Ich bin an deiner Seite
und ungemütlich. Ian schob die beiden Betten zusammen, verband ihre Schlafsäcke miteinander und legte Mattie darauf. Leslie, Blake und Tiffany halfen, so gut sie konnten. Leslie säuberte vorsichtig Matties Wunde, legte einen neuen Verband an und gab ihr eine halbe Aspirin. Blake spielte auf der Gitarre die Lieder, die Mattie sich wünschte.
Da es bereits nach Mittag war, wusste Ian, dass die Frauen weitergehen mussten, wenn sie ihre Wanderung rechtzeitig beenden wollten. Er wollte nicht, dass sie gingen, denn er war sicher, dass der Abschied Mattie traurig machen würde, aber er konnte sie nicht bitten, noch zu bleiben.
»Ihr solltet euch wieder auf den Weg machen«, sagte er und erhob sich von seinem Platz an Matties Seite. »Wenn ihr es noch bis ins nächste Dorf schaffen wollt, bevor es dunkel wird, dann müsst ihr jetzt los.«
Tiffany blickte Mattie an. »Bist du sicher, dass es in Ordnung ist? Ich fühle mich schlecht dabei, einfach weiterzugehen.«
»Keine Sorge«, erwiderte Ian, den Geschmack von Säureblockern im Mund. »Ihr wart alle ganz toll. Wirklich großartig. Wir kommen zurecht. Stimmt’s, Ru?«
»Stimmt.«
Leslie beugte sich zu Mattie hinunter. »Hilft die Aspirin?«
»Ein bisschen. Danke.«
»Ich hasse es, weiterzugehen«, sagte Leslie und richtete Matties Kopfkissen, »aber wenn wir nicht aufbrechen, dann können wir unsere Wanderung nicht rechtzeitig beenden. Und, du weißt schon, wir müssen zurück zu unseren Jobs.«
Ian legte seine Hand auf Leslies Schulter. »Macht euch unseretwegen keine Sorgen. Wir hatten Glück, euch überhaupt zu treffen.«
Leslie holte eine Digitalkamera aus ihrem Rucksack und gab sie Ian. »Kannst du ein Bild von Mattie und uns machen? Ich schicke es euch dann per Mail.«
»Wunderbar«, erwiderte Ian und stellte die Kamera erst ein, als die Frauen sich um seine Tochter gruppiert hatten. Er machte mehrere Fotos und war sich bewusst, dass Mattie zu lächeln versuchte und dass ihr Lächeln aufgesetzt war. Sie sah so klein aus im Vergleich zu den Mitarbeiterinnen des Friedenscorps. Sie sollte nicht mit ihnen zusammen in einem dunklen und trostlosen Zimmer in Nepal sein, sondern bei ihren Freundinnen zuhause. Als Ian die Kamera an Leslie zurückgab und ihr seine E-Mail-Adresse nannte, hatte er wieder ein schlechtes Gewissen, dass er Mattie mit in die Berge genommen hatte, auch wenn es auf Kates Bitte hin geschehen war.
Die Frauen blieben noch ein paar Minuten, bevor sie sich verabschiedeten, Mattie und Ian umarmten und das Zimmer verließen. Mattie fing an zu weinen. Sie zog sich den Schlafsack bis zum Kinn und drehte ihrem Vater den Rücken zu. Es hatte ihr gefallen, mit den Frauen zu wandern, und sie wollte nicht, dass sie gingen.
Matties Unglück ließ Ians Mut sinken. Plötzlich wollte er nicht in Nepal sein. Er war wütend auf Kate, weil sie sie hergeschickt hatte, weil sie von ihnen verlangte, das Unmögliche zu versuchen. »Ich glaube, wir sollten einfach nach Hause fahren«, sagte er leise und setzte sich aufs Bett, um sich die Stiefel auszuziehen. »Diese Reise ist zu verdammt schwer. Für dich. Für mich.«
»Was?«
»Was, wenn du dich heute ernsthaft verletzt hättest? Wenn du dir den Knöchel gebrochen oder von dem Dach dieses Busses heruntergefallen wärst? Du solltest nicht hier sein. Du bist zu jung. Du verpasst die Schule.«
»Aber ich habe gelesen. Ich habe gelernt. Genauso, wie ich es versprochen hatte.«
Er schüttelte den Kopf. »Das hier ist nicht richtig, Ru. Du bist zu klein, um hier zu sein.«
»Diese Japanerin war klein. Und sie ist auf den Everest gestiegen.«
»Sie war sehr viel älter als du.«
Mattie wich seiner Hand aus, als er sie nach ihr ausstreckte. »Aber Mami wollte, dass ich herkomme.«
»Mami war krank. Sehr krank. Sie konnte nicht mehr klar denken.«
»Doch, das konnte sie.«
»Nein, konnte sie nicht.«
Mattie begann heftiger zu weinen und schob seine Hand weg. »Ich habe keine Angst.«
»Ich weiß, Schatz. Ich weiß.«
»Und ich bin nicht zu klein. Mami hätte mich nicht gebeten, herzukommen, wenn ich es wäre.«
»Sie wusste nicht …«
»Nein!«
»Ganz ruhig, Mattie.«
»Das darfst du nicht entscheiden!«
»Was?«
»Du hast alles für Mami entschieden, am Ende. Und das hat nicht funktioniert. Also darfst du das hier nicht entscheiden.«
Ian beugte sich näher zu ihr. »Ich habe alles versucht. Genauso, wie ich jetzt alles versuche.«
»Du hast zugelassen, dass die Ärzte diese Schläuche in sie
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