Ich bin an deiner Seite
möchte, dass ihr ein Land erlebt, wo wir niemals gewesen sind, wo Du und Mattie euch eigene Erinnerungen schaffen könnt, an die ihr beide gerne zurückdenkt. Ich möchte, dass eure Reise damit endet, bevor ihr nach Amerika zurückkehrt. Fahrt an einen schönen Ort, und entdeckt die Wunder dort zusammen.
Das ist eine meiner letzten Nachrichten an Dich. Es wird noch eine geben, die Dich an einem Punkt in der Zukunft erreicht. Aber jetzt lege ich meinen Stift nieder. Ich bin so müde. Ich werde bald diesen Körper verlassen, der mir so gute Dienste geleistet hat. Genau wie ich Mattie schon sagte, beginne ich jetzt meine eigene Reise. Und obwohl diese Reise mich vielleicht von euch wegführt, werde ich Dich und Mattie wiedersehen. Liebe macht so etwas möglich. Sie baut Brücken. Und ich werde diesen Brücken folgen und euch finden. Ich folge ihnen zu euch, und ich werde alle Entscheidungen gutheißen, die ihr trefft, werde mich freuen über das Ziel, an dem ihr ankommt.
Ich lege meinen Stift jetzt nieder, mein Liebster. Ich ruhe mich jetzt aus. Aber ich hinterlasse Dir noch ein letztes Gedicht. Zumindest für jetzt.
Zwei werden eins
Er kommt
durch den Raum.
Seine Stimme so fremd.
Seine Hand ausgestreckt.
Kann die Liebe auf den ersten Blick leben?
Ich kenne nur eine Art von Liebe.
Eine Liebe, die er in mir gepflegt hat,
der er Licht und Wasser gab,
die niemals selbstverständlich war.
Eine Liebe, die gewachsen ist,
langsam zuerst,
wie die Wärme am Morgen.
Er hat mich nicht mit seinen Augen oder seinem Lächeln
oder seine Stärke erobert,
sondern mit jener Wärme,
die immer höher steigt,
so als habe die Sonne ihr Flügel geschenkt.
Meine Heimat ist bei ihm,
seine Geheimnisse sind meine.
Wir reisten zusammen,
zwei wurden eins.
Berge hinauf und hinunter,
aus Steinen und Gedanken.
Wir haben ein Leben zusammen erschaffen,
ihre Triumpfe und Freuden geteilt,
Schönheit durch ihre Augen erkannt,
die sahen, was Engel sehen –
Wunder, die zu oft unbemerkt bleiben,
blühendes Unkraut in einem Rosenbeet.
Die Jahre vergingen,
zu kurz und zu schnell.
Wir stritten uns.
Bezahlten Rechnungen.
Und verfielen in ein monotones Muster.
Aber unsere Kerne blieben verschmolzen,
miteinander verbunden.
Liebe kann beschädigt, verschwendet, zerrissen werden.
Aber unsere blieb heil –
eine noch nicht gesunkene Sonne,
ein noch nicht gelesenes Gedicht.
Selbst jetzt,
wo meine Augenlider, mein Leben, schwer werden,
fühle ich mich eins mit Dir –
dem Vater unseres Kindes,
dem Stoff, aus dem ich gewebt bin.
Du hast mir so viel geschenkt,
und dafür bin ich dankbar.
Mein Schicksal ist nicht länger bitter.
Es ist nur das – mein Schicksal.
Trauere nicht mehr um mich, Ian.
Zieh weiter.
Nach vorn.
An neue Orte.
Und wenn Du Schritte hörst
oder Schatten siehst,
dann sagen sie Dir, dass ich noch immer bei Dir bin.
In diesem Leben und in allen Leben danach.
Ich bin Dein, wie ich es immer war,
wie ich es immer sein werde.
Ich liebe dich,
Kate
Ian rollte die Nachricht vorsichtig wieder auf und wischte sich die Tränen vom Gesicht. Er wollte nicht daran denken, dass es für mehrere Jahre die letzten Worte waren, die er von Kate lesen würde. Er sehnte sich danach zu glauben, dass er ihre Schritte hören und ihren Schatten sehen würde, aber sein Glaube an diese Dinge war durch ihren Tod schwächer geworden, nicht stärker.
Er stand auf und streckte Mattie die Hand hin. Sie ergriff sie, und er führte sie aus dem Garten, aus dem Tempel, wo alle Religionen gleich behandelt wurden. In der Ferne sah er ihren Fahrer an seinem verbeulten Jeep lehnen. Ian ging auf ihn zu, bemerkte jedoch den Mann an der Ecke, der die eingesperrte Taube in der Hand hielt.
»Möchtest du sie freilassen, Schatz?«, fragte Ian.
Mattie nickte. »Mami würde das gefallen.«
»Dann machen wir sie glücklich.«
Sie traten zu dem Mann, und Ian gab ihm fünf Dollar. Der Einheimische lächelte und entblößte mehrere Zahnlücken. »Wenn du lässt Vogel frei«, sagte er, »du der Welt zeigst Güte. Und dann Glück, es kommt zu dir; es dich lässt länger leben; es dich macht glücklicher.«
Die Taube gurrte, schüttelte ihre Federn, als wüsste sie, dass sie gleich losfliegen durfte.
Ian wandte sich an Mattie. »Möchtest du sie freilassen, Ru?«
Sie betrachtete den Vogel und wollte das Glück mit ihrem Vater teilen, wollte, dass die Welt erfuhr, wie gütig er war. »Können wir es zusammen machen?«, fragte sie den Mann.
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