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Ich arbeite in einem Irrenhaus

Ich arbeite in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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freigestellt, mich für andere Aufgaben einzusetzen. Auch für diese.
    Das war ein unglaublicher Vorgang: Etliche Kollegen hätten sich ein Loch in den Bauch gefreut, wenn sie diese Position bekommen hätten. Doch man schob die Aufgabe ausgerechnet mir zu, der ich nicht führen wollte. Meine Motivation war im Eimer.
    Dirk Wiesner, Maschinenbauingenieur
    §35 Irrenhaus-Ordnung: Der Tod eines Unternehmers führt zu Erben. Die Erben führen zum Tod eines Unternehmens.
    Der Sekretärinnen-Krieg
    Wenn es einen Berufsstand gibt, den die Irrenhäuser für überflüssig halten, dann sind es die Sekretärinnen. Ausgerechnet sie, die große Leistungen für kleine Gehälter vollbringen, werden aus dem Organigramm radiert.
    Interessanterweise haben diejenigen, die den Abbau der Sekretariate beschließen, als Inhaber oder gehobene Führungskräfte selbstverständlich noch eine Assistentin in ihrem Vorzimmer sitzen. Mit jedem Sekretariat, das sie untergeordneten Mitarbeitern streichen, steigern sie den Statuswert des eigenen Vorzimmers – auf das sie natürlich nie verzichten könnten, im Gegensatz zu ihren unbedeutenden Untergebenen.
    Woher kommt bloß die Überzeugung, Sekretariate seien überflüssig? Alle Führungskräfte singen bei mir in der Beratung dasselbe Klagelied: »Ich komme nicht zu meiner eigentlichen Arbeit – zu viele unwichtige Dinge halten mich ab.« Diese Tatsache hat sich im Zeitalter des Internets zugespitzt. So mancher Manager ist eine ferngesteuerte Marionette seiner zufälligen Mail- und SMS-Eingänge. Das kostet Zeit und sogar Intelligenz; eine Untersuchung der University of London belegt: Das regelmäßige Abrufen von Mails senkt den Intelligenzquotienten um zeitweise zehn Punkte – während das Rauchen von Haschisch nur vier Punkte kostet. 46
    Mir drängt sich die Frage auf, was Manager eigentlich führen sollen: ihre Mitarbeiter – oder nur den Schriftverkehr? Man kann zwar die Sekretärinnen streichen, nicht aber die Sekretariats aufgaben . Die bleiben dann an den Chefs hängen. Rund um die Uhr kämpfen sich die sekretariatslosen Führungskräfte durch unwichtige Mail- und Posteingänge, hacken im Zwei-Finger-Suchsystem auf ihre Tastatur ein, wühlen sich durch die Ablagen und hecheln in der knappen Zeit zwischen den Meetings hinter Informationen her, die ihnen eine gute Sekretärin längst auf den Tisch gelegt hätte.
    Diese »Chef-Sekretäre« jonglieren so viele Bälle der Dringlichkeit, dass sie das wirklich Wichtige aus den Augen verlieren. Woher sollen sie die Zeit nehmen, Strategien zu entwickeln, wichtige Präsentationen vorzubereiten oder die eigene Bildung voranzubringen? Vor allem leidet das Herzstück einer leitenden Funktion: die Führungsaufgabe.
    Die Mitarbeiter solcher Manager erleben ihren Chef oft als einen gehetzten Mann, der mit schnellem Schritt über ihre Bedürfnisse hinweggeht (»Sprechen Sie mich später an …«), die jährlichen Mitarbeitergespräche verschwitzt und sich auch sonst nur zu Wort meldet, wenn er mal wieder einen Fehler reklamiert, eine Hiobsbotschaft verkündet oder eine seiner lästigen Sekretariatsaufgaben auf den Tisch seiner qualifizierten Fachkräfte abschiebt.
    Kein Wunder, denn auch ein Zehn-Stunden-Tag ist zu kurz, um gleichzeitig zwei Funktionen zu erfüllen: die des Managers und der (noch dazu ungelernten und langsamen) Sekretärin.
    Der Horizont dieser Irrenhäuser ist so begrenzt, dass ein Bierdeckel daneben wie ein Flächenland wirkt: Man spart 35000 Euro Jahresgehalt für eine Sekretärin. Aber zugleich wird ein Manager, der 100000 Euro oder mehr im Jahr bekommt, um die Hälfte seiner Kapazität beraubt. Das ist so, als würde ein hochbezahlter Fußballprofi die Hälfte seiner Zeit nicht auf dem Platz verbringen, sondern als Balljunge abseits des Spielfelds herumhetzen – weil sein Verein den Balljungen sparen will.
    Dagegen wissen Führungskräfte, die noch eine Sekretärin haben, sie zu schätzen. Laut einer Studie der Büroartikel-Firma Leitz, für die 250 Führungskräfte befragt wurden, halten neun von zehn Managern große Stücke auf ihre Assistentin. Die Hälfte ihrer Zeit verbringen Sekretärinnen mit klassischen Tätigkeiten: Sie schreiben Briefe und Mails, greifen zum Telefon, erledigen die Ablage, planen Dienstreisen und bereiten Meetings vor.
    Doch das Feld der Aufgaben reicht viel weiter. Vier von zehn Managern erwarten von ihrer Sekretärin betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Jeder dritte verlangt, dass sie Fremdsprachen

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