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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Schauder, als ich das wohlbekannte Funkeln in seinen Augen bemerkte. Er machte eine gute Figur in dem englischen Tweedsakko und dem dazu passenden cremefarbenen Hemd, obwohl er mir am besten in kariertem Flanell gefiel. Auf jeden Fall sah er hundertmal besser aus als all die Anzugtypen an den anderen Tischen.
    Es folgte ein bisschen Smalltalk, unterbrochen von diversen Kundgebungen Bertrands, der sich über Champagner im Allgemeinen und Cuvées im Besonderen ausließ. Im Großen und Ganzen fühlte ich mich wohl, obwohl es ohne Bertrands Gefasel deutlich angenehmer gewesen wäre. Die Müllers und die Professors waren nette Tischgenossen, man konnte sich wirklich gut mit ihnen unterhalten, auch wenn Frau Müller ein bisschen zu oft ein schrill klingendes Lachen von sich gab.
    Die jungen Bedienungen räumten flink und unauffällig die Amuse-Gueule-Tellerchen und die Champagnergläser ab und servierten anschließend Suppe und dazu passenden Rosé.
    Die Suppe war ein Tässchen geschäumter Selleriecappuccino mit karamellisierter Birne, eine eigenwillige, aber unglaublich köstliche Kombination, die in Windeseile aufgegessen war. Auch der Wein war eine gute Wahl, ein kräftiger Tavel, obwohl ich zu der Suppe vielleicht eher einen fruchtigeren Luberon ausgesucht hätte. Doch in Anbetracht dessen, dass Bertrand uns den Wein vollmundig als Rosado anpries, obwohl er aus französischem Anbau stammte, spielte das sowieso keine Rolle. Hauptsache, er schmeckte mir. Ich trank zwei Gläser und fühlte mich angenehm beschwingt. Auch Professors erwiesen sich als trinkfeste Zeitgenossen, sie achteten genau darauf, dass ihre Gläser immer voll waren.
    »Wohlsein!«, sagte Herr Professor mit roten Wangen und breitem Lächeln und streckte uns sein Glas entgegen.
    Wir hoben alle unsere Gläser und stießen an.
    »Cheers«, sagten die Müllers einstimmig.
    »Prost«, meinte Adrian.
    »Prost«, sagte ich und blickte ihm tief in die Augen. Mir wurde unter seinem Blick warm.
    Nach der Suppe kam die eigentliche Vorspeise, rosa Tranchen von der Barbarie-Ente an Pflücksalat mit Orangenfilets in einer Honigvinaigrette. Und natürlich wieder dazu passender Wein, diesmal ein Roter, der reihum aus Karaffen eingeschenkt wurde.
    Bertrand tat geheimnisvoll und schwenkte seinen Weinkelch hin und her, um dann mit seiner langen Nase daran zu schnüffeln. » Mesdames et Messieurs , lassen Sie sich diesen feinen Tropfen doch einmal auf der Zunge zergehen und sagen Sie mir dann, was Sie davon halten. Na?« Erwartungsvoll blickte er in die Runde. »Weiß jemand, was für eine Rebsorte wir da haben?«
    »Cabernet Sauvignon?«, rief jemand vom Nebentisch.
    »Chianti«, riet ein anderer aufs Geratewohl.
    Bertrand wandte sich uns zu. »An diesem Tisch auch noch ein Vorschlag?«
    »Könnte Bordeaux sein«, sagte Herr Müller ein bisschen überheblich.
    »Was sagst du?«, wollte Adrian von mir wissen. »Du hast einen guten Weingeschmack und weißt es doch sicher.«
    Das war mir peinlich, ich merkte, wie ich rot anlief. »Na ja, ich denke schon, aber ich glaube, das erfahren wir gleich auch so.«
    Unseligerweise hatte Bertrand es mitgekriegt. Er lächelte gönnerhaft. »Viele Leute halten sich für Weinkenner, aber es ist nicht so einfach, wie manche es sich einbilden. Na, was meinen Sie? Ist es ein Chablis oder ein Syrah?«
    Damit hatte er mich bei meiner Berufsehre gepackt.
    Ich richtete mich auf und holte Luft. »Zunächst mal darf man die Rebsorte nicht mit dem Anbaugebiet durcheinanderwerfen. Syrah ist eine Rebsorte, Chablis ein Weinbaugebiet im Burgund. Cabernet Sauvignon – Rebsorte. Bordeaux und Chianti – Weinbaugebiete.« Ich machte eine kleine Pause. »Châteauneuf-du-Pape – ein Weinbaugebiet im Rhônetal und zugleich die Bezeichnung für einen Rotwein mit einer Cuvée von maximal dreizehn Rebsorten.« Am liebsten hätte ich noch hinzugefügt, dass Cuvée beim Champagner noch zusätzliche Bedeutungen hatte, aber das verkniff ich mir dann doch.
    Bertrand betrachtete mich mit stechendem Blick. » Alors , und natürlich wissen Sie auch genau, was Sie da im Glas haben, hein? «
    Ich betrachtete den Inhalt meines Glases und nahm noch einen Schluck. »Ja. Einen Beaujolais.«
    »Gut geraten«, sagte Bertrand mit leicht starrem Lächeln.
    Seine Herablassung ärgerte mich. »Nein, ich kann dazu noch mehr sagen. Es ist ein Grand Cru, und zwar entweder ein Brouilly oder Côte de Brouilly, und die Rebsorte ist natürlich Gamay, eine andere gibt es dort nicht für

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