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Ich bin da noch mal hin

Ich bin da noch mal hin

Titel: Ich bin da noch mal hin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Butterfield
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Juli 2010
    Mansilla de las Mulas - León | 14 Kilometer
    Samstag, 3. Juli 2010
    León
    Donnerstag, 8. Juli 2010
    Ausblick auf Ruitelán
    Sonntag, 4. Juli 2010
    León - Hospital de Órbigo | 36,4 Kilometer
    Montag, 5. Juli 2010
    Hospital de Órbigo - Rabanal del Camino | 36,4 Kilometer
    Dienstag, 6. Juli 2010
    Rabanal del Camino - Molinaseca | 25 Kilometer
    Mittwoch, 7. Juli 2010
    Molinaseca - Villafranca del Bierzo | 30,7 Kilometer
    Donnerstag, 8. Juli 2010
    Villafranca del Bierzo - Ruitelán | 20,1 Kilometer

Dienstag; 29. Juni 2010
    Ich wandere 7,5 Kilometer von San Nicolás del Real Camino nach Sahagún
    »Ich kenne dich«, sagt jemand hinter mir.
    »Wie? Wirklich …?«, stammle ich und umklammere die schwere Tür, als wollte ich sie aushängen.
    »Ich habe dich in dem Buch gesehen. Das bist doch du«, verkündet die deutsche Frau.
    »Äh, ja, das bin ich«, gestehe ich. Ja, ich bin tatsächlich ich.
    Ich öffne die Tür gerade weit genug, um in die Kirche schlüpfen zu können, und flitze durch das Seitenschiff zu den Bänken am anderen Ende. Die Nonnen des Benediktinerklosters Santa Cruz singen bereits das Abendgebet. Wir sind zehn Minuten zu spät dran. Womit sich die deutsche Pilgerin herausreden kann, weiß ich nicht, ich jedenfalls bin durch die Verlängerung und das Elfmeterschießen im Spiel Japan gegen Paraguay aufgehalten worden. Eine der Nonnen scheint das zu ahnen und blitzt mich missbilligend an, als ich mich in eine leere Reihe schiebe. Nur dass sie es weiß, in der Bar La Ruta halten sich momentan mehr Leute auf als hier. Neun Nonnen trällern sich durch das abendliche Ritual, ein Dutzend Pilger sieht zu. Unter dem kritischen Blick der Obernonne fühle ich mich in meinen Shorts sehr exponiert. Anständig angezogen, also mit der langen Hose, wäre mir wohler, aber die hängt tropfnass über einer Stuhllehne im Hostal Alfonso VI in einer ruhigen Straße von Sahagún.
    Endlich versiegt der zittrige Gesang, und die Pilger werden eingeladen, sich beim Chorgestühl zu versammeln. Eine junge Nonne fragt uns nacheinander, woher wir kommen, und betet zu Jesus, uns nach Santiago zu geleiten und uns zu helfen zu finden, was wir suchen. Ich erkenne sie nicht wieder. Der fromme Ernst ist aus ihrem Gesicht gewichen, sie strahlt auf einmal vor Freude. Ein Blick in die Runde zeigt mir, dass auch die vorher düsteren Mienen ihrer Schwestern in Christi einem freundlichen Lächeln gewichen sind. Hat das Abendgebet tatsächlich die Kraft, eine solch wundersame Wandlung zu bewirken? Eine nach der anderen ziehen sie an uns vorbei undflüstern »¡Buen Camino!«, ehe sie durch eine Tür in die Ungestörtheit ihres Klosters verschwinden. Ich sehe ihnen nach und empfinde – nicht zum ersten Mal – einen gewissen Neid auf diese Sicherheit im Glauben und ihre spirituelle Gemeinschaft.
    Es ist eine halbe Ewigkeit her, da sah ich in Leeds im Odeon-Kino, wie Moses alias Charlton Heston die Zehn Gebote vom Berg Sinai herabtrug, und war so verzückt, dass ich beschloss, Jüdin zu werden. Meine Eltern schenkten mir zu Weihnachten sogar ein Buch, in dem jemand aufgeschrieben hatte, wie man Jude wird. Sie machten sich wohl keine Gedanken darüber, wie schwierig es gewesen wäre, eine Jugendliche im Haushalt zu haben, die auf koscherem Essen besteht. Aber nicht das war es, was mich vom Judentum wieder abbrachte, sondern die Tatsache, dass der jüdische Sabbat auf den Samstag fällt. Nicht, dass mir Samstage nicht heilig gewesen wären. Das waren sie durchaus, aber nicht im Sinne der Tora. Unmöglich hätte ich jeden Samstag daheim sitzen und die Schöpfungsgeschichte lesen können, anstatt vormittags Hockey zu spielen und nachmittags bei den Heimspielen Leeds United anzufeuern. Darum also bin ich keine Jüdin.
    Meine spirituelle Sehnsucht verschwand jedoch nicht, sondern nahm sogar noch bizarrere Formen an. In meinem zweiten Jahr an der Universität Liverpool fingen mich zwei mormonische Missionare, die an die Tür meiner Studentenbude klopften, mit ihren ungewöhnlichen Geschichten ein. Ich erfuhr, wie Joseph Smith 1827 von dem Engel Moroni offenbart wurde, dass in einem Hügel im Staat New York Goldtafeln vergraben waren. Der seltsame Text darauf berichtet unter anderem, Jesus sei kurz nach seiner Auferstehung den Indianern Südamerikas, den verlorenen Stämmen Israels, erschienen. Derart instruiert von den ernsten Missionaren, betete ich im Freien um den Glauben an Joseph Smith als Gottes Prophet und das Mormonentum als Seine

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