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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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schwergefallen, mich festzulegen, denn die Auswahl in der fraglichen Kategorie war ziemlich groß gewesen. Am Ende hatte ich mich für ein schlichtes weißes Design entschieden, das auch in zehn Jahren, wenn schon längst neue Mieter in der Wohnung lebten, noch halbwegs zeitlos wirken würde.
    Der Gedanke, wo ich wohl in diesen zehn Jahren sein mochte, deprimierte mich ziemlich.
    Noch melancholischer wurde ich durch eine E-Mail von Jennifer. Als ich nach dem Kaffeeklatsch wieder online ging, war ihre Nachricht in meinem Postfach. Aufgeregt öffnete ich die leere Betreffzeile, doch falls ich gehofft hatte, endlich mehr über die Fotos, über Simon und möglichst auch über sonst alles zu erfahren, so sah ich mich getäuscht. Der Inhalt der Mail bestand nur aus einem einzigen Wort, auch wenn es offensichtlich all ihre Gefühle zum Ausdruck brachte, jedenfalls deuteten die Großbuchstaben und die vielen Ausrufezeichen darauf hin.
    DANKE!!!!!!!!
    Mehr hörte ich an diesem und auch am nächsten Tag von ihr nicht.
    Am Freitag wurde das Badezimmer fertig, und wir waren alle begeistert von den blitzenden neuen Armaturen, der Dusche mit der schönen Glastür und dem strahlendweißen Klo. Allerdings weigerte Mäxchen sich, es zu benutzen. Aufs Töpfchen wollte er auch nicht mehr. Er erklärte, er wolle lieber weiter eine Windel anziehen. Offenbar hatte er sich in den letzten Tagen wieder prima daran gewöhnt. Irgendwie würde ich das Evelyn und vor allem Jennifer erklären müssen, doch darüber wollte ich mir jetzt noch keine Gedanken machen.
    Mit Olga einigte ich mich nach zähen Verhandlungen darauf, dass sie am Samstagabend das Kinderhüten übernahm. Zum Ausgleich musste ich ihr einen zusätzlichen freien Wochentag versprechen.
    Das war der Stand der Dinge, als am Samstag endlich Adrian aus Hamburg zurückkam. Gerade noch rechtzeitig, um abends mit mir zu der Wein-Degustation zu gehen.
    Aber besagter Abend – und der gesamte darauffolgende Tag – war ein Kapitel für sich.
*
    Das erst kürzlich eröffnete Restaurant war nicht besonders groß, aber erlesen eingerichtet, mit schlichtem, ausgesucht schönem Jugendstilmobiliar, dazu passenden, kunstvoll gestalteten Lampen und einer sensationellen Tischeindeckung. Silberne Platzteller auf edlem Damast, schweres Silberbesteck mit Jugendstilornamenten, und dazu eine ganze Flotte von Kristallgläsern in unterschiedlichen Größen. Bewundernd und ein wenig scheu blickte ich mich um. Ich hatte in der Zeitung darüber gelesen, dass sich hier am Mainufer ein Sternekoch namens Jonas Voss niedergelassen hatte. Die Plätze mussten rechtzeitig vorbestellt werden (unsere Namen wurden anhand einer Liste abgeglichen), und über die Preise wollte ich gar nicht erst nachdenken. Hätte Adrian mich nicht zu diesem Dinner eingeladen, wäre ich selbst nie auf die Idee gekommen, dorthin zu gehen. Natürlich hatte ich vorgeschlagen, für meinen Anteil selbst aufzukommen, doch das hatte er sofort ungehalten beiseitegewischt und erklärt, er sei von seiner Mutter zum Kavalier erzogen worden, und dazu gehöre nun mal, dass der Herr die Dame einlade und nicht umgekehrt.
    Das freute mich natürlich, aber ein wenig Unsicherheit empfand ich dabei trotzdem. Es war eine Sache, sich nett zum Essen einladen zu lassen, weil es für den, der die Einladung aussprach, zum guten Ton gehörte, aber eine völlig andere, wenn man wegen Ebbe im eigenen Portemonnaie sonst gar nicht erst hätte mitgehen können. Es vermittelte einem ein Gefühl von Abhängigkeit, und das hasste ich wie die Pest. Mein ganzes Erwachsenenleben lang hatte ich für mich selbst sorgen können. Es machte mir zu schaffen, schon seit Monaten ohne eigenes Einkommen dazusitzen. Der Reinfall mit meinem Vorstellungsgespräch vor ein paar Tagen nagte immer noch an mir, und alle Bemühungen, das zu vergessen und neuen Mut für die Zukunft zu fassen, hielten immer nur phasenweise vor. In Augenblicken wie diesem fühlte ich mich ziemlich nutzlos.
    Der Sommelier und der Chef de Cuisine begrüßten uns persönlich mit Handschlag. Der Küchenchef und Inhaber Jonas Voss, ein kleiner dicker Pfälzer mit blitzenden Augen und lebhaften Bewegungen, hatte eine nette, unverfälschte Art, aber der Sommelier kam mir absolut blasiert und abgehoben vor. Er war ein hagerer, bleichgesichtiger Typ um die dreißig, der sich uns als Bertrand vorstellte und in seinem schwarzen Smoking ein bisschen aussah wie Dracula. Oder eigentlich eher wie Draculas Windhund, denn sein

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