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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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eine Falle? Sie hätte gerne ein Glas Wein heruntergekippt. Hinter ihr lag ein langer Arbeitstag, und sie musste immer wieder an Maria und Mick vor dem Computer denken. Täuschte sie sich, oder hatten sich ihre Beine berührt? Je mehr sie darüber nachdachte, desto sicherer war sie, dass die beiden sich aneinandergelehnt hatten, bevor Helen sie unterbrochen hatte. Es war verrückt, aber der Gedanke wucherte in ihr, bis für keinen anderen mehr Platz blieb. Dem Verstand nach wusste sie, dass dieses ängstliche Gefühl im Magen von der Sorge um Jez herrühren sollte. Doch warum kehrten ihre Gedanken dann immer wieder zu Maria und Mick zurück?
    »Helen, es tut mir leid, aber wir müssen das klarstellen. Ist es irgendwann zu einem Streit zwischen Ihnen und Ihrer Schwester oder zwischen Ihnen und Jez gekommen?«
    Helen sah Kirwin an und schüttelte den Kopf.
    »Nur kurz im Auto, als ich wegen des Geldes anhalten musste. Ich wollte nach Hause, dadurch haben wir uns verspätet. Aber sonst nicht.«
    »Waren Sie wütend auf ihn? Hatte er vielleicht das Gefühl, er sei im Weg? Er würde Sie oder Ihre Familie stören?«
    Helen zögerte. Sollte sie erwähnen, dass ihr an dem Freitag, an dem er verschwunden war, der Geduldsfaden gerissen war? Dass er fabelhaft gespielt und sie ihm deswegen vorgeworfen hatte, er sei rücksichtslos? Dann müsste sie allerdings ein weiteres Mal zugeben, wie unzulänglich sie sich im Vergleich zu ihrer Schwester vorkam. Oder noch schlimmer, dass sie sich mit einem Kater herumgeschlagen hatte. Damit würde sie neurotisch und verantwortungslos klingen.
    »Nein«, antwortete sie. »Es war nur eine kleine Unstimmigkeit. Und wie gesagt, er ist hier immer willkommen, alle freuen sich, wenn er hier ist, das weiß er sicher auch.«
    »Dann eine letzte Frage. Sie haben gesagt, Sie hätten Jez gesehen, nachdem Sie Freitagmittag von der Arbeit gekommen sind, richtig?«
    Helen blinzelte. »Ja.«
    »Kann das jemand bestätigen?«
    »Außer uns war niemand zu Hause, als er ging.«
    »Nein. Ich meine, dass Sie Freitagmorgen zur Arbeit gegangen sind.«
    Unwillkürlich nickte Helen. Sie hatte noch Zeit, bestimmt hatte sie Zeit, um eine Geschichte zusammenzuspinnen. Damit jemand sie deckte. Schließlich hatte sie nichts wirklich Schlimmes getan. Sie vertuschte ja nichts.
    »Sie arbeiten …« Kirwin sah in ihr Notizbuch. »Im Lehrerfortbildungszentrum in Newnham? Sie geben Kurse, stimmt das? Über Verhaltensmanagement für Lehrer?«
    »Ja. Ich bin Beratungslehrerin. Also auch Springerin. Aber ich arbeite vom Zentrum aus.«
    »Und dort waren Sie am letzten Freitag?«
    »Ja«, rutschte es Helen heraus.
    »Danke. Das wäre vorerst alles.«
    »Wollen Sie nicht mit Mick sprechen? Oder mit Maria?«
    »Mit Ihrer Schwester haben wir schon gesprochen. Mit Mick auch. Aber vielleicht müssen wir uns noch über einen Verbindungsbeamten unterhalten. Es ist jetzt beinahe eine Woche, und wir stellen gerne sicher, dass die Familien von vermissten Kindern die nötige Unterstützung bekommen. Wir melden uns.«
    Helen blickte dem Auto nach, bis es auf der Maze Hill nicht mehr zu sehen war, dann kehrte sie zu Micks Arbeitszimmer zurück. Die beiden waren nicht mehr dort, auf dem Computer flackerte blauviolett der Bildschirmschoner. Sie ging in die Küche.
    War heute ein Tag wie jeder andere, oder hatte sich etwas verändert? Ihr kam es vor, als sähe sie ihre Küche zum ersten Mal. Die Stiefmütterchen auf dem Fensterbrett, das vollgestopfte Kästchen mit Werbezetteln für Filme und Theaterstücke, zu denen sie doch nie die Zeit fanden. Das Regal mit den angeschlagenen Tassen. Sie musste die Chrysanthemen austauschen, die sie in einer Vase auf den Tisch gestellt hatte. Sie waren schon welk. Alles flirrte immer wieder undeutlich. Offenbar war sie krank. Vielleicht brauchte sie Paracetamol. Oder einen großen Gin.
    Mick kam herein und durchstöberte den Kühlschrank.
    »Maria braucht also Hilfe mit der Facebook-Seite, was?«, fragte Helen. Ihren herausfordernden Blick, die Anklage in ihren Augen, bemerkte er nicht.
    »Wie? Nein, nein. Ich wollte helfen.«
    »Ich verstehe nicht, warum du dir das alles auflädst!« Dabei verstand Helen es sehr wohl. Er wollte Maria damit beeindrucken. Jetzt war sie sich sicher, und sie konnte sich nicht mehr beherrschen. »Mir ist noch nie aufgefallen, dass Maria mal hilflos ist. Warum machst du so ein Getue um sie?«
    »Was soll das, Helen? Ich will nur, dass wir den Jungen finden. Er ist seit fünf

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