Ich beschütze dich
oder, Sonia?« Seine Augen blitzen. Er glaubt nicht im Traum, dass es so sein könnte.
»Natürlich nicht!«
»Sonia, ich weiß ja, dass es dir wegen dieser Grippe nicht gut ging, aber du bist nicht depressiv, oder? In den letzten Tagen warst du irgendwie anders. Kit fand dich Harry gegenüber gleichgültig. Es hat sie ziemlich getroffen.«
Ich wende das Brot unter dem Grill, streue den Käse darauf und warte, dass er Blasen wirft.
»Gleichgültig?«
»Sie fand, du hättest dir etwas mehr Mühe geben können. Ich habe ihr gesagt, du wärst nicht so gut drauf. Die Grippe würde dir immer noch zu schaffen machen. Aber ist das alles?«
»Ich habe doch wohl gemacht, was ich konnte«, sage ich schroff. Ich denke an die Mahlzeiten, die ich gekocht habe, an das Zimmer, in dem ich Harry habe schlafen lassen. Daran, dass er im Musikzimmer spielen durfte, an den Ausflug in die Oper … Ich habe für den lästigen Harry alles gemacht, während der einzige Mensch, um den ich mich wirklich kümmern wollte, in einem zugigen Verschlag eingesperrt war und zu leiden hatte.
»Und als gestern die Polizei hier war, warst du ganz blass. Richtig aufgeregt. Wenn jemand verschwindet, ist das ja auch aufregend. Und beängstigend. Sich vorzustellen, da draußen könnte jemand herumlaufen, der … Also noch mal, wenn du Angst hast, könnte ich – würde ich – Barcelona absagen.«
»Bitte sag nicht ab.« Ich knalle den Teller mit dem Käsetoast etwas zu heftig auf den Tisch.
»Schön«, sagt er. »Gut. Na dann. Bevor ich fahre, muss ich ein paar Sachen regeln. Du hast doch gemacht, worum ich dich gebeten habe, oder? Mit der Alarmanlage?«
In der angespannten Pause merkt er schon, was ich gleich sagen werde.
»Ich hatte keine Zeit.«
»Sonia! Wir können das Haus nicht ohne eine funktionierende Alarmanlage anbieten! Nicht bei den Zuständen in dieser Gegend. Ich weiß ja, dass wir das Thema Umzug vermieden haben, aber über kurz oder lang müssen wir darüber reden.«
»Du weißt, was ich von einem Verkauf halte.«
»Und du weißt, dass diese Sturheit unsinnig ist.«
»Ich werde hier nie ausziehen.«
Er legt seinen Toast weg und starrt aus dem Fenster, als könnte er sich nur mit Mühe zurückhalten, mir die Meinung zu sagen.
»Von mir aus«, sage ich, »können wir wegen der Alarmanlage auch jetzt gleich eine Firma anrufen. Überhaupt habe ich nachgedacht. Nach dem, was die Polizisten erzählt haben, du weißt schon, über den verschwundenen Jungen. Du hast doch oft gesagt, wir sollten in die Wohnzimmerfenster Gitterstäbe einbauen lassen. Ich würde mich hier allein sicherer fühlen, wenn wir Gitter hätten.«
Er steht auf und wirft mir einen seiner skeptischen Blicke zu.
»Na gut. Überlass das mir«, sagt er. »Ich regele das mit der Alarmanlage, und über den Verkauf können wir noch mal reden, wenn du in einer besseren Verfassung bist. Ich gehe gleich mal zum Schlosser. Vielleicht hat er noch geöffnet. Ist es wirklich in Ordnung, wenn ich nach Barcelona fahre?«
»Natürlich«, antworte ich. »Fahr ruhig morgen schon, wenn du willst.«
»Vielleicht solltest du nächste Woche mal bei deinem Hausarzt vorbeisehen, Sonia. Rede mal mit ihm über deine Stimmungsschwankungen. Es gibt mittlerweile einen ganz einfachen Test für Depressionen, einen simplen Fragebogen.«
»Ich bin nicht depressiv, Greg.«
Wieder sieht er mich mit diesem Blick an, als wüsste er mehr als ich.
»Ich fürchte, das gehört oft dazu«, sagt er.
»Was meinst du?«
»Verleugnung. Harry hat mich darauf aufmerksam gemacht. Es ist ein klassisches Symptom für Depressionen, wenn der Patient abstreitet, dass mit ihm etwas nicht stimmt.«
»Was weiß Harry denn darüber? Oder über mich?«
»Oh, Harry ist mehr als nur ein hübsches Gesicht.« Eine seltsame Beschreibung von meinem männlichen Ehemann. »Er spezialisiert sich auf Psychiatrie. Das weißt du doch.«
Ich starre ihn an. Woher soll ich wissen, dass sich Harry, den ich gerade erst kennengelernt habe und auf Anhieb nicht mochte, auf die menschliche Psyche spezialisiert?
»Du willst mir doch wohl nicht sagen, dass du mit Kits neuester Affäre über mich gesprochen hast.«
»Oh, ich glaube, er ist mehr als eine Affäre. Ich schätze, wir sehen ihn noch öfter«, sagt Greg. Er steckt sein Hemd in die Hose und fährt sich mit einem Finger unter den Kragen.
»Meine Tochter hat doch hoffentlich einen besseren Geschmack«, grummele ich.
»Was sagst du?«
»Nichts.«
»Jedenfalls ist diese
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