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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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rauslassen, solange Greg noch da ist. Ich kann ihn nicht dazu bringen zu fahren, aber ich ertrage es auch nicht, wenn er bleibt. Ich komme mir vor wie gefangen.«
    »Sie? Gefangen?« Sein Lachen klingt ironisch und verbittert. Ich drehe mich um und sehe ihn an. In dem Licht, das aus dem offenen Fenster auf ihn fällt, erkenne ich, dass er ganz anders aussieht als am ersten Tag. Sein Gesicht ist abgehärmt und blass, rund um seinen Mund zeichnen sich Pickel ab. An diesem schrecklichen Ort vergeht seine Schönheit.
    Lautet die Lösung also doch, ihn gehen zu lassen? Ich könnte einfach das Klebeband durchschneiden, hinausgehen und die Garagentür offen lassen, damit er nach Hause gehen kann. Bis zu Helens Haus ist es nicht weit. Er könnte in zehn Minuten dort sein. Ich stelle mir ihre Gesichter vor, Marias, Micks und Helens. Helen würde ich damit einen Gefallen tun. Ich habe es in der Hand, ihr Leben wieder zu normalisieren. Aber würde es wirklich normal werden? Indem ich Jez zu mir geholt habe, habe ich etwas angestoßen, das eine Eigendynamik entwickelt hat. Manche Dinge kann man nicht ändern. Dass Mick den Respekt vor Helen verloren hat, lässt sich wohl nicht ungeschehen machen, und Helen wird wahrscheinlich immer mehr trinken. Diese unterschwellige Leidenschaft zwischen Mick und Maria, falls es sie wirklich gibt, wird ihren Lauf nehmen. Ich kann sie nicht retten. Und was würde aus mir? Ich wäre genauso weit wie vorher, bei Greg. Jez würde zu einem grotesken Erwachsenen werden. Seine Schönheit, dieses vollkommene Stadium zwischen Kind und Mann, würde vergehen, bis nichts davon übrig bliebe. Als wäre diese Wendung des Schicksals, die Jez in mein Leben geführt hatte, nie eingetreten.

K APITEL Z WEIUNDZWANZIG
    Samstag
    Sonia
    Ich verlasse die Garage. Ich habe Angst, dass ich weinen muss, wenn ich bleibe. Aus Empörung, verletzten Gefühlen und Wut auf Greg, und weil diese Situation für Jez unmöglich ist. Statt direkt nach Hause zu gehen, steige ich die Treppe zum Strand hinunter. Es herrscht Ebbe. Ich laufe weiter, um die kalte Luft auf meinem Gesicht zu spüren und die Gerüche des Flusses einzuatmen.
    Im Vergleich zu damals, als Seb und ich hier spielten, ist der Strand sauber. Gut, ein Autoreifen wurde angespült, ein Stück Rohr, der übliche Elektroschrott, Küchengeräte. Burgerschachteln aus Styropor. Sogar ein ausgehöhlter Kürbis schaukelt am Ufer hin und her, ein Überbleibsel von Halloween; weiß der Teufel, wie er sich so lange halten konnte. Aber das Wasser hat sie sauber gewaschen, und sie liegen auf Sand, ausgeblichenen Steinen, glattgespülten Scherben aus Glas und Porzellan. Den Matsch, das Öl, die dicke Chemikalienbrühe, in denen Seb und ich gespielt haben, gibt es nicht mehr. Ich setze mich auf eine Betonplatte. Die Mauer hinter mir ist bis zur Flutmarke mit grünen Flussalgen überzogen, darüber ragen die Schlote des Kraftwerks über den hohen, bröckeligen, kalkweisen Mauern auf. Rechts steht dem Kraftwerk das alte, kleine Krankenhaus gegenüber, jetzt eine Wohnanlage für Senioren, mit schwarz-goldener Uhr in einem hübschen Turm und grazilen Zinnen auf den Mauern. Hier ist einer meiner Lieblingsplätze, hinter mir die schützenden Mauern, vor mir der Fluss.
    Gegen den beißenden Wind ziehe ich den Mantel enger um mich und schlage den Kragen hoch. Ob es schneien wird? Ich höre, wie das Wasser ans Ufer schwappt. Mit einem leisen Klingeln wie von Glöckchen schlägt Porzellan auf Stein oder Metall auf Knochen, wenn die Wellen den Müll am Strand bewegen.
    Ich starre auf den Fluss, und plötzlich sehe ich uns. An dem Tag, an dem wir das Floß gebaut haben. Der heiße Sommer war vorüber. Es muss Anfang Herbst gewesen sein. Ich weiß noch, dass vom Fluss Nebel aufstieg. Aus Dartford wehte ein beißender Gestank herüber, als wäre etwas Giftiges aus einer Chemiefabrik gesickert. Es war früh am Morgen. Im Flusshaus war etwas vorgefallen. Es hatte Streit gegeben, Schreierei, Drohungen. Unter Tränen war ich aus dem Haus gestürmt. In meiner Brust saß der gleiche Schmerz wie jetzt, als müsste ich Unglück und Kummer von Monaten zurückhalten. Dann entdeckte ich Seb hier unten am Ufer, und es war mir nicht mehr so schwer. Ich ging zu ihm ans Wasser. Er starrte in die Dunkelheit.
    »Was ist das?«
    Die Flut trieb etwas auf uns zu, Holz, dem Anschein nach ein Teil einer Fischkiste.
    »Hol es raus, Sonia.«
    Gehorsam watete ich durch den Schlamm ins Wasser, ohne auf die Kälte zu

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