, die das Schiff traf, und jeder Schlingerbewegung wurde es beängstigend lauter. Und dann konnte es keine Zweifel mehr gaben: zwanzig Meter unter ihnen, wo der Meteorit in seinem Bett aus Stahl und Holz ruhte, bahnte sich eine Katastrophe an. Holz splitterte, Nieten wurden abgesprengt, Schweißnähte brachen ...
Rolvaag
15.30 Uhr
Britton sah die erste Granate scheinbar gemächlich in einem leichten Bogen über das aufgewühlte Meer trudeln und in einem grellen Lichtblitz weit hinter dem Heck des Tankers verglühen. Kaum eine Sekunde später folgte die zweite – ebenfalls zu kurz. Lloyd stürzte ans Fenster. »Großer Gott, ist das denn zu fassen? Dieser verdammte Idiot feuert auf uns!« »Leuchtspur«, sagte Glinn. »Sie schießen sich ein.« Lloyds Lippen wurden zu einem schmalen Strich. »Mr. Howell, Ruder hart backbord«, wies Britton den Ersten Offizier an, als die nächsten beiden Granaten hochgingen. Das Feuer lag weiter zu kurz, aber es kam näher. Alle starrten durch die nach achtern gelegenen Scheiben. Der Zerstörer feuerte Salve um Salve ab, wobei die Leuchtspurmarkierung jedes Mal ein Stück näher rückte. Und schließlich detonierte eine Granate direkt über ihnen – der Nachthimmel schien einen Sternenregen über sie auszuschütten. »Sie haben sich eingegabelt«, murmelte Glinn. »Von jetzt an werden sie scharfe Munition verwenden und sich langsam an uns heran tasten.« Lloyd sah ihn unwirsch an. »Was wollen Sie hier eigentlich darstellen? Einen Sportreporter? Wir brauchen einen Plan, keine Kommentare. Es darf nicht wahr sein. Dreihundert Millionen Dollar – und dafür brocken Sie uns diese Scheißsituation ein!« Britton sagte energisch: »Ruhe auf der Brücke! Mr. Howell, Ruder hart steuerbord. Maschinen auf Minimalleistung.« Sie erlebte, was sie in Krisensituationen immer erlebt hatte: Eine unheimliche Ruhe überkam sie, ihr Verstand arbeitete mit der Präzision eines Uhrwerks. Sie schielte verstohlen zu Lloyd hinüber, der, die fleischigen Finger ineinander verhakt, mit versteinerter Miene nach Süden starrte. Die Erfahrung, dass man mit Geld doch nicht alles kaufen kann, nicht einmal das eigene Leben, schien ihm schwer zuzusetzen. Dann suchte ihr Blick Glinn. Sie wartete ungeduldig auf seine Lagebeurteilung. Sie war ihr wichtiger als je zuvor – gerade weil er eingestanden hatte, dass seine letzte Lagebeurteilung eine grobe Fehleinschätzung gewesen war. Das machte ihn in ihren Augen so menschlich. Hinter den breiten Schultern der beiden Männer erstreckte sich die sturmgepeitschte See. Bei Beginn der Dunkelheit hatten sie die Lichter gelöscht, um der Ramirez leichter entwischen zu können. Aber dann war am südlichen Himmel der Mond aufgegangen, groß und fast voll, und hatte all ihre Hoffnungen zunichte gemacht. Es kam ihr vor, als grinse er hämisch auf sie nieder. Im Mondlicht schien das aufgewühlte Meer geheimnisvoll aus seinen tiefsten Tiefen heraus zu leuchten – ein gespenstisches Bild. Unablässig rollten schwere Brecher auf sie zu, überspülten das Deck mit Wasser, rissen das Schiff in tiefe, nachtschwarze Schluchten und schleuderten es auf haushohe, weiß gischtende Wellenberge. Und das würde wohl noch lange so weitergehen, denn gewöhnlich folgte dem panteonero eine zermürbende Zeit gefährlicher Winde. Eine Detonation ließ die Fensterscheiben der Brücke jäh erzittern. Alle schreckten hoch, die Druckwelle kam völlig unerwartet, weil der Sturm den Explosionsknall verschluckt hatte. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Britton sah, wie querab zu ihrem Schiff in kurzen Abständen eine Wasserfontäne nach der anderen aufstieg. Es war eindeutig, dass die Einschläge
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