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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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wohl der Wind von einer Eiche in der Nähe abgebrochen hatte, und schlug wie mit einem Rammbock auf die Tür ein.
    »Geheime Tunnel. Sie laufen unter dem Park her. Sie wurden gebaut, um Wasserrohre und Stromkabel zum Krankenhaus zu legen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Das hatten wir in der Schule. Im Krieg wurden sie als Luftschutzbunker benutzt, weil sie richtig tief in die Erde gehen. Da unten war man vor den Bomben sicher.«
    »Das will ich sehen.« Wieder rammte Seb die Tür. Dieses Mal klapperte sie in den Angeln, als er sich mit vollem Gewicht dagegenwarf. Es regnete fester, und ich kauerte mich unter den gemauerten Vorsprung über dem Eingang, während Seb sein Taschenmesser hervorholte und sich an dem Vorhängeschloss zu schaffen machte. Der Regen prasselte auf die Blätter der Ahornbäume über uns, und ein satter, erdiger Duft erfüllte die feuchte Luft. Ich biss krampfhaft die Zähne zusammen, mir wurde einfach nicht warm.
    »Komm, wir gehen, Seb. Es ist eiskalt«, sagte ich.
    »Pff. Du willst immer nur schnell wieder weg«, sagte Seb. »Ich gehe nicht. Ich will da rein.«
    Er wusste, dass ich nicht widersprechen würde, auch wenn ich mir noch so sehr ein warmes, trockenes Plätzchen und etwas Heißes zu trinken wünschte. Er wusste, dass ich alles tun würde, was er wollte.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit schaffte er es, das Schloss aufzubrechen, und die Tür schwang knarrend in den verrosteten Angeln auf. Muffige Luft schlug uns entdecken, als sich vor uns die Dunkelheit auftat. Seb ging zögerlich ein paar Schritte vor. An seinen Anorak geklammert folgte ich ihm. Als sich unsere Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, tastete er sich eine steile, halb verfallene Treppe hinunter. In dem Licht, das oben durch die offene Tür fiel, konnten wir gerade eben ein volles Wasserbecken erkennen. Seb holte die Taschenlampe heraus, die er neben seinem Messer bei sich trug – immer bereit für ein Abenteuer. An dem Becken vorbei gingen wir zu einem niedrigen, gewölbten Tunnel, wo wir uns bücken mussten. Durch die unheimliche Stille drang gelegentlich das verstärkte Platschen von Wassertropfen und eine Art Pfeifen – sicher durch den Wind, der von oben herunterzog. Aber davon abgesehen waren alle Geräusche der Außenwelt über uns verklungen. Sie hätten tausend Meilen weit weg sein können.
    »Setz dich«, sagte Seb, und ich gehorchte. Im Rücken spürte ich die raue Mauer. Als er ein Streichholz anzündete, konnte ich die Schachtel Zigaretten in seiner Hand sehen. Er steckte zwei an und gab mir eine. Ich sog den schwindelerregenden Rauch ein.
    »Woher hast du die?«
    »Von draußen. Jemand hat seine Jacke auf den Boden gelegt, die Kippen waren in der Tasche.«
    »Das ist Diebstahl. Dafür können wir Ärger bekommen.«
    »Wenn er sich nicht beklauen lassen will, soll er sich nicht da hinsetzen. Er hat uns beobachtet.«
    »Wie meinst du das?«
    »Vorhin. Im Blumengarten. Er hat sich da rumgedrückt und uns beobachtet. Das habe ich gesehen. Als wir aufgestanden sind, ist er uns nachgegangen.«
    »Wer?«
    Seb zuckte mit den Schultern und zog an seiner Zigarette.
    »Komm, wir gehen. Ich habe Angst«, sagte ich und stand auf.
    »Solltest du auch. Ich sperre dich hier unten ein und lass dich hier.« Seb packte mich und drückte mich gegen die Mauer. Am Oberschenkel spürte ich seine mittlerweile vertraute Härte.
    »Ich habe doch nicht vor dir Angst! Vor dem Spinner, der uns beobachtet. Was, wenn er hier ist?«, flüsterte ich.
    Seb legte mir eine Hand an den Hals und drückte so fest zu, dass ich husten musste. Aber ich merkte, dass er jetzt auch Angst hatte.
    »Was machst du für mich, wenn ich dich loslasse?«
    »Nichts«, keuchte ich. »Hör auf, Seb.«
    Er drückte fester zu. Die blaue Ader auf seinem Unterarm trat hervor, der Muskel spannte sich an.
    »Was würdest du für mich machen?«
    »Alles.« Röchelnd gab ich dem Druck nach. »Diese eine Sache, die du magst?«
    »Jetzt?«
    »Draußen. Nur wenn wir rausgehen können.«
    »Im Park?«
    »Ja. Hier. Aber im Freien. Im Dunkeln gefällt es mir nicht.«
    Er ließ los, und wir suchten uns durch die Dunkelheit schnell den Weg zur Treppe, durch die Licht von oben fiel. Mein Herz hämmerte gegen die Rippen.
    Draußen sagte er mir, ich solle mich auf den Rasen legen.
    »Es regnet.«
    »Na und?«
    Wie üblich machte ich am Ende, was er sagte, und klammerte mich an ihn. Aber er tat nicht das, was ich erwartet hatte. Stattdessen drückte er mich an sich und

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