Ich bin alt und brauche das Geld
Afrikabilder erklärten, die mir eben in den Sinn gekommen waren.
»Wie war es in der Schule?«
Sie lächelte mich im Spiegel an. »Super. Ich habe viel gelernt.«
Ich ging in die Küche und fing an, den Tisch abzuräumen und die Gläser zu spülen. Olga begutachtete immer noch ausgiebig ihre Erscheinung im Spiegel. Spontan nutzte ich die Gelegenheit für ein klärendes Gespräch. Sachlich, gelassen und vernünftig. Mit dem Rücken zu ihr beugte ich mich über die Spüle und wusch die Sektgläser aus.
»Olga, wenn du nicht hier sein willst, sag es mir bitte. Wir können über alles sprechen. Nur dieses ständige Verschwinden – das geht so nicht weiter. Ich mache mir Sorgen um dich, denn irgendwie trage ich ja auch Verantwortung für dich. Wenn ich mir dauernd den Kopf zerbrechen muss, wo du gerade steckst, ist das ziemlich belastend. Von der vielen Arbeit, die ich mit den Kindern habe, gar nicht zu reden. Bisher hatte ich nicht den Eindruck, als würdest du mir gern bei der Betreuung helfen. Im Gegenteil. Falls das jetzt bis Jennifers Rückkehr so weitergeht, könnte ich vielleicht auf den Gedanken kommen, die Aupair-Behörde einzuschalten.«
Ach nein, Mist, die gab es ja gar nicht, das taugte als Drohung also ungefähr so viel wie das ziellose Wedeln mit der Spülbürste, bei dem ich mich gerade eben ertappte. Ich sollte ein bisschen nachdrücklicher auftreten. Entschlossen drehte ich mich zu Olga um. Doch die war gar nicht mehr da. Aus dem Bad war das Geräusch von laufendem Wasser und Zähneputzen zu hören, untermalt von leiser musikalischer Begleitung aus dem iPhone.
Na schön. Dann eben nicht.
Es war mir völlig unmöglich, ärgerlich zu sein. Ich konnte bloß daran denken, wie es sich angefühlt hatte, von Adrian umarmt zu werden. Und wie er mich angeschaut hatte, als er die Treppe runtergegangen war.
Immer noch ganz benommen von diesen Eindrücken, stellte ich die Gläser in den Schrank und wischte die Spüle blank.
Wir sehen uns dann morgen.
Worauf du dich verlassen kannst.
In dieser Nacht hatte ich ungewöhnlich erotische Träume.
Kapitel 9
D ie nächsten drei Tage verstrichen trotz meiner aufregenden Erwartungen ziemlich ereignislos, jedenfalls den einen Punkt betreffend, der Thema meiner Träume gewesen war. Adrian musste zu dringenden Dreharbeiten nach Hamburg, was er sehr bedauerte, aber nicht ändern konnte. Es handelte sich um ein Beziehungs-Melodram aus seiner Feder, das eigentlich laut Adrian schon seit Wochen im Kasten sein sollte, aber jetzt hatte der Regisseur plötzlich Probleme mit der Hauptdarstellerin. Die fand ihre Rolle zu mickrig und bestand auf einer dramaturgischen Erweiterung, anderenfalls würde sie den Job hinwerfen. Worauf der Regisseur ebenfalls hinwerfen wollte, weshalb der Produzent als Kompromisslösung vorgeschlagen hatte, den Autor einfliegen zu lassen, damit der rettete, was zu retten war.
»Du hast ja meine Handynummer«, meinte Adrian zwischen Tür und Angel vor seinem Aufbruch, während die Kinder im Hintergrund lautstark stritten. »Wenn irgendwas ist – mit den Handwerkern oder mit den Kindern … Ruf mich jederzeit an! Und Samstag bin ich auf alle Fälle wieder da.«
Von daher fing der Mittwoch schon wenig erbaulich an, und er ging noch unerfreulicher weiter. Im Kindergarten wollte Evelyn mich für die Vorbereitungen des anstehenden Sommerfestes einspannen. Sie erpresste mich quasi mit dem Windel-Aufbewahrungsdienst, der weiterhin nötig war, weil der Schlüssel immer noch nicht wieder da war.
»Na schön, ich hebe heute die Windel noch einmal auf. Ausnahmsweise. Man sollte sich immer gegenseitig helfen. Bei unserem Sommerfest helfen zum Beispiel immer die Eltern mit. Oder andere wichtige Bezugspersonen. Und wenn es nur mit einem Kuchen oder einem Nudelsalat ist. Ich hoffe, Sie bringen sich auch ein.«
»Gut, ich backe einen Kuchen«, versprach ich.
»Wir haben schon ungefähr hundert Kuchen.«
»Dann mache ich eben Nudelsalat.«
»Für das Büfett ist schon ausreichend gesorgt.«
»Warum erzählen Sie mir dann, dass Sie meine Hilfe brauchen?«
Sie kicherte unmotiviert. »Das waren doch nur Beispiele. Wir bräuchten auch noch dringend jemanden im Kaffee-Ausschank.«
Sie ließ mich nicht eher aus ihren Glubschaugen, bis ich einverstanden war, dass sie mich für den Kaffee-Dienst eintrug.
Am Mittwochnachmittag stand plötzlich wieder Wolfgang Meyer von der Kripo vor der Tür, er wollte nach dem Rechten sehen, wegen Olga und wegen seiner
Weitere Kostenlose Bücher