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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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Strömung uns wieder erfasste und flussaufwärts trieb.
    »Mach schon!«, rief er, »sonst landen wir noch hinter Rotherhithe oder Jacob’s Island! Scheiße! Die Strömung ist stärker, als ich dachte!«
    Ich glaube, dass in diesem Moment sogar Seb Angst hatte. Das Floß drehte sich, tauchte ein, schaukelte wieder hoch, und eiskaltes Wasser spritzte über die Seiten und uns ins Gesicht. Bald zog es uns auf die Nordseite der Themse, weit flussaufwärts. Das Wasser hatte uns schneller und weiter getragen, als wir es ihm zugetraut hätten. Rechts von uns ragten Pfähle auf, massige Holzpfosten unter einer Straße, mit Ketten zwischen den Pfählen und Stahlleitern, die zu den Landungsstegen führten. Sebs Atem ging schneller, und ich spürte, dass er kurz vor einer Panikattacke stand.
    »Halt dich fest!«, rief er, um den brüllenden Wind zu übertönen, das Klatschen des Wassers gegen das Floß, den Verkehrslärm und das Dröhnen der Motorboote, die ahnungslos an uns vorbeirasten. Im Dunkeln hätten sie uns aus ihren hell erleuchteten Kabinen auf keinen Fall sehen können.
    »Tauch das Ruder ein und halt es fest, sonst – o Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
    Ich drückte die Holzlatte, die wir als Ruder benutzten, ins Wasser, und das Floß drehte sich nach rechts.
    Schließlich schafften wir es unter einen Landungssteg, aber ob ich richtig gesteuert hatte oder der Fluss es so wollte, hätte ich nicht sagen können. Die Geräusche veränderten sich. Das Schlürfen und Tropfen von Wasser hallte durch die Dunkelheit. Sebs Stimme brach sich an den Wänden.
    »Mein Gott, ich dachte, wir wären dran. Na gut. Jetzt sind wir in Sicherheit. Sonia, wirf mir mal das Seil zu. Ich binde uns fest.«
    Er schlang das Seil um einen der Pfähle und stand auf, wacklig und mit ausgebreiteten Armen wie ein Seiltänzer, als hätte er doch keinen Moment lang Angst gehabt.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte ich.
    »Wir haben mehrere Möglichkeiten. Erstens, wir warten auf die Ebbe und laufen zu Fuß ans Ufer. Zweitens, wir steigen eine Leiter rauf und fahren mit dem Bus nach Hause. Drittens, wir kehren um und rudern zurück. Viertens, ich klettere eine Leiter rauf und lasse dich auf dem Floß allein, um zu sehen, wie du hier wegkommst.«
    »Nicht das Letzte, Seb, ja? Bitte? Mir ist kalt, und ich habe hier unten Angst, es ist gefährlich.«
    »Was soll denn hier gefährlich sein?«
    »Seb! Tamasa sinkt doch schon. Niemand kann uns sehen, das Wasser steigt, und wir sitzen hier vielleicht fest.«
    Im Dunkeln konnte ich ihn nur als Silhouette sehen, deshalb war ich nicht sicher, ob er mit den Achseln zuckte oder lächelte oder mich einfach ignorierte, aber plötzlich hatte er das Floß zu einem der Pfähle mit einer Eisenleiter herumgerissen und kletterte hinauf.
    »Seb, komm zurück! Lass mich nicht allein.«
    Mich allein zu lassen gehörte zu Sebs Hobbys. Aber damals wusste ich nicht, dass ich es noch nicht richtig erlebt hatte. Nicht im ganzen Ausmaß. Nicht für immer.
    Das Floß schaukelte weiter auf und ab und drehte sich. Weil es an einem der Pfähle festgebunden war, wusste ich, dass es nicht noch weiter den Fluss hinauf- oder, noch beängstigender, hinuntertreiben konnte, wenn die Gezeiten wechselten. Ich saß allerdings allein im Dunkeln unter diesem Vorsprung und wusste nicht, was ich machen sollte, wenn die Flut so weit anstieg, dass keine Luft mehr zwischen mir und der Decke blieb. Außerdem tauchte Tamasa schon ins Wasser ein. Nicht mehr lange, dann würde sie sinken, und ich würde mich festklammern, meine Arme würden immer schwächer werden, bis ich loslassen müsste und in den dunklen Tiefen der echten Tamasa versinken würde, zu unterkühlt und erschöpft, um zu schwimmen. Ich hätte Seb folgen sollen, aber mir war die Kälte des Flusses in die Glieder gestiegen. Ich klapperte unkontrollierbar mit den Zähnen. Ich griff nach einer Leiter, kam aber ins Wanken, als ich halb aufstand, und ging beinahe über Bord.
    Nachdem ich vier-, fünfmal versucht hatte, mich aufzurappeln, auf Tamasa aber keinen Halt fand, weil sie jedes Mal wegrutschte und ins Wasser eintauchte, gab ich auf. Ich konnte kaum noch die Hände bewegen und hatte längst keine Kraft mehr in den Armen.
    Seb war verschwunden. Ich hockte auf den Überresten des Floßes, hüllte mich enger in den Regenmantel und zog die Knie unter das Kinn. Von der Mauer kam ein lautes Scharren und das Gequieke von Ratten. Wieder rief ich nach Seb. Als er nicht antwortete, malte ich mir

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