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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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dem Boden saßen und in weiße, gelbe, blaue oder rote Roben gehüllt waren. Niemand redete, und das Gurren von Tauben war das einzige Geräusch, das man hören konnte.
    Ian führte Mattie ein paar Schritte weiter und dann an der Seitenwand des Gebäudes entlang. Sie war in so vielen Kirchen und Tempeln gewesen, die großartig waren, aber fast unweigerlich dunkel und voller Schwermut. Dieser Ort war offen und inspirierend und bunt. Sie hatte das Gefühl, in einer magischen, wundersamen Kiste zu stehen. Die Wand neben ihr zeigte ein Bild von drei Männern, die so angezogen waren, wie es vermutlich bei den Leuten üblich war, als der Tempel gebaut wurde. Ein Mann sah aus wie ein Europäer, einer wie ein Chinese und einer wie ein Vietnamese. Der Europäer und der Chinese schrieben auf etwas, das wie ein Fenster im Himmel aussah. Auf dem Fenster standen Worte auf Französisch und Chinesisch. Mattie öffnete das Faltblatt, das ihr Fahrer ihnen gegeben hatte, und suchte darin das Foto von dem Bild. Die Worte bedeuteten: »Gott und die Menschheit, Liebe und Gerechtigkeit.«
    Sie dachte über die Worte nach, dann fragte sie ihren Vater flüsternd, ob sie ihren Skizzenblock herausholen und das Innere des Tempels malen konnte. Er nickte und setzte sich leise auf den Boden, nahm die Haltung der Betenden vor ihnen ein. Mattie setzte sich ebenfalls, legte ihren Skizzenblock auf ihren Schoß und holte ihre Buntstifte aus ihrem Etui. Sie sah sich um und war nicht sicher, auf was sie sich bei ihrem Bild konzentrieren sollte. Am hinteren Ende des Gebäudes schien eine Art Altar zu stehen, auf dem eine riesige, smaragdgrüne Kugel lag.
    Mattie beschloss, mit der Kugel anzufangen, ihre Finger umschlossen einen grünen Stift und bewegten sich instinktiv. Sie wollte etwas Schönes für ihre Mutter erschaffen, die ihren Wunsch gehört und ihn erfüllt hatte. Georgia und Holly würden in zwei Tagen zu ihnen nach Ho-Chi-Minh-Stadt kommen und dann würden sie alle vier an der Küste entlang und in die Berge fahren. Georgia und Holly war schon zweimal in Vietnam gewesen und wussten genau, wohin man fahren sollte. Sie war genauso aufgeregt gewesen wie Mattie, als Georgia der Reise zustimmte. Die Mädchen hatten sich an den Händen gehalten und waren im Kreis herumgetanzt, während Ian und Georgia besprachen, wie und wo sie sich treffen würden.
    Ihr erfüllter Wunsch war nur ein Grund, warum Matties Hände die Szene vor ihr neu erschufen. Sie waren auch zu dem Tempel gekommen, um die letzten beiden Dosen an einem wunderschönen Ort zu öffnen. Mattie wollte die letzten Worte ihrer Mutter nicht lesen, musste es aber, bevor Holly kam. Und was immer ihre Mutter ihr in diesen letzten Worten sagte, Mattie würde ihr ein Bild hinterlassen, um ihr zu zeigen, wie sehr sie sie liebte.
    Mattie malte den Tempel ohne Hast. Sie wollte, dass das Bild so gut wurde, wie sie es zu zeichnen vermochte. Es gefiel ihr, dass die Gläubigen alle Religionen der Welt vereint hatten, und sie hatte das Gefühl, dass es ihrer Mutter an einem solchen Ort leichter fallen würde, sie zu finden. »Kannst du mich sehen, Mami?«, flüsterte sie und zeichnete einen Drachen.
    Mehr als eine Stunde verging, bevor sie mit ihrem Bild zufrieden war. Sie zeigte es ihrem Vater, der es vorsichtig hielt, nickte und sie auf die Wange küsste. Sie standen auf und gingen am Rand des Raumes entlang, bis sie zu einer Seitentür kamen, die in einen Garten führte, auf dem sich im Zickzack gepflasterte Wege kreuzten. Der Garten bestand aus einer willkürliche Ansammlung von Bäumen, Büschen, Blumen und Grasflächen. Mattie ging zu einem Platz im Schatten und setzte sich auf eine Eisenbank. Sie spürte die Ausbuchtung der Dose in ihrer Tasche, war jedoch noch nicht bereit, sie zu öffnen.
    »Denkst du, sie verabschiedet sich von mir?«, fragte sie und sah nach oben.
    Ian schüttelte den Kopf. »Nein, Ru. Deine Mutter würde sich niemals von dir verabschieden. Davor musst du keine Angst haben.«
    Sie wünschte, ihr Herz würde nicht so schnell schlagen. »Papa?«
    »Was, Schatz?«
    »Die Leute da drin … würden die sagen, dass sie im Himmel ist oder wiedergeboren oder etwas anderes?«
    »Ich weiß es nicht. Aber wir können sie fragen.«
    »Was glaubst du?«
    Er griff nach ihrem Bild, rollte es auf und betrachtete, was sie mit Hilfe ihrer Stifte geschaffen hatte. »Ich glaube, Ru, dass sie in dir ist, dass du auf gewisse Weise ihre Wiedergeburt bist. Sie hat dir geholfen zu malen, und du

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