Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
Vom Netzwerk:
schneller voran. Sie liefen am Rand des Bürgersteigs, in der Nähe der Straße, wo sie auf weniger Hindernisse zu stoßen hofften. Diese Strategie war jedoch alles andere als originell, und zahllose Einheimische waren Teil des gleichen Flusses aus Menschen, die von der Arbeit nach Hause eilten. Selbst am frühen Abend war die Hitze noch drückend, und viele der Männer hatten ihre Hemden bis zum Brustbein aufgeknöpft. Ihre Hemden mochten zu irgendeinem Zeitpunkt mal weiß gewesen sein, waren jetzt jedoch von Schweiß und Luftverschmutzung vergilbt. Die lebendigen Farben, die die Frauen trugen, widerstanden den Elementen besser, aber Mütter und Großmütter schwitzten dennoch und wischten sich die Gesichter ab, und auch sie wandten sich ab, wenn vorbeifahrende Busse ihren Dieselqualm ausstießen.
    Es fiel Ian schwer, durch die Menschenmengen auf dem Bürgersteig zu navigieren. Er war größer als die meisten Einheimischen, aber dass er in der Lage war, mehr zu sehen, machte es nicht leichter für ihn, ihr Hotel zu finden. Nur in Tokio hatte er jemals eine solche beklemmende Menschenansammlung gesehen. Und die Menschenmassen in Japan mochten beängstigend sein, aber zumindest folgten sie geordneten, lange eingeübten Bewegungsmustern. Japaner liefen gleichzeitig und blieben gleichzeitig stehen. Sie warteten in der Schlange. In Indien schien kein solches Konzept zu existieren. Geschäftsleute, Frauen in Saris, Bettler, Schulkinder, Mönche und Verkäufer rannten hin und her, standen sich oft im Weg. Das Hupen und die Abgase des nahen Verkehrs machten es nicht besser.
    »Sollen wir nicht doch ein Taxi nehmen?«, erkundigte sich Ian bei Mattie, die sich an seinem Gürtel festhielt und neben ihm ging.
    Mattie versuchte, sich umzublicken, doch sie konnte kaum die Straße erkennen. »Wir würden nur im Stau stehen. Und ich habe so einen Durst. Können wir nicht irgendwo etwas zu trinken bekommen?«
    »Zumindest könnten wir uns im Taxi ausruhen. Und im Hotel trinken wir dann was.«
    »Lass uns einfach irgendwo Wasser besorgen. Ich brauche wirklich, wirklich dringend Wasser.«
    Ian nickte und griff in seine Tasche, um seinen Reiseführer herauszuholen. Er blätterte zu einer Karte von Agra und versuchte, sich zu orientieren. Sie befanden sich in der Nähe ihres Hotels, da war er sich sicher. Aber trotz der Tausenden von Bannern, Schildern und Postern, die auf die nahe gelegenen Geschäfte aufmerksam machten, konnte er keine Straßenschilder entdecken. Ian erinnerte sich daran, dass die Russen im Zweiten Weltkrieg ihre Straßenschilder entfernt hatten, um die einmarschierende deutsche Armee zu verwirren. Er fragte sich, ob die Leute in Agra vielleicht die gleiche Absicht hatten, was Ausländer anging.
    Ein großer Mann mit einem dicken Bart stieß mit Ian zusammen und schlug ihm beinahe den Reiseführer aus der Hand. Ian murmelte etwas vor sich hin und blickte erneut auf die Karte, während er versuchte, dem Ansturm der Leute zu widerstehen. Er ging noch zwanzig Schritte weiter, bevor er das Buch wegsteckte. »Ich schätze, wir sind fast zu Hause, Ru«, erklärte er und wandte sich zu ihr um.
    Nur, dass sie nicht mehr da war.
    »Mattie?«, rief er und drehte sich einmal um sich selbst. Sein Herz explodierte wie ein Feuerwerk. In alle Richtungen liefen Inder an ihm vorbei. Ian sprang hoch und blickte dorthin, wo sie hergekommen waren. »Mattie!« Nur Hupen und die verwirrten Blicke von Passanten antworteten ihm, und er lief zu einem Haufen zerbrochener Steinplatten, stieg hinauf und hielt sich an einer Straßenlaterne fest. »Mattie!«, schrie er und drehte sich auf dem Zement, blickte in alle Richtungen. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »O Gott. Bitte, tu mir das nicht an.«
    Er schrie wieder und wieder ihren Namen und suchte nach ihrem hellen Haar in dem Meer aus Einheimischen. Fluchend kletterte er von dem Steinhaufen wieder herunter und ging den Weg zurück, den sie gekommen waren. Alle Passanten, mit denen er zusammenstieß, fragte er, ob sie ein amerikanisches Mädchen gesehen hatten. Sobald die Leute mit den Achseln zuckten oder sich umsahen, ging er weiter, er rannte jetzt, sprang über Hindernisse. Er stieg in einen Bus, der auf der Straße stand, kletterte die Leiter am Heck hinauf aufs Dach und sah erneut in alle Richtungen. »Mattie! Mattie, ich bin hier oben! Sieh nach oben!«
    Ein Mercedes in der Nähe hupte, und der Bus fuhr weiter. Ian ließ sich die Leiter hinuntergleiten und sprang auf die Straße.

Weitere Kostenlose Bücher