Ich arbeite in einem Irrenhaus
kann. 47 Dieses Berufsbild klingt fast nach einer stellvertretenden Managerin – und nicht nach einer »Tippse«, die sich ohne Verlust wegrationalisieren lässt.
Ein unrühmliches Beispiel des Spiels »Sekretärinnen versenken« habe ich bei einem mittelständischen Handelsunternehmen verfolgt. Mein Klient arbeitete dort als Abteilungsleiter, auf einer Ebene mit drei weiteren Kollegen. Jeder dieser mittleren Manager hatte eine eigene Sekretärin.
Doch dann kam der Inhaber auf die ruhmreiche Idee: »Wir bilden einen Sekretariats-Pool!« Das klang nach Swimmingpool, sehr luxuriös, aber gemeint war das Gegenteil: Von vier Sekretärinnen sollten zwei entlassen werden. Die verbliebenen zwei Assistentinnen sollten den »Pool« bilden und für alle vier Führungskräfte zuständig sein.
Die Entscheidung, welche Sekretärinnen bleiben sollten, wurde an die vier Führungskräfte delegiert. Doch jeder wollte seine eigene Sekretärin als Verbündete in der Firma halten, wohl in der Hoffnung, sie würde seine eigenen Aufträge bevorzugt abarbeiten. Außerdem war es ein Machtkampf: Wer konnte seine Wunschsekretärin durchsetzen? Und wer musste das Feld räumen?
»Einer der Kollegen wollte seine Assistentin mit aller Gewalt behalten«, erzählte mein Klient. »Bald schon streute er Gerüchte über die anderen Sekretärinnen. Von einer hieß es, sie habe ein Verhältnis mit ihrem Chef. Und meiner Sekretärin wurde nachgesagt, sie arbeite ungenau – was absolut nicht stimmte.« Dieser Angriff führte zu einem Gegenfeuer der jeweiligen Chefs. Bald marschierten die Abteilungsleiter im Sekretärinnen-Krieg gegeneinander auf. Es wurde nicht mehr gearbeitet, nur noch gekämpft.
Am Ende sprach der Geschäftsführer ein Machtwort. Die Sekretärin meines Klienten durfte bleiben. »Damit habe ich großen Neid auf mich gezogen. Jetzt hieß es immer, wenn ein Auftrag vom ›Pool‹ nicht sofort erledigt wurde: ›Deine Sekretärin macht für uns keinen Finger krumm – sie arbeitet nur für dich!‹« Das Gemeinschaftsgefühl der Chefkollegen, in vielen Jahren gewachsen, zerbrach an diesem kaukasischen Kreidekreis.
Und die Arbeit der Sekretärinnen litt auch. Wichtige Aufträge blieben auf der Strecke, Termine wurden verschlafen, Schriftsätze enthielten Fehler, und Protokolle ließen auf sich warten. Aber war das wirklich überraschend? Hatte das Irrenhaus tatsächlich geglaubt, zwei Sekretärinnen bewältigten eine Arbeitsmenge, mit der schon vier Sekretärinnen schwer zu kämpfen hatten?
In Abwandlung eines Zitates von Henry Ford lässt sich den Irrenhäusern ins Stammbuch schreiben: Wer Chefsekretariate abbaut, um Geld zu sparen, könnte auch die Uhr anhalten, um Zeit zu sparen.
§36 Irrenhaus-Ordnung: Sekretärinnen sind überflüssig, sofern ihr Chef diese Arbeit übernimmt. Wer dann den fehlenden Chef ersetzt, hat das Sekretariat zu klären.
7.
»Mein Chef hat sie
nicht alle!«
Wahnsinn bedeutet heutzutage nicht mehr
zwangsweise die Einlieferung in eine Psychiatrie …
alternativ dazu gibt es eine ganze Reihe komfortabel ausgestatteter Chefetagen.
E s stimmt nicht, dass Chefs eine Schraube locker haben – manchmal sind es zwei. Die »Chefopathen« lassen alle nach ihrer Pfeife tanzen, auch den Irrsinn. Dieses Kapitel verrät Ihnen …
• warum die Vorbilder unserer Manager hungrige Mäuse, brüllende Fischverkäufer, aber keine großen Management-Autoren sind,
• weshalb die Zahl der Psychopathen unter Chefs achtmal höher als in der Gesamtbevölkerung ist,
• wie ein gewisser »Neuronen-Jack« das Mitarbeiter-Rauskegeln zum Betriebssport machte
• und wie der Chef eines Mittelständlers seine ganze Firma in ein Lazarett verwandelte, indem er eine Prämie für Mitarbeiter ohne Fehltage aussetzte.
Von Mäusen und Managern
Rette sich, wer kann – es weihnachtet! Die 350 Mitarbeiter des metallverarbeitenden Betriebes sahen dem Fest mit Grausen entgegen. Alle Jahre wieder rieselten bei der Weihnachtsfeier nicht die Schneeflocken, sondern die Phrasen. Der Geschäftsführer ergriff das Wort und ließ es frühestens eine Stunde später, wenn der Fest- zum Schlafsaal geworden war, wieder los.
Seine Reden waren so »komplex« wie die Schlachtrufe einer Südkurve. Er hatte jedes Mal nur eine einzige Botschaft, zum Beispiel: »Wir müssen sparen!« Und diesen Slogan wiederholte er dann in hundert Varianten.
Beim letzten Satz der Rede atmeten die Mitarbeiter auf, weil sie endlich aus ihrer
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