Ich bin an deiner Seite
unten einfach so rumgehangen. Wie ein paar Kumpel in der Kneipe.«
»Hast du den Großen gesehen? Mit der Narbe auf der Flosse?«
»Ihn gesehen? Ich dachte, er wollte mich küssen.«
Mattie sah ins Wasser, konnte die Haie aber nicht mehr entdecken. »Danke, Papa. Danke, dass du mir gezeigt hast, was du mit Mami gesehen hast.«
»Gern geschehen, Ru. Es war mir ein Vergnügen.«
Sie rieb sich die Augen, die immer noch vom Salzwasser im Meer und von ihren Tränen brannten. »Können wir an den Strand da fahren? Den schönen, wo niemand ist? Ich möchte etwas für Mami malen.«
Er drückte ihr ihre Sonnenbrille in die Hand. »Setz die auf, Schatz. Das hilft.«
»Aber, Papa, können wir zu dem Strand fahren?«
Er sah genauer hin, wollte herausfinden, wie es ihr ging. »Hier«, sagte er und klopfte auf die Planke neben ihm, »setz dich zu deinem Captain.«
»Aye, aye.«
Ian legte den Arm um sie und wandte sich an Alak. »Als ich mit meiner besseren Hälfte hier war, vor Jahren, gab es einen Strand auf einer anderen Insel. Er war wunderschön, mit Klippen auf jeder Seite.«
»Ich kennen diesen Strand.«
»Kannst du uns dorthin bringen?«
Alak lächelte, nickte und ging zurück zum Motor.
Ian hielt Mattie weiter fest, während das Langboot schneller wurde. Obwohl es ein warmer Tag war, sorgte der Wind dafür, dass sie eine Gänsehaut bekam, und er wickelte ein Handtuch um sie. »Denkst du an deine Mutter?«, fragte er, weil er merkte, wie ausdruckslos ihr Blick war.
»Ja.«
»Du weißt ja, es ist in Ordnung, Ru, traurig zu sein. Auch wenn wir an einem so schönen Ort sind. Obwohl wir Spaß mit den Haien hatten. Manchmal passiert mir das auch.«
»Wirklich?«
»Öfter, als ich es will.«
»Werde ich jemals wieder glücklich sein, Papa? So wie früher?«
Er schlang die Arme um sie, hob sie hoch und setzte sie auf seinen Schoß. Sie war jetzt fast zu groß, um sie noch so zu halten, aber er lehnte sich auf seinem Sitz zurück gegen die Seitenwand des Bootes und zog sie eng an sich. »Du wirst glücklich sein, Ru. So verdammt glücklich. Wie ein Kätzchen, das eine Grille jagt.«
Sie schüttelte den Kopf und dachte daran, dass sie früher nie geweint hatte, damals, als ihre Mutter noch lebte. »Ich glaube dir nicht.«
»Das Leben ist hart, Schatz, voller Höhen und Tiefen. Im Moment sind wir in einem Tief, aber wir kommen wieder nach oben. Weißt du noch, was Akiko über die Jahreszeiten gesagt hat? Dass wir im Winter unseres Lebens sind? Ich schätze, sie hat recht. Und eines Tages, bald, wird der Schnee schmelzen.«
»Ich … ich möchte, dass es wieder so ist wie früher.«
Er küsste ihren Kopf und wischte ihr eine Träne von der Wange. »Ich weiß, dass du das willst. Mir geht es genauso.«
»Ich versuche, glücklich zu sein. Das tue ich wirklich. Aber ich bin es nicht.«
»Aber, Schatz, das ist doch kein Wettrennen, wer am schnellsten glücklich ist. Das kann man nicht erzwingen.«
»Es ist nicht fair.«
»Ich weiß«, erwiderte er, und ihre Tränen ließen seinen Magen schmerzen. »Du hast eine Wunde, Ru. Und die wird niemals ganz verheilen. Niemals. Aber irgendwann hast du deine eigene Familie, deine eigenen Liebsten. Und die … die Trauer von heute wird dafür sorgen, dass du die Liebe von morgen noch mehr zu schätzen weißt.« Er küsste sie noch einmal auf den Kopf, während die Wellen gegen den Bug prallten.
»Ich habe dich heute Morgen weinen hören«, sagte sie und legte ihre Finger auf seine ruhelosen Daumen.
»Oh. Tut mir leid.«
»Ist schon gut.«
Er schloss die Augen und wünschte, er könnte stärker sein, weil er wusste, dass sein Schmerz ihr nicht half. »Zwei Dinge lassen mich durchhalten, Schatz.«
»Was?«
»Nun, du, natürlich. Meine Liebe zu dir … sie füllt so viele Löcher in mir. Und jeden Tag füllt sie mehr.«
Sie nickte und legte ihren Kopf an seine Schulter. »Was noch?«
»Leuten zu helfen. Deine Mutter … sie hat es mir ermöglicht, hart zu arbeiten. Sie hat sich so toll um dich gekümmert. Ich musste mir niemals Sorgen um euch beide machen. Und deshalb habe ich einen ganzen Haufen Geld verdient. Ich bin zwar nicht stolz darauf, und ich würde es anders machen, wenn ich in der Zeit zurückspringen könnte. Aber zumindest wird dieses Geld dafür sorgen, dass ich … dass wir Leuten helfen können. Und das hilft mir, weil etwas Gutes daraus entstanden ist, dass ich so oft weg war. Weg von dir und deiner Mutter.«
»Was meinst du?«
»Ich meine, ich
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