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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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»Wenn wir es zusammen machen, werden wir dann beide Glück haben?«
    »Ja, ich denke schon. Ein Vogel, er hat zwei Flügel. Also zwei Leute können freilassen ihn.«
    »Wird er hoch fliegen? Zu jemandem da oben?«
    Der Mann blickte nach oben und blinzelte gegen die Sonne. Dann fiel sein Blick wieder auf Mattie, und er schien sie nachdenklich zu betrachten. »Vor sieben Jahren mein Vater, er stirbt. So ich gehe zum Fluss und lasse frei meine Lieblingstaube. Ich gebe sie meinem Vater. Und diese Taube, sie fliegt so hoch, als wenn sie treffen will meinen Vater. Das mich macht glücklich. Und dieser Vogel hier, er sehr stark. Ich glaube, er dasselbe tun kann für euch.«
    Mattie lächelte schwach und betrachtete die Taube, dachte an die Nachricht ihrer Mutter. »Lass uns den Käfig hochhalten, Papa. Dann können wir ihr helfen, höher zu fliegen.«
    »Sicher, Schatz. Das ist eine tolle Idee. Ein echter Geniestreich.«
    Der Mann reichte Mattie den Käfig, den sie anhob, bis er auf ihrer Augenhöhe war. Die Taube gurrte weiter.
    »Kannst du die Tür aufmachen?«, bat Mattie.
    Ian legte seine Finger an die dünnen Bambusstäbe. »Sehr gerne.«
    »Auf Wiedersehen, kleiner Vogel«, sagte Mattie. »Flieg hoch. Sag Hallo zu dem Vater dieses Mannes und … und zu meiner Mami.«
    Die Käfigtür schwang auf. Ein paar Sekunden lang regte die Taube sich nicht. Aber dann schien sie die lockende Freiheit zu spüren und sprang nach vorn, breitete die Flügel aus. Eine Feder fiel zu Boden, während die Taube losflog, sich hoch über die Straße erhob, ein weißer Fleck am blauen Himmel. Mattie griff nach der Hand ihres Vaters, während sie immer weiter nach oben stieg. Er drückte ihre Finger, während sie noch höher flog und sich nach Süden wandte, als wüsste sie den Weg nach Hause.
    Die Taube verschwand.
    Während ihr Vater sich bei dem Mann bedankte, beugte Mattie sich nach unten und hob die Feder auf. Sie öffnete ihren Skizzenblock und legte die Feder vorsichtig zwischen zwei Seiten. Ich werde dich immer behalten, dachte sie, schloss ihren Block und ergriff erneut die Hand ihres Vaters.
***
    Zwei Tage später warteten Ian und Mattie vor dem Flughafen von Ho-Chi-Minh-Stadt auf Georgia und Holly. Obwohl der Flughafen fast brandneu war und in jede größere Stadt gepasst hätte, wurden alle Nichtpassagiere von einem Maschendrahtzaun am Betreten des Gebäudes gehindert. Hunderte von Einheimischen waren hinter diesem Zaun versammelt und warteten auf die Ankunft ihrer Angehörigen, Freunde oder Geschäftspartner. Die Leute verhielten sich gesittet, versuchten jedoch, dem Zaun so nahe wie möglich zu kommen, und rückten auf, wenn sich Lücken öffneten. Zum Glück war Ian größer als die meisten und konnte mit Mattie auf seiner Schulter hinten stehen und immer noch die Passagiere sehen, die das Gebäude verließen.
    Während Ian wartete, fragte er sich, ob es eine verrückte Idee gewesen war, Georgia noch einmal zu treffen. Ein Teil von ihm wollte sie wiedersehen, aber er hatte auch Angst, dass das bevorstehende Treffen Mattie noch mehr verwirren könnte. Sie wollten sechs Tage lang zusammen durchs Land fahren, und dann würde Mattie gezwungen sein, sich wieder zu verabschieden. Dieses Mal würde es kein Wiedersehen kurz danach geben. Er und Mattie würden in ein neues Land reisen, um Kates Bitte zu erfüllen. Und dann würden sie nach Amerika zurückkehren. Das Band, das zwischen Mattie und ihrer neuen Freundin entstanden war, wurde dann wieder zerrissen. Alle Fortschritte, die sie gemacht hatte, würden zunichtegemacht werden. Mattie wollte Geschwister, aber Holly war keine Schwester und würde es niemals sein.
    »Papa?«, fragte sie und beugte sich auf seiner Schulter nach vorn.
    »Ja, Ru?«
    »Ist es … okay, aufgeregt zu sein?«
    »Weil Holly gleich kommt?«
    »Ja.«
    Er blickte zu ihr auf. »Natürlich, Schatz. Wie meinst du das?«
    »Ich meine, dass ich Mamis letzten Brief gelesen habe. Und das hat mich traurig gemacht. Aber jetzt bin ich aufgeregt.«
    »Ich bin froh, dass du aufgeregt bist«, erwiderte er und drückte ihr Bein. »Das ist gut.«
    »Warum?«
    »Weil ich denke, dass Vorfreude eines der schönsten Gefühle auf der Welt ist. Direkt neben Glück und Liebe. Und wenn einem so fest in die Zähne getreten wurde wie uns, na ja, dann verdienen wir es, ein bisschen aufgeregt zu sein.«
    »Bist du auch aufgeregt?«
    Er lächelte. »Das bin ich, meine kleine Fragenstellerin. Wir werden eine verdammt schöne Zeit

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