Ice Ship - Tödliche Fracht
mit jeder Granate dichter an der Rolvaag lagen. Das riesige Schiff kämpfte schlingernd gegen die mörderischen Wellenberge an. Dreh endlich nach steuerbord ab, du Miststück, beschwor sie den Tanker lautlos.
Und genau in diesem Augenblick passierte es: Die Rolvaag bockte, am Bug stieg eine hässliche gelbe Wolke auf, heiße Metallstücke flogen in die Luft und zogen einen glühenden Schweif hinter sich her. Fast unmittelbar danach mussten sie den nächsten Treffer hinnehmen, die Detonation hallte wie ein Donnerschlag über das Schiff. Einer der Ladepfosten wurde aus seiner Verankerung gerissen und steil nach oben katapultiert. Als er trudelnd wieder aufschlug, schnellte ein Kabel wie eine überdimensionale Peitschenschnur über das Oberdeck. Aber das Schlimmste war wohl überstanden, das Feuer wanderte, wie an den Wasserfontänen zu erkennen war, weiter nach Süden, um schließlich ganz zu verstummen. Alle auf der Brücke starrten ins Leere, die plötzliche Stille wirkte lähmender als der vorangegangene Angriff. Britton erwachte als Erste aus der Erstarrung. Sie suchte mit dem Fernglas das Vordeck ab. Wie es aussah, hatte mindestens eine Granate das Oberdeck durchschlagen. Als die Rolvaag den nächsten Wellenkamm erklomm, konnte sie im Mondlicht deutlich erkennen, dass das Meerwasser nicht seitlich, sondern durch das Einschlagsloch in den Bauch des Schiffes lief. »Mr. Howell, geben Sie Alarm«, wies sie den Ersten Offizier an. »Stellen Sie einen Trupp zur Schadensfeststellung zusammen. Die Männer sollen Schaumlöscher mitnehmen. Und lassen Sie eine Rettungsleine spannen, vom Vorschiff bis zum Heck.« »Aye-aye, Ma’am.« Fast automatisch wandte sie sich zu Glinn um und sah ihn fragend an. »Maschinen stoppen«, murmelte er. »Befehlen Sie Kurs vor dem Wind. Und schalten Sie die ECM ab. Er soll glauben, dass er uns lahm gelegt hat, dann feuert er vielleicht vorübergehend nicht mehr auf uns. Nach fünf Minuten nehmen wir wieder volle Fahrt auf. Das zwingt ihn, sich erneut einzuschießen. Wir müssen es bis zu den Eisinseln schaffen.« Er nickte ihr zu, ging zu seinem Operator und beriet sich flüsternd mit ihm. Britton wandte sich an den Ersten Offizier. »Mr. Howell, beide Maschinen stopp. Ruder dreißig Grad backbord.« Die enorme Schubkraft hielt das Schiff eine Weile auf dem alten Kurs, dann kam der Bug langsam herum. Britton schielte zu Lloyd hinüber. Sein Gesicht war aschfahl geworden, das Feuer der Ramirez hatte ihn offensichtlich bis ins Mark erschüttert. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, seine letzte Stunde habe geschlagen. Und sich vielleicht schon ausgemalt, wie es wohl wäre, in der dreitausend Meter tiefen, eisigen See zu versinken.Sein Gesicht spiegelte dieselben Ängste wider, die sie von anderen bei ähnlichen Stürmen kannte. Wahrlich kein schöner Anblick. Sie schaute auf den Radarschirm. Die meiste Zeit über verwischte der starke Seegang das Bild, nur wenn die Rolvaag sich steil aufbäumte, wurde es klar. Sie waren noch fünfundzwanzig Seemeilen von den beiden Eisinseln entfernt. Der hohe Wellengang kostete den Zerstörer gut einen Knoten Fahrt, dennoch kam er stetig näher. Es grenzte an ein Wunder, dass das schlanke, relativ kleine Schiff sich überhaupt in dieser rauen See behaupten konnte. Plötzlich wurde die Tür der Brücke aufgestoßen, McFarlane kam hereingestürzt, dicht gefolgt von Amira. »Der Meteorit«, stammelte er mit verzerrtem Gesicht. »Was ist mit dem Meteoriten?«, fragte Lloyd scharf. »Er ... er reißt sich los.«
Rolvaag
15.55 Uhr
Glinn hörte gebannt zu, als McFarlane seine Geschichte herunterhaspelte. Ein ungewohntes, nicht gerade angenehmes Schaudern lief ihm über den Rücken. Aber er wäre seinen eigenen Prinzipien untreu geworden, wenn er am Schluss nicht ruhig und ohne Hektik zum Telefon gegriffen hätte. »Krankenstation? Geben Sie mir Garza.« Kurz darauf meldete sich eine schwache Stimme: »Ja?« »Hier ist Glinn. Der Meteorit reißt sich aus seiner Halterung los. Schicken Sie Stonecipher und den Reservetrupp runter. Sie übernehmen die Leitung.« »Ja, Sir.« »Da ist noch etwas«, warf McFarlane ein. Er atmete immer noch schwer. Glinn sah ihn fragend an. »Der Meteorit reagiert mit Salz. Salz war es, nicht Hautkontakte, was die Explosion ausgelöst hat, bei der Garzas Männer ums Leben kamen. Rachel und ich haben Abdeckplanen über das Netz gezogen. Egal, was die Männer dort unten tun, aber sie sollen um Himmels willen darauf achten, dass der
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