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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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großen Gänseblümchen zeigte.
    Die Erzieherinnen der Gruppe erwarteten die neuen Kinder und ihre Eltern schon, sie hatten ein kleines Singspiel vorbereitet, das sie gemeinsam mit den größeren Kindern vortrugen und dazu auf dem Xylophon und der Gitarre klimperten. Die Stimmung war gut, alle schauten fröhlich und erwartungsvoll drein. Nur nicht die neu aufgenommenen Kinder, die sahen aus, als würden sie nach dem Haken an der ganzen Sache suchen. Mit Mäxchen waren es fünf, drei kleine Mädchen und zwei Jungs, die skeptisch in die Runde starrten.
    »Ich will auf den Arm«, sagte Mäxchen und streckte die Arme aus. Ich hob ihn hoch und drückte ihn an mich.
    »Alles wird gut«, sagte ich zu ihm.
    »Ich will nach Hause«, sagte er.
    »Guck mal, die singen doch so schön! Extra für dich!«
    »Nein. Das Lied ist doof.«
    Tatsächlich fand ich es ebenfalls doof. Es hatte mir schon früher nicht besonders gefallen, als ich es ständig mit den Kindergartenkindern singen musste, denn der Text zeichnete sich in erster Linie dadurch aus, dass er völlig sinnfrei war.
    »Aramzamzam, aramzamzam«, sangen die Erzieherinnen und traktierten Gitarre und Xylophon, während die Kinder mehr oder weniger im Takt dazu mit den Händen wedelten, sich drehten und auf und ab hüpften. »Gulli Gulli Gulli Gulli Ramzamzam! Arabi! Arabi! Gulli Gulli Gulli Gulli Ramzamzam!«
    »Wir können auch mitsingen«, schlug ich halbherzig vor.
    »Nein«, sagte Mäxchen.
    »Arabi, Arabi, Gulli Gulli Gulli Gulli Ramzamzam!«, sangen die Kinder und die Erzieherinnen, und dann ging es mit der nächsten Strophe weiter, die genauso lautete wie die erste.
    Nach dem Lied kam die ältere der beiden Erzieherinnen auf mich zu und stellte sich als Evelyn vor.
    »Sie sind dann wohl die Aushilfs-Oma von Paula und Maximilian«, sagte sie und gab mir die Hand. Sie war ungefähr vierzig, hatte Glubschaugen und einen leichten Überbiss und kicherte zwanghaft nach jedem Satz. »Hallo Maximilian«, sagte sie zu Mäxchen. »Willkommen bei den Gänseblümchen! Heute ist dein erster richtiger Tag hier! Freust du dich schon? Hat dir das Lied gefallen?«
    Mäxchen versteckte sein Gesicht an meinem Hals.
    »Ich bin Charlotte Hagemann«, sagte ich.
    »Das dachte ich mir.« Evelyn glubschte mich strahlend an. »Frau Wehner hat mir am Wochenende eine Mail geschrieben, dass entweder das Aupair-Mädchen oder Sie die Kinder bringen.«
    »Wer ist Frau Wehner?«
    Evelyn kicherte. »Sie haben Sinn für Humor!«
    Da war ich anderer Meinung, denn als mir im nächsten Moment klar wurde, dass Frau Wehner Jennifer sein musste, fand ich das kein bisschen komisch. Im Gegenteil, ich begriff mit schlagartig erwachender Panik, dass ich im Grunde rein gar nichts über Jennifer wusste. Außer, dass sie Klaus’ Tochter war, bald ihr drittes Kind kriegte, in London ihren untreuen Ehemann zur Räson bringen wollte und das Gesicht und das Haar eines Engels hatte. Ich wusste, was ihre Kinder gern zum Frühstück aßen, dass ihr kleiner Sohn von fließendem Wasser fasziniert war, dass ihr Töchterchen sich mit Barbie und Ken unterhielt wie mit guten Freunden und dass bei beiden Kindern nachts zum Schlafen immer ein Licht brennen musste. Aber ich kannte nicht mal Jennifers Adresse, und bis eben hatte ich auch nicht gewusst, wie sie mit Nachnamen hieß.
    »Sie könnten mir mal die Mailanschrift geben«, sagte ich, wobei ich mich sehr bemühte, jeden flehenden Unterton aus meiner Stimme zu bannen. »Die hatte ich irgendwie verlegt. Dann kann ich sie fragen, wann ihre Maschine landet. Ihr Handy ist nämlich kaputt.«
    »Kein Problem. Ich suche die Anschrift nachher mal raus und gebe sie Ihnen heute Mittag, wenn Sie die Kinder wieder abholen.« Sie klatschte in die Hände und kicherte. »Komm, Maximilian, ich zeige dir mal, was für schöne Feuerwehrautos wir haben.«
    Ich setzte Mäxchen ab, worauf er sich sofort an mein Bein klammerte. »Ich will nicht.«
    »Du warst doch schon ein paar Mal hier«, meinte Evelyn freundlich.
    »Ja, aber nicht allein«, sagte ich.
    »Aber er ist doch gar nicht allein! Guck, Maximilian, deine Schwester ist auch da!« Sie zeigte auf Paulinchen, die sich mit zwei anderen kleinen Mädchen an einen großen runden Tisch gesetzt hatte und hingebungsvoll mit Buntstiften ein Bild malte. »Wenn du willst, kannst du auch malen. Oder eine Tasse Früchtetee trinken.«
    »Nein.«
    »Hast du eigentlich schon unsere schönen Kinderklos gesehen? Vielleicht möchtest du da mal

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